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Von nun an fuer immer

Von nun an fuer immer

Titel: Von nun an fuer immer
Autoren: Carol Marinelli
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wurde über hundert Meter vom Unfallort entfernt gefunden. Da die Windschutzscheibe geborsten war, ist es sehr wahrscheinlich, dass die Patientin längere Zeit ungeschützt in der Kälte ausharren musste. Sie hatte sich eine Decke um die Schultern gelegt, sodass wir davon ausgehen können, dass sie nach dem Unfall noch eine Weile bei Bewusstsein war. Als die Kollegen von der Feuerwehr sie aus ihrem Auto geschnitten haben, erlitt sie einen Herzstillstand.“
    „Kennen wir ihren Namen?“
    „Nein, noch nicht. Sie wurde sofort intubiert und abtransportiert. In etwa neun Minuten dürfte sie bei Ihnen eintreffen.“
    „Komm mit!“, sagte James zu May. „Wir gehen schon mal nach draußen und warten auf den Rettungswagen.“
    Vor der Parkbucht blieben sie stehen. James, der noch immer nur die OP-Kleidung trug, fröstelte. Ungeduldig sah er auf seine Uhr. „Über vier Stunden in dieser Kälte …“ Seine Bemerkung war kein Small Talk, sondern der Versuch, das Risiko abzuschätzen. Es war unter null Grad kalt, und die Frau war verletzt. Unterkühlte Patienten hatten oft einen Herzstillstand, wenn man sie bewegte. Der Umstand, dass das Herz erst stehen geblieben war, als der Rettungsdienst schon vor Ort war, begünstigte die Prognose immerhin.
    „Die Reanimation wird mit Sicherheit eine langwierige Angelegenheit.“
    „Die arme Frau. Stundenlang bei dieser Eiseskälte im Auto eingeklemmt – das muss furchtbar sein“, erklärte May in ihrem breiten irischen Akzent und kuschelte sich in ihre Strickjacke. Warum tragen Krankenschwestern eigentlich keine Capes mehr? überlegte sie bedauernd.
    „Ich habe die ganze Zeit gewusst, dass es noch nicht vorbei war“, bemerkte James nachdenklich. „Es waren so viele Fahrzeuge an dem Unfall beteiligt … Trotzdem werden wir in den nächsten Tagen analysieren müssen, wie wir dieses eine übersehen konnten.“
    „Das machen wir“, seufzte May. „Aber denk daran, dass es schon vor vier Uhr fast dunkel war. Und dann noch der Schnee und der Regen …“ Ihre Stimme erstarb, denn von Weitem sah sie, dass der Sicherheitsdienst eine Auseinandersetzung mit dem Fahrer eines Autos hatte, der sich nicht davon abbringen ließ, in der Rettungszufahrt zu parken. Seine Frau würde in wenigen Minuten wieder da sein, erklärte der Mann, und er denke nicht im Traum daran, zur Seite zu fahren.
    James hatte genug gehört. Mit zornigem Gesichtsausdruck eilte er auf den Fahrer zu. Wenn es um die Sicherheit seiner Patienten ging, verstand James Morrell keinen Spaß. Das bekam auch der Fahrer des parkenden Wagens zu spüren, der nach einem kurzen Wortwechsel mit James kleinlaut davonfuhr. May grinste.
    „Dieser Vollidiot dachte, das hier sei ein normaler Parkplatz“, schimpfte James ungehalten, als er zurückkam.
    „Vielleicht wusste er es nicht besser“, wandte May ein, während sie dem davonfahrenden Wagen nachsah. Dann jedoch verschwand das Lächeln aus ihrem Gesicht. „Oh nein, die haben uns gerade noch gefehlt!“
    Ein Fernsehteam, das schon seit Stunden vor Ort war, um von dem Massenunfall zu berichten, hatte anscheinend von der dramatischen Rettung des „vergessenen Unfallopfers“ gehört. Aufgeregt kamen gleich mehrere Kameramänner und Reporter mit ihren Mikrofonen auf die Notaufnahme zu.
    James rief den Sicherheitsdienst an, damit Sichtblenden aufgestellt wurden. Er wollte um jeden Preis verhindern, dass man die neue Patientin erkannte. Nicht auszudenken, wenn irgendwo im Land ein Kind beim Abendessen vor dem Fernseher saß und womöglich plötzlich seine Mummy im Rettungswagen sah. James konnte seine Wut über die unverschämten Reporter nur mühsam unterdrücken, während er den Kollegen vom Sicherheitsdienst beim Aufstellen der Blenden half.
    „Wo zum Teufel bleiben sie denn jetzt?“, fragte James ungeduldig.
    „Es wird noch ein paar Minuten dauern“, erklärte May nach einem Blick auf ihre Uhr. „Ist mit dir alles okay, James?“ Besorgt sah sie ihn an.
    Gerade als er in seinem üblichen abweisenden Tonfall sagen wollte, dass alles bestens sei, erinnerte James sich daran, dass es May war, die ihn gefragt hatte. Er schätzte und respektierte die Oberschwester mehr als jeden anderen Kollegen in seiner Abteilung. Und so beschloss er, ehrlich zu sein.
    „Ich weiß es nicht, May.“ Sie konnten nun bereits die Sirenen hören. In zwei Minuten würde der Rettungswagen da sein. James sah May an, sah ihr vertrautes Gesicht und ihren klugen, weisen Blick. Es hörte sich zwar nach
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