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Von Ratlosen und Löwenherzen

Von Ratlosen und Löwenherzen

Titel: Von Ratlosen und Löwenherzen
Autoren: Rebecca Gablé
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Süden.
    In einem tristen Kaff namens St. Albans trafen sie am 22. Mai 1455 auf Somersets Truppen, bei denen sich auch der König aufhielt, und es kam zur ersten Schlacht der Rosenkriege. Siewar nicht besonders wild, fand auf dem Marktplatz des verschlafenen Städtchens statt und dauerte nur eine halbe Stunde. Aber als sie vorbei war, war Somerset gefallen, der König leicht verletzt und Richard of York de facto Herrscher über England.
    Neben Kriegsführung fand Marguerite d’Anjou auch noch Zeit, das Queens College in Cambridge zu gründen.
    Nur hatten die Jungs alle die Rechnung ohne die Königin gemacht. Marguerite d’Anjou hatte schon während der wahnsinnigen Auszeit ihres Gemahls versucht, die Regierungsgeschäfte in die Hand zu nehmen, denn seit der Geburt ihres Sohnes nahm die bislang eher passive Königin regen Anteil am politischen Geschehen im Land. York und Somerset hatten das nicht zugelassen, denn auch wenn sie einander verabscheuten, waren sie sich doch in einem Punkt einig: Wenn man die Wahl zwischen einer regierenden Königin und einem Bürgerkrieg hatte, war der Bürgerkrieg allemal vorzuziehen.
    Doch nachdem Somerset tot war, übernahm Marguerite mehr und mehr die Führungsrolle bei den Lancastrianern. Sie hasste den Duke of York mit großer Leidenschaft, denn siefürchtete – völlig zu Recht –, dass er ihren kleinen Sohn aus der Thronfolge drängen wollte. König Henrys rührende, aber nutzlose Friedenbemühungen unterband sie und machte sich daran, das Geburtsrecht des Prince of Wales mit Klauen und Zähnen zu verteidigen.
    Apropos Wales. Sie wissen doch noch, dass König Henrys Mutter Katherine verbotenerweise einen walisischen Ritter geheiratet hatte, der nicht Tudor hieß, aber hartnäckig so genannt wurde? Die beiden hatten drei Söhne bekommen – Halbbrüder des Königs –, und nachdem die bedauernswerte Katherine 1437 in geistiger Umnachtung gestorben war, hatte König Henry seinem Stiefvater großmütig verziehen und seine drei kleinen Brüder unter seine Fittiche genommen. Inzwischen waren sie erwachsen, und der Älteste, Edmund Tudor, hatte die Cousine des Königs geheiratet, Margaret Beaufort (die bei ihrer Hochzeit übrigens ganze zwölf Jahre alt war). Sie wurde kurz darauf schwanger. Drei Monate vor der Niederkunft starb ihr Mann in yorkistischer Gefangenschaft an der Pest. Am 28. Januar 1457 brachte sie in Pembroke Castle einen Sohn zur Welt, der auf den Namen Henry getauft wurde.
    Warum ich Ihnen von diesen Ereignissen aus der walisischen Provinz und von der Geburt dieses unbedeutenden Henry Tudor erzähle, fragen Sie sich?
    Das werden Sie schon noch sehen.
    Unterdessen hatten Yorkisten und Lancastrianer sich ein paar Mal getroffen, um sich gegenseitig die Köpfe einzuschlagen. König Henrys Gesundheits- und Geisteszustand blieb labil. Er war noch keine vierzig, aber er wirkte greisenhaft, abwesend, vergesslich und vor allem den Belangen der Welt entrückt. Am liebsten hielt er sich in seiner dämmrigen Privatkapelle auf. Er wollte gar nicht mehr wissen, was jenseits ihrer Mauern vor sich ging, und überließ der Königin die Kriegführung gegen York ebenso wie die Regierung – soweit Letztere überhaupt noch stattfand.Marguerite errang für eine Weile die Oberhand über die Yorkisten, und Richard of York musste nach Irland ins Exil fliehen. Dann schlug sein ältester Sohn, Edward Earl of March, die Lancastrianer am 10. Juli 1460 ziemlich gründlich bei der Schlacht von Northampton und nahm König Henry gefangen (den man auf einen Trosswagen gesetzt und mit in die Schlacht genommen hatte, um die Moral der Truppe zu stärken). Henry mochte ein nutzloser König sein, aber als Pfand war er wertvoll. Marguerite blieb erst einmal nichts anderes übrig, als mit ihrem Söhnchen nach Schottland zu fliehen.
    Im Oktober kehrte York siegesgewiss aus dem Exil zurück und ritt nach Westminster zum Parlament. Wie ein König zog er in Westminster Hall ein. Sein zweitältester Sohn, Edmund Earl of Rutland, trug feierlich ein entblößtes Schwert vor ihm einher, und York trat an den leeren Thron und legt die Hand auf die Lehne.
    Hätten die Lords angefangen zu klatschen, wären die Rosenkriege damit zu Ende und Richard of York König von England gewesen. Aber sie klatschten nicht. Diese Quasi-Inbesitznahme des Throns war ein ziemlich starkes Stück, und offenbar zweifelte die Mehrheit der Lords, ob der gar zu selbstbewusste York England wirklich so ein guter König wäre. Sie fanden eine
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