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Vor Jahr und Tag

Titel: Vor Jahr und Tag
Autoren: Linda Howard
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zu haben, wüßte der Mann, daß er ihn zu allem zwingen konnte, wenn er sie bedrohte.
    »Das hab ich befürchtet.« Der Mann seufzte. »Okay, wirf auch die Ersatzwaffe rüber.«
    Ohne ein Wort zu sagen, zog Marc eine kleine Pistole aus einem Halfter an seinem Fußgelenk und warf sie neben die andere.
    »Mist«, sagte der Mann. »Ich hasse es, einen Bullen umzubringen. Macht nur Scherereien.«
    »Dann überlegen Sie sich’s noch mal«, meinte Marc. Er wollte sich aufrichten, doch der Mann schüttelte warnend den Kopf.
    »Bleib, wo du bist. Tut mir leid, Cowboy, Ma’am.« So seltsam es ihnen vorkam, sein Bedauern schien aufrichtig zu sein. Aber es spielte keine Rolle. Er würde sie trotzdem töten. Wie in Zeitlupe sah Karen, wie sich sein Finger langsam um den Abzugshebel krümmte. Die winzige Bewegung kam ihr wie eine Ewigkeit vor. Ohne zu denken, schrie sie: »Nein!« und streckte den Arm aus, als könne sie die Kugel abfangen, bevor sie Marc traf.
    Der Mann zuckte zusammen, fast unmerklich nur, aber es reichte, um seine Aufmerksamkeit ein wenig abzulenken. Marc reagierte blitzschnell. Mit der linken Hand stieß er Karen zu Boden, die rechte schnellte nach unten und dann nach vorn. Etwas Glänzendes schien vorbeizufliegen, dann stieß der Mann einen der schlimmsten Laute aus, die sie je gehört hatte, eine Mischung aus einem Schrei und einem Gurgeln, und fuhr sich mit seiner freien Hand an die Kehle, an das Messer, das darin steckte, das Messer, das Marc zum Öffnen der Schachteln benutzt hatte.
    Er war ein Profi. Er drückte trotzdem ab.
    Ein Laut, fast wie ein Husten, war zu hören. Marc taumelte rückwärts, fing sich wieder und warf sich nach vorn.
    Er traf den Mann an der Brust und stieß ihn zu Boden. Wieder war dieser Huster zu hören, und der Spiegel der Ankleidekommode zersprang in tausend Scherben.
    Karen kam taumelnd auf die Füße und hechtete nach Marcs Pistole. Die beiden Männer wälzten sich auf dem Kies. Marcs linke Hand umklammerte das rechte Handgelenk des Mannes und zwang ihn, die Waffe nach oben zu richten. Mit der rechten Hand riß er das Messer seitwärts.
    Der Mann würgte und rang nach Luft. Blut spritzte in hohem Bogen aus der häßlichen Halswunde. Sein Gesicht nahm eine bläuliche Farbe an. Marc rollte sich auf den Mann und richtete sich dann auf, so daß er rittlings auf ihm saß. Dann schlug er seine Pistolenhand hart auf den Boden, noch einmal, dann ein drittes Mal. Schließlich lockerten sich die dicken Finger und ließen die Pistole fallen. Der Mann hustete rasselnd, und seine Beine zuckten. Verzweifelt umkrallte er seine Kehle.
    Marc sank schwer atmend nach vorn und ließ den Kopf hängen.
    »O Gott«, flüsterte Karen und rutschte, ohne auf ihre aufgescheuerten, geschwollenen Knie zu achten, über den Boden zu ihm hin. Sie vergaß die Pistole in ihrer Hand, legte beide Arme um seinen Oberkörper und zog ihn hoch, damit sie sich seine Wunde ansehen konnte.
    Auf seinem T-Shirt hatte sich bereits ein riesiger roter Fleck ausgebreitet. Es gab keine Austrittswunde auf dem Rücken.
    Für den anderen Mann hatte sie nicht mehr als einen flüchtigen Blick übrig. Er war noch nicht tot, doch das konnte nicht mehr lange dauern. Seine Brust hob sich krampfhaft; vergeblich mühte er sich, Sauerstoff in seine Lungen zu saugen. Sein Gesicht wurde immer dunkler, es war jetzt beinahe lila.
    Marc preßte die Hand fest über seine Wunde. Die Kugel hatte ihn auf der linken Brustseite getroffen, oberhalb des Herzens, aber seine Lunge war durchschlagen worden. Karen hörte das schreckliche Pfeifen, das aus seiner Brust drang, weil Luft aus seiner Lunge entwich. Das Blut, das zwischen seinen Fingern hervorquoll, warf Blasen, und roter Schaum bildete sich vor seinem Mund.
    »Ist schon gut, Liebling. Alles wird wieder gut«, hörte sie sich murmeln, während ihre Gedanken rasten. Plastik. Sie brauchte dünnes Plastik, so was wie Frischhaltefolie, um die Wunde zu versiegeln und zu verhindern, daß die Lunge kollabierte.
    Ein offener Thorax war äußerst kritisch, und sie wagte sich kaum vorzustellen, wie verheerend die herumwirbelnde Kugel in seinem Innern gewütet hatte. Er starb, wenn sie die Wunde nicht rasch versiegelte und ihn in ein Krankenhaus brachte.
    Der Mann, auf dem er saß, verfiel in Krämpfe. Marc biß die Zähne zusammen, als sein Körper durch die Bewegungen erschüttert wurde, dennoch entschlüpfte ihm ein gequältes »Aaahhh«.
    »Bemühen Sie sich nicht«, sagte eine Stimme hinter
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