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Von Namibia bis Südafrika

Titel: Von Namibia bis Südafrika
Autoren: Daniel Oliver Bachmann
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Hände voll zu tun. Trotzdem ließ er es sich nicht nehmen, uns die neue Lodge zu zeigen. Der burische Name Wolwedans bedeutet „Wo die Wölfe tanzen“, was der einzige Etikettenschwindel des Wüstencamps ist. Er entstand, weil die Buren Wölfe mit Hyänen verwechselten. Ansonsten wird man hier das Leben genießen. Wir zumindest taten es. Neben der neuen Mountain View Suite standen ein paar weitere geschmackvolle Holzchalets, die den Gästen als Wohnräume, Küche, Bar und Bibliothek dienten. In alle Richtungen gab es herrliche Ausblicke, und kurz nach unserer Ankunft einen Sonnenuntergang, bei dem Rolf die Kamera stecken ließ, weil dessen glutvollen Farben niemals auf Film zu bannen gewesen wären. Dafür wurden Kerzen und Fackeln entzündet und ein Wüsten-Dinner serviert. Über uns funkelten eine Milliarde Sterne, Kometen rauschten übers Firmament, Schnuppen regneten, und irgendwo in der Tiefe des Alls blinkte das Rücklicht vom Raumschiff Enterprise, auf dem Weg zu neuen Galaxien, die nie ein Mensch zuvor betreten hat. Wir dagegen blieben irdisch, waren aber trotzdem in erhabener Stimmung.
    „Stell dir vor, du gehst nicht auf die Walz“, sagte Andreas, und ich war mir nicht sicher, ob er mit mir oder sich selbst sprach. „Stell dir vor, du bleibst zuhause. Stell dir vor, du siehst das alles nicht. Stell dir vor, was du alles verpasst.“
    So spricht der wahre Nomade, als der sich Andreas auch entpuppte. Wir haben noch immer Kontakt, auch wenn wir beide ständig unterwegs sind. Immer wieder erhalte ich eine E-Mail aus einer Favela in Rio de Janeiro, aus einer Bar auf dem Highway 66, aus einem Hafen am Pazifik oder der Stadionkneipe Old Trafford von Manchester United, denn die Liebe zum Fußball pflegt er wie die Liebe fürs Reisen. So zieht er um die Welt, arbeitet hier und da, und lernt dabei, dass Menschen überall Menschen sind.
    Am nächsten Morgen standen die Zimmerleute schon früh auf der Baustelle. Ich hatte irgendein Häuschen erwartet, und der Prachtbau, den sie in den Sand gestellt hatten, überraschte mich. Wir sahen ihnen bei der Arbeit zu, und ich muss sagen, so geschickte und motivierte Handwerker würde ich mir wünschen, wenn es zuhause was zu tun gibt. Wir blieben noch zwei Tage, schauten dem Haus beim Wachsen zu und fuhren durch die Gegend. Vielleicht war das der Stein der Weisen? Die Brückners hatten ein kleines Paradies geschaffen – nun ja, so klein war es nicht – und praktizierten darauf ein System, für das sich Menschen wie der weiße Heiler Eberhardt von Koenen und der schwarze Heiler Matheus Mutindi Kuvare einsetzen: Die Versöhnung von Natur, Mensch und Technologie. Wir kennen ja vor allem die „Ja, aber“- Argumentation, die sich am häufigsten im Satz „Ja, aber wer soll das bezahlen?“ manifestiert. Da kann ich nur antworten: Geld ist immer da. Diese Erfahrung habe ich auf allen Reisen gemacht. Die Kunst der Investition ist gleichzeitig die Kunst der Verteilung. Geld muss fließen wie der Wind: von Orten, an denen es zuviel davon gibt, an Orte, wo ein Mangel herrscht. Stephan Brückner hatte verstanden, dass er ein verwöhntes, aber zahlungswilliges Publikum braucht, das sich an die Spielregeln des ökologischen Tourismus hält. Im Gegenzug muss er Komfort bieten. Die Alternative wäre ein Mittelklasse-Publikum. Doch dieses, das zeigt die Erfahrung, will Tiere lieber abknallen und lässt seinen Dreck liegen. Noch eine Stufe tiefer kommen die Ballermänner, die Party-Leute. Wer saufen will, interessiert sich aber nicht für die kleinen gelben Blüten einer Kalanchoe lanceolata, welche die Wüste zum Leuchten bringen. Stephans wohlhabende Gäste dagegen staunten und sprachen von einem Wunder.
    Für den Abend war das Richtfest vorgesehen, und ich merkte, wie die Zimmerleute nervös wurden. Trotz ihrer Wandererfahrung kam das nicht alle Tage vor. Zuhause wird die Zeremonie vom Meister vollzogen, hier standen sie selbst auf dem Dachstuhl. Den ganzen Tag schmückten sie das Haus, und befestigten einen Donnerbesen zur Wetterbannung im Giebel. Dann war es soweit: Wir unten im Sand der Namib, die Zimmerleute oben auf den Balken – gemeinsam lauschten wir Konrads Stimme: „Mit Gunst und Verlaub, ihr lieben Leute hört mich an, so wahr ich hier stehe als Zimmermann, im stetigen Sonnenschein mit unserer Hände Kraft, wir diesen Bau nun zustand gebracht. So sind verklungen des Beiles Schläge, es ruht die nimmermüde Säge …“
    Er machte seine Sache prima, und der Bauherr
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