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Vor Jahr und Tag

Titel: Vor Jahr und Tag
Autoren: Linda Howard
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Ordnung?«
    »Ich glaub schon, ja.« Sie berührte Marcs Wange, und er schmiegte sein Gesicht in ihre Handfläche. »Aber er wird ’ne Weile kürzertreten müssen, was ihm sicher nicht gefallen wird.«
    »Sie werden schon mit ihm fertig.« In der Ferne war Sirenengeheul zu hören. »Jess hatte recht«, murmelte er. »Sie sind ’n Naturtalent, Chastain. Falls Sie sich je in Ihrem Job langweilen sollten, rufen Sie m - rufen Sie McPherson an.«
    »Das - werd ich.« Marc gab ihm einen Wink mit der Hand. »Gehen Sie lieber - bevor die - hier auftauchen. Ich
    - kümmere mich - schon um alles.«
    Baseballmütze zog eine Karte aus seiner Tasche. Es war eine einfache weiße Visitenkarte, auf der mit Bleistift eine Nummer gekritzelt worden war. Er reichte sie Karen. »Rufen Sie diese Nummer an, und sagen Sie uns, wie’s ihm geht.«
    »Okay.« Sie steckte die Karte in ihre Jeanstasche.
    Er hob zwei Finger an den Schirm seiner Mütze und ging dann rasch, aber ohne augenscheinliche Eile davon. Seine Schritte waren unhörbar.
    Karen kniete auf der blanken Erde, die Sonne brannte auf sie herunter, und sie hielt Marc ganz fest. Er umfing mit seinen langen Fingern ihr Handgelenk, und gemeinsam warteten sie auf das Eintreffen von Polizei und Notarzt.
    Zehn Stunden später schlüpfte Karen aus Marcs verhängtem Notaufnahmeabteil und ging zu einem Münztelefon. Die Operation war gut verlaufen, besser sogar, als sie erwartet oder erhofft hatte. Die Kugel hatte längst nicht so viel Schaden angerichtet, wie es der Fall hätte sein können, da sie, nachdem sie Marcs Lungenflügel durchschlagen hatte, in einer Rippe steckengeblieben war. Er hatte zwei Einheiten Blut gebraucht, doch sein Zustand war nun stabil, ja er war sogar wach und so unzufrieden darüber, ans Bett gefesselt zu sein, wie sie befürchtet hatte.
    Sie holte die weiße Karte aus ihrer Tasche und tippte die Nummer ein, danach die Nummer ihrer Calling Card. Schon nach dem ersten Klingeln wurde abgehoben.
    »Ja?« war alles, was er sagte, doch sie wußte, daß es Baseballmütze war.
    »Die Operation ist gut verlaufen«, berichtete sie. »Sein Zustand ist stabil. Er wird wohl noch einen Tag in der Notaufnahme bleiben, kommt aber in sieben bis zehn Tagen schon wieder raus, wie’s aussieht.«
    »Gut. Danke für den Anruf.«
    Da sie fühlte, daß er einhängen wollte, sagte sie rasch: »Moment!«
    Er schwieg.
    Auf einmal schoß die Wut in ihr hoch. »Wieso haben Sie so lange gebraucht, verflucht noch mal?« Sie spuckte die Worte förmlich aus, so zornig war sie.
    Er seufzte, und in der nun folgenden langen Stille dachte sie schon, er würde ihr nicht mehr antworten. Dann sagte er: »Ich wollte wissen, warum. Ich wußte nichts über das Abschußbuch, also - hab ich zugehört.«
    »Was zum Teufel macht es für einen Unterschied, warum?« fauchte sie zornbebend. Marc hätte sterben können, während dieser Mann zuhörte.
    Wieder folgte eine lange Pause, dann sagte er leise: »Ihr Vater war nicht der einzige, der umgebracht wurde, Miss Whitlaw.«
    Er hängte so sanft auf, daß sie das Klicken in der Leitung kaum hörte, doch dann brummte der Leerton in ihrem Ohr. Langsam hängte sie den Hörer auf die Gabel und machte sich wieder auf den Weg in die Notaufnahme.
    Marc war noch wach, das Gesicht so weiß wie das Kissen, auf dem sein Kopf ruhte. Er lag vollkommen regungslos da, weil er keinen von den Schläuchen erschüttern wollte, die aus allen möglichen Körperöffnungen ragten, besonders nicht jene, für die extra Löcher gemacht worden waren. Aber sein Mund formte sich zu einem Lächeln, als er sie sah, und er streckte vorsichtig die Hand nach ihr aus.
    Sie umfaßte sie mit beiden Händen. »Medina war sein Vater«, platzte sie heraus. »Der von der Baseballmütze, meine ich.«
    Marc dachte kurz darüber nach, doch seine Augenlider wurden allmählich schwer - eine Wirkung des Morphiumtropfs. »Dann bin ich froh, daß beide Schüsse Todesschüsse waren«, sagte er nur.
    Ja. Karen hielt den Atem an. Auch wenn es genau genommen nicht möglich war, jemanden zweimal zu töten, so hatten doch sie und Rick Medinas Sohn ihre Väter gerächt.
    »Ich liebe dich«, murmelte Marc. »Hab ich dir schon gesagt, wie wundervoll du warst, als du gefaucht hast: >Raucht denn heutzutage überhaupt keiner mehr    Er lächelte, trotz allem, was geschehen war. Karen senkte den Kopf und küßte seine Hand. »Werd bloß nicht übermütig«, warnte sie ihn
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