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Von der Liebe verschlungen

Von der Liebe verschlungen

Titel: Von der Liebe verschlungen
Autoren: Delilah S. Dawson
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über die wunden Handgelenke. Die Seide schmeckte zu sehr nach Mensch und Seife und nach etwas anderem, einem moschusartigen Gestank, der mir nicht gefiel. Ich warf sie zu Boden, und Tommy Pain wirbelte sie herum wie ein Spielzeug. Charmant, diese Katzenkreatur. Casper hingegen nicht. »Ich erwarte gar nicht, dass du verstehst, wer ich bin oder was ich meine. Du bist unzivilisiert.«
    »Ich bin ziemlich zivilisiert.«
    »Zivilisierter Anstand hat etwas damit zu tun, dass man andere Leute nicht fesselt.«
    »Wenn die Rollen vertauscht wären, würdest du nicht zögern«, murmelte er. »Du würdest mich ganz langsam umbringen. Ich kann es in deinen Augen sehen. Und es ist eine Schande. Sie wären so hübsch, wenn sie nicht immer so auf Mord konzentriert wären.«
    Ich ließ ein tiefes, süßes Lachen hören. Er wusste nicht mal die Hälfte. Aber ich hatte nachgedacht. Ich hatte mir eine Möglichkeit ausgedacht, rundum alles zu bekommen, was ich wollte. Meine Kraft zurück, mein Leben zurück, meine Rache und, zu gegebener Zeit, seinen Kopf auf einem Silbertablett.
    »Ich will dich nicht mehr töten.« Ich lächelte zuckersüß. »Ich denke, wir können einander helfen.«
    »Ach tatsächlich?« Er drehte mir den Rücken zu. Mein Zorn kochte hoch, darüber, dass er mich für so unbedeutend und harmlos hielt.
    Dann zog er sich aus, und ich musste den Blick abwenden – oder zumindest so tun als ob. Nicht nur, weil ich entrüstet war, sondern auch, weil er trotz des eigenartigen Geruchs noch immer voll Blut war, kaum verhüllt von warmer Haut. Wie mein geliebtes altes Kindermädchen zu sagen pflegte – für das richtige Getränk stellt auch eine Teetasse mit Sprung ein hübsches Gefäß dar. Und diese Teetasse auf zwei Beinen hier war alles andere als durch Sprünge verunstaltet.
    Er warf sein glitzerndes Jackett über die Kommode und zerrte sich die Krawatte vom Hals. Danach kam sein Rüschenhemd an die Reihe, das er sich über den Kopf zog und in die Ecke warf. Seine Haut war goldfarben, wie man es in meinem Land, wo eisiges Weiß in Mode war, gar nicht kannte. Er war breiter gebaut als die Mitglieder von Königshäusern und Hochadel, mit denen ich aufgewachsen war, und seine muskulösen Schultern brauchten keinerlei zusätzliche Polsterung. Feines Haar kräuselte sich auf seiner Brust und weiter abwärts.
    Ich hörte, wie er den Knopf seiner Hose öffnete, und vielleicht hätte ich rein aus Neugier einen Blick riskiert – aber in diesem Augenblick schien er sich daran zu erinnern, wo er war, hielt inne und begegnete meinem Blick mit einem spöttischen Lächeln. Stattdessen kickte er seine Stiefel durch das Zimmer und rammte eine Faust in die weiß gestrichene Wand. Tommy Pain schoss fauchend unter das niedere Bett. Der gesprungene Spiegel, der an einem Draht hing, fiel zu Boden und zersprang in tausend Stücke, und jede Scherbe reflektierte das erbärmliche kleine Zimmer und uns, seine jämmerlichen Bewohner.
    Ich, eine verschollene Prinzessin und künftige Königin, weit weg von der Heimat und so schwach, dass ich nicht einmal die Krawatte um meine Fußknöchel losbinden konnte. Er, ein unzivilisierter und gefallener … was auch immer er war. Ich konnte die Wut in der Anspannung seines Rückens erkennen, an seinen weißen Fäusten vor der bröckelnden Wand, wo der Spiegel gehangen hatte. Selbst in der Totenstille war er ein Sturm.
    »Das bedeutet sieben Jahre Pech.«
    »Drei habe ich schon hinter mir.« Er schlug leicht mit dem Kopf gegen die Gipswand. »Was wird nach vier weiteren noch von mir übrig sein?«
    »Wenn du meinen Vorschlag annimmst, ein reicher Mann.« Ich setzte mich auf. »Also, hast du noch mehr Phiolen?«
    Er stieß sich von der Wand ab und nagelte mich mit einem stechenden Blick aus seinen stahlblauen Augen fest. Ich blinzelte nicht mal.
    »Bitte?«, fügte ich hinzu, so schwer es mir auch fiel.
    Mit einem leisen Auflachen fischte er drei Glasröhrchen aus seinem Jackett und entkorkte die erste davon auf Pinkie-Art mit zwei Händen. Nachdem ich alle Phiolen hinuntergestürzt hatte, war ich wieder kräftig genug, um meine Füße loszubinden und aufzustehen, auch wenn die niedere Decke nicht einmal meiner kindergroßen Gestalt erlaubte, sich ordentlich zu strecken. Seit ich ihn unten angegriffen hatte, war ich nicht mehr aufrecht gestanden, und mein Korsett hing lose um meine Taille und juckte. Allerdings war ich zu gut erzogen, um mich zu kratzen.
    Die ganze Zeit über beobachtete er mich,
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