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Von der Nacht verzaubert

Titel: Von der Nacht verzaubert
Autoren: Amy Plum
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»Ja, ja, das ist klar. Du hattest keine andere Wahl, das stimmt. Wenn du’s nicht versucht hättest, wärt ihr beide tot.« Er seufzte und wandte sich wieder an mich. »Du hast Lucien also getötet?«
    »Ja, ich meine natürlich Vincent ... Ähm, also, das Messer, das wir nach ihm geworfen haben, ist durch sein Auge bis in sein Gehirn eingedrungen. Das wird ihn getötet haben. Zumindest sah sein Gesicht tot aus. Und dann haben wir ihm mit dem Schwert den Kopf abgeschlagen.«
    »Was ist mit seiner Leiche passiert?«
    »Die haben wir im Kamin verbrannt.«
    Ambrose meldete sich zu Wort. »Ich habe dort Wache gehalten, nachdem sie in die Klinik gefahren sind. Es ist nichts von ihm übrig geblieben.«
    Jean-Baptiste entspannte sich sichtlich, als er das hörte, blieb schließlich einen Moment lang reglos stehen und verbarg sein Gesicht in den Händen, bevor er sich wieder an alle richtete.
    »Es ist offensichtlich, dass sie einen Plan hatten. Sie wollten uns inklusive Vincents Geist von hier weglocken, damit Lucien freie Bahn hatte, ins Haus einzudringen und Vincents Leiche verschwinden zu lassen. So wie ich unseren alten Feind einschätze, wollte er sicher mit Vincents Kopf zu uns zurückkehren, um ihn vor unseren Augen zu verbrennen, bevor er dann jeden von uns getötet hätte. Das ist die einzige Erklärung, die mir dafür einfällt, weshalb wir in den Katakomben nicht sofort niedergemetzelt worden sind.«
    Im Saal war es still.
    »Es wäre mir lieber gewesen, wenn Charles dieser Unterhaltung hätte beiwohnen können.« Er machte eine Pause und atmete hörbar aus. »Aber aufgrund der Umstände überlasse ich es dir, Charlotte, deinen Bruder darüber zu unterrichten, dass ich euch beide bitte, dieses Haus zu verlassen.«

 
    A lle sahen einander schockiert an.
    »Wie bitte?«, murmelte Charlotte und schüttelte den Kopf, als hätte sie Jean-Baptiste nicht verstanden.
    »Versteh das nicht als Strafe«, erklärte er. »Charles braucht Abstand. Von Paris. Von diesem Haus. Von mir. Er braucht Zeit und die Möglichkeit, einen klaren Kopf zu bekommen. Paris ist in Anbetracht dieses Gefechts, dieser ...«, er suchte das richtige Wort, »Kriegserklärung — wenn sich herausstellen sollte, dass es sich wirklich darum handelt —, nicht der richtige Ort für jemanden, der nicht weiß, wo er hingehört.«
    »Aber ... warum ich?«, fragte Charlotte mit einem kurzen, panischen Seitenblick zu Ambrose.
    »Kannst du getrennt von deinem Zwillingsbruder leben?«
    Sie ließ den Kopf hängen. »Nein.«
    »Das hatte ich erwartet.« Die Härte wich aus seinem Gesicht, als Charlotte anfing zu weinen. Er ging zu ihr, setzte sich neben sie auf die Couch und zeigte eine Empfindsamkeit, die ich ihm gar nicht zugetraut hatte. So wenig, wie ich Jean-Baptiste kannte, wirkte sie doch sehr untypisch auf mich.
    Er hielt ihre Hand und erklärte: »Mein liebes Kind, doch nur für ein paar Monate, bis wir herausgefunden haben, was genau Luciens Clan im Schilde führt. Ob sie uns angreifen wollen. Ob sie gezwungen sind, unterzutauchen, weil sie nun keinen Anführer mehr haben. Das wissen wir alles noch nicht. In dieser Situation würde Charles' Unentschlossenheit und Verwirrung uns nur schwächen, und das in einem Moment, in dem wir am stärksten sein müssen. Du weißt, dass ich überall Häuser besitze. Ihr könnt selbst bestimmen, wohin ihr zieht. Und ihr kehrt wieder hierher zurück. Das verspreche ich.«
    Charlotte schlang ihre Arme um Jean-Baptistes Hals und schluchzte. »Schhh«, sagte er und streichelte ihren Rücken.
    Als sie sich beruhigt hatte, stand er wieder auf und sagte an Ambrose und Jules gerichtet: »Sobald Gaspard mit uns kommunizieren kann, werde ich mich mit ihm über das weitere Vorgehen beraten. Wir müssen jemanden finden, der Charlotte und Charles in diesen riskanten Zeiten ersetzen kann. Vorschläge sind sehr willkommen. Und nun zu dir, Kate«, sagte er an mich gerichtet.
    Ich versteifte mich in meinem Sessel, weil ich nicht wusste, was jetzt auf mich zukommen würde, auch wenn ich mit dem Schlimmsten rechnete. Mich konnte er nicht von hier verbannen, ich wohnte ja schließlich nicht unter seinem Dach. Und er konnte mir nicht verbieten, Vincent wiederzusehen. Dem würde ich mich widersetzen. Obwohl ich in meinem ganzen Leben noch nie erschöpfter war als gerade in diesem Moment, war mein Wille noch nie stärker gewesen.
    »Wir schulden dir größte Dankbarkeit. Du hast einen der Unseren unter Einsatz deines Lebens
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