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Vorerst gescheitert – Wie Karl-Theodor zu Guttenberg seinen Fall und seine Zukunft sieht

Vorerst gescheitert – Wie Karl-Theodor zu Guttenberg seinen Fall und seine Zukunft sieht

Titel: Vorerst gescheitert – Wie Karl-Theodor zu Guttenberg seinen Fall und seine Zukunft sieht
Autoren: Karl-Theodor zu Giovanni; Guttenberg di Lorenzo
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sind Beweggründe und Zustände, von denen wir in Deutschland eigentlich glaubten, sie überwunden zu haben.
    Sie sehen den Tatbestand der Sippenhaft erfüllt?
    Ja. Das waren Erlebnisse, die über alle Maßen bedrückend waren.
    Und die Morddrohungen, wie gingen die ein?
    Teilweise brieflich oder per E-Mail . Und natürlich ist es dann auch mal meine Ehefrau, die so etwas aufmacht.
    |199| Haben Sie deswegen Personenschutz bekommen?
    Ja, das hat wohl dazu beigetragen, dass wir auch nach dem Rücktritt noch unter Personenschutz standen und in Deutschland bis heute stehen. Das hätte ich mir anders gewünscht, weil ich es nicht als Privileg erachte, sondern als Belastung, so nett die einzelnen Personenschützer auch sind.
    Wenn Sie auf Ihr eigenes politisches Schicksal schauen, würden Sie sagen, Sie sind ungerecht bedacht worden?
    Mittlerweile würde ich sagen, ich bin um eine unfassbar fordernde Lebenserfahrung reicher geworden. Tatsächlich fühle ich mich für meine künftigen Aufgaben auch besser gewappnet.
    Wie würden Sie die denn nennen, diese Lebenserfahrung? Scheitern?
    Ja, natürlich ist das ein Scheitern. Aber eben auch ein Umgang mit Scheitern. Denn in jedem Scheitern liegt ein Neuanfang. Ich bin für vieles, was ich jetzt in diesen Monaten erfahren durfte, dankbar. Es gab auch enorme Härten, die sicher auch lange nachwirken werden. Es wäre ja unmenschlich, wenn das nicht so wäre. Aber rückblickend habe ich Extreme erlebt, die mich stärken werden. Und ich habe nun wirklich sehr unterschiedliche Extreme erfahren.
    Auf der einen Seite große Zustimmung, sogar Bewunderung   …
    Ja, die mich eher besorgt, vielleicht sogar verängstigt hat, weil ich ja wusste, dass es auf der anderen Seite die Gegenkraft gibt – und die Gefahr des Absturzes.
    |200| Was überwiegt denn – die Freude darüber, dass man gemocht wird, oder die Angst davor, dass man wieder abstürzen könnte?
    Die Sorge hat überwogen. Sorge davor, über die eigenen Fähigkeiten hinaus zur Projektionsfläche zu werden. Ich wurde teilweise als jemand gesehen, der die unterschiedlichsten Problemlagen im Zweifel mit einem Handstreich lösen kann.
    Ihrem Parteifreund Michael Glos wird folgendes Zitat zugeschrieben: »Wenn Guttenberg heute sagen würde, der Himmel ist nicht blau, sondern gelb, dann würde die Mehrheit der Deutschen zum Himmel hoch schauen und sagen: Recht hat er.«
    Dummerweise hat sich der Himmel dann als grün herausgestellt   … Nein, diese Projektionsfläche war sicher zu groß im Vergleich zur Realität. Manchmal ist man aber auch überrascht, dass man im beruflichen Leben so über sich hinauswächst. Hätte mir vor fünf Jahren jemand gesagt, Du schiebst so eine Reform an, dann hätte ich vielleicht gesagt: Das ist unmöglich, träum weiter   …
    Hebt man nicht zwangsläufig ein Stück weit ab, wenn man so einen Hype erfährt?
    Ja, aber durch die Sorge, die Ihnen genau das bereitet, bleiben Sie auch mit der Erde verbunden. Ich hatte immer das Gefühl, fest verankert, geerdet zu sein. Vielleicht kann man das mit einem Bild ausdrücken: Es fühlte sich so an, als ob ein Seil um meinen Fuß geschlungen war, das mich immer wieder zurückzog, wenn ich abzuheben drohte. Ich hatte wunderbare »Seilschaften« um mich herum, besonders in Oberfranken. Und wenn Sie in Oberfranken auch nur ansatzweise abheben, werden Sie mit einer solchen Wucht auf den Erdboden zurückgezogen, dass Sie’s gar nicht glauben.
    |201| Das ist in Berlin anders.
    Ja, das ist in Berlin ein bisschen anders. Deshalb war meine geliebte Heimat da unten immer mein Regulativ.
    Wann hatten Sie nach Ihrem Rücktritt zum ersten Mal das Gefühl, wieder Oberwasser zu haben?
    Schwer zu sagen, das sind ja eher Wellen, denen man standhalten muss. Mir ging’s zum Beispiel relativ gut beim Abschied, dem Großen Zapfenstreich.
    Mit dem Stück von Deep Purple, das Sie sich gewünscht hatten.
    Das werde ich nie vergessen, wie diese Gruppe von Protestlern um das Areal am Bendler-Block stand und »Raus aus Afghanistan!« gerufen hat und diese Anti-Bundeswehr-Sprüche. Als die Kapelle dann »Smoke on the Water« gespielt hat, brachen sie in Jubelschreie aus: »Jawoll! Genau! Super!« Danach war Ruhe. Die wussten nicht, dass ich mir den Song gewünscht hatte. Die waren dann selig da draußen, haben laut applaudiert und sind abgezogen.
    Warum haben Sie sich ausgerechnet »Smoke on the Water« gewünscht?
    Aus zwei Gründen: Zum einen wollte ich dem Vorwurf, lediglich für
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