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Von Menschen und Monstern

Von Menschen und Monstern

Titel: Von Menschen und Monstern
Autoren: William Tenn
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erreichen, liegen sie vielleicht zehn bis zwanzig Tagesmärsche weiter links oder rechts. Wir wissen nicht mal, auf welcher Seite.«
    »Bisher hatten wir Glück. Vielleicht bleibt es uns treu«, sagte Eric. »Außerdem verlasse ich mich auf die Karte.«
    Er blieb wie angewurzelt stehen und bedeutete ihnen, zu schweigen. Rachel und Roy hielten sofort an und sahen angestrengt über seine Schulter.
    Vor ihnen stand ein Posten. Der Mann lehnte an der Höhlenwand. Sein Gesicht war ihnen zugewandt, und er hielt seine Lanze in der Hand. Das Licht seiner Stirnlampe fiel direkt auf sie.
    Warum gab er keinen Alarm? Eric und Roy hatten ihre Lanzen hochgerissen.
    »Er ist tot«, flüsterte Rachel.
    Langsam schlichen sie näher. Mit starrem Blick bewachte der Tote den Laufgang, aber über seinen Augen lag ein grauer Schleier.
    Geduckt gingen sie an dem Posten vorbei. Nach einer kurzen Strecke verbreiterte sich der Gang zu einer Haupthöhle voll Leichen.
    Männer, Frauen und Kinder standen und saßen wie Statuen da. Ein altes Weiblein hockte beschwörend vor den Nahrungsmitteln. Ein Krieger lag beobachtend auf dem Bauch und spitzte erwartungsvoll die Lippen. Ein junger Mann lümmelte an der Wand und lächelte ein junges Mädchen einladend an.
    Alle waren vom Tod überrascht worden.
    Rachel wandte sich von einem Toten ab, den sie genau untersucht hatte. »Ich kenne die Ursache dieser grauen, feuchten Haut«, sagte sie. »Ein giftiger Spray der Bestien. Bisher sah ich nur Einzelpersonen, die daran gestorben sind, nie aber ein ganzes Volk.«
    »Nach den zahlreichen Versuchen zu schließen, wollen die Bestien uns jetzt um jeden Preis vernichten«, meinte Eric.
    Das Mädchen nickte ernst. »Allerdings. Eric, wir müssen meine Leute so rasch wie möglich finden. Sie müssen hören, was hier geschehen ist. Die Zeit drängt.«
    »Ich werde mich bemühen, Herzchen. Glaubst du, daß das Essen hier genießbar ist? Ich möchte uns gerne verproviantieren.«
    »Laß mich nachsehen. Und rührt keinen der Toten an. Die graue Flüssigkeit kann schwere Vergiftungserscheinungen hervorrufen!«
    Eric sah zu, wie sie Lebensmittelbehälter öffnete und vorsichtig daran schnupperte. Tiefe Zärtlichkeit überflutete ihn.
    Zum erstenmal fühlte er, daß sie wirklich seine Frau war. Fast alles, was er wußte, hatte er ihr zu verdanken. Sie hatte seinen Schlafplatz mit ihm geteilt. Sie hatte sein Kind empfangen und trug es jetzt in ihrem Leib. Bevor er sie aber in einer großen Haupthöhle dabei beobachtet hatte, wie sie prüfte, ob das Essen auch bekömmlich sei – wie das alle Weiber der Menschheit seit seiner Geburt getan hatten –, hatte ihm immer etwas Entscheidendes gefehlt. Jetzt war sein Glück vollkommen. Er wußte, daß er verheiratet war.
    Nachdem sie die große Haupthöhle verlassen hatten, die zum Massengrab eines ganzen Volkes geworden war, blieb Roy lange Zeit wortkarg. Er beteiligte sich nicht mal an ihren Entscheidungen, daß es ihnen unmöglich sei, diese vielen Menschen zu kanalisieren.
    Am nächsten Morgen, als Eric erwachte, hatte sich Roy aber bereits aufgesetzt und starrte Rachel mit einem sonderbaren Ausdruck an, den Eric sich nicht erklären konnte.
    Dachte Roy an seine eigene Gefährtin, die bei der Menschheit geblieben war? Hatte auch er Rachel beobachtet, als sie die Nahrung begutachtete und war dadurch an seinen eigenen unbeweibten Zustand als Verfemter erinnert worden?
    Die Sache gefiel Eric gar nicht. Als er nach dem Frühstück wieder an der Spitze marschierte, wurden ihm zwei unangenehme Dinge bewußt: Roy ging unmittelbar hinter Rachel. Und Eric selbst ging vor Rachel, und damit war sein Rücken ein ideales Ziel für eine Lanze.
    Er dachte daran, Roy vorausgehen zu lassen, aber Roy war kein Auge, und das mußte man sein, um den Weg zu finden. Verdammter Roy! Private Schwierigkeiten hatten ihm gerade noch gefehlt!
    Eric lauschte so gespannt nach hinten, daß er beinahe überhört hätte, was vor ihm geschah. Als er jedoch an einer Gabelung vorbeikam, vernahm er die Geräusche ganz deutlich. Erschrocken blickte er nach links und deckte das Licht seiner Stirnlampe sofort mit der Hand zu. Er kroch zurück und drückte Rachel und Roy in die Höhle, aus der sie gekommen waren.
    »Wilde!« flüsterte er. »Eine ganze Horde, die direkt auf uns zukommt. Nehmt eure Tornister ab. Wir müssen fliehen.« Er machte sich Sorgen um Rachel, die kaum noch imstande war, mit ihnen Schritt zu halten.
    »Überlaß das mir«, sagte Roy und
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