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Von Namibia bis Südafrika

Titel: Von Namibia bis Südafrika
Autoren: Daniel Oliver Bachmann
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versicherte mir, wie zufrieden er war. Stephan Brückner hatte schon zum wiederholten Mal auf Zimmerleute auf der Walz gesetzt, wenn es in seinem Wüstencamp etwas zu richten gab.
    „Sie haben stets alle Erwartungen erfüllt“, sagte er, und auch dieses Mal war's nicht anders gewesen.
    „Du Glas, zersplittere nun im Grund“, rief Konrad, „geweiht sei dieser Bau zur Stund!“
    Wie es sich gehörte, servierte der Bauherr einen Richtschmaus, und weil wir uns auf Wolwedans befanden, fiel dieser etwas feiner aus. Uns war es recht. Wir tafelten in den roten Dünen der Namib, und die Zimmerleute zeigten, dass sie nicht nur bauen sondern auch feiern konnten. Nur Rolf stand abseits und schaute versonnen in die Ferne. Wenn mich mein innerer Kompass nicht trog, Richtung Angola.
    Ich ging zu ihm und streckte ihm ein Bier hin.
    „Alles klar?“, fragte ich.
    „Fällt dir was auf?“, fragte er zurück.
    „Roter Sand. Schicke Hütte. Leckeres Essen. Gutes Bier …“
    „Nein, nein, nein!“, unterbrach er mich. „Keine Zäune. Weit und breit keine Zäune! Die haben alle abgebaut.“
    Mir dämmerte, was ihm durch den Kopf ging.
    „Du meinst …“, fragte ich.
    „Ja!“, sagte er. „Ein letztes Mal.“
    Wir breiteten die Hülle aus, hielten das Ende auf, warfen den Brenner an, stellten den Propeller in Position und ließen die Flammen ins Innere züngeln. Langsam blähten sich die 110 Kubikmeter Ballonhülle auf – aus nichtbrennbarem Nomex, vorne poly-r-beschichtetem Nylon. Ich hatte etwas gelernt. „Machst du die Kamera dran?“, fragte ich Rolf.
    „Nein“, erwiderte er.
    „Wo hast du die Fernbedienung?“
    „Brauch’ ich nicht.“
    Der Ballon stieg in den dunklen Wüstenhimmel wie ein knallgelber Vollmond. Die Leute klatschten. Ich hatte es immer noch nicht kapiert.
    „Der fliegt Richtung Angola“, warnte ich.
    „Er fährt Richtung Angola“, sagte Rolf. „Das soll er auch.“
    „Aber …“
    „Das Ding ist ein Misserfolg. So ist es mir lieber, wie wenn ich ihn im Keller liegen habe.“
    Wir schauten dem Ballon nach, der höher und höher stieg, und dann, vom Wind erfasst, Richtung Norden abdrehte. Richtung Angola. Wir hoben die Bierflaschen und stießen an.
    „Deshalb brauchen wir nicht gleich den Sand in den Kopf zu stecken.“ Seit Jahren wartete ich darauf, Lothar Matthäus besten Spruch zitieren zu können. Hier, in der Kalahari, kam endlich die Gelegenheit. „So ist es“, sagte Rolf. „Ich habe Pläne. Ein Luftschiff. Steuerbar. Das baue ich, sobald wir zuhause sind.“
    Daran musste ich denken, während der Ballon kleiner und kleiner wurde, und irgendwann am Firmament verschwand. An zuhause. Unsere Reise ging zu Ende. Wir hatten 8 000 Kilometer zurückgelegt und eine neue Welt entdeckt. Zuhause wartete ein Luftschiff auf Rolf, das gebaut werden wollte. Und auf mich ein Flugticket nach Tibet, denn dahin sollte meine nächste Reise gehen.

11. Von Namibia über Tibet nach Uganda
    So mag ich es: die eine Reise kaum vorbei, geht die Nächste schon los. Was gibt es Schöneres, als sich auf diese Art und Weise um die Erde treiben zu lassen? Als ich nach einer abenteuerlichen Flugreise von Windhuk über Frankfurt nach Peking kam, und von dort weiter über Chengdu nach Lhasa, um mit tibetischen Nomaden zum Rotmützenkloster Samye zu ziehen, fühlte ich mich eins mit der Welt. Die unsichtbaren Fäden, die alles verbinden - sie waren deutlich zu spüren. Während ich Lobsang Keldrup, dem höchsten Mönch des Klosters, beim flackernden Schein der Butterkerzen von den Khoi San in der Kalahari erzählte, wurde mir klar, dass es für mich immer so weiter gehen kann und wird.
    Und so kam's auch. Vier Wochen später kehrte ich nach Deutschland zurück. Beate holte mich vom Flughafen ab.
    „Reicht dir ein Tag zum Aus- und Wiedereinpacken?“, fragte sie mit einem verschmitzten Lächeln. Sie winkte mit zwei Flugtickets. Wahrscheinlich war mein Gesicht ein einziges Fragezeichen.
    „Ich weiß jetzt, wie wir den Kindern von Salem Mbale helfen können“, fuhr sie fort. „Wir haben keine Zeit zu verlieren. Ich erzähle dir alles auf dem Weg nach Hause.“
    Um ehrlich zu sein - ich war nicht überrascht. Wie es ihre Art ist, hatte Beate schon alles ausgetüftelt. Durch ihre Berufe und Berufungen als Schriftstellerin, Filmemacherin und Malerin wusste sie, wie man aus einer Idee Wirklichkeit werden lässt - und so konsequent wie ihre Kunst setzte sie ihre Vision „Sutherlandia für die Aids-Waisen von Salem
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