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Von den Sternen gekuesst

Von den Sternen gekuesst

Titel: Von den Sternen gekuesst
Autoren: Amy Plum
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den Blick fest auf Charlotte und Ambrose gerichtet.
    »Also gut«, sagt Charlotte, nun ebenso ernst.
    »Versprich mir, dass du zurückkommst.«
    Charlotte bleibt still.
    »Und gib mir einen Abschiedskuss.«
    »Wie bitte?«, platzt es aus Charlotte heraus.
    »Du hast dich nicht verhört.«
    Ein paar Sekunden lang steht sie wie angewurzelt da, dann fliegt ihre Hand zu ihrem Mund. In ihren Augen schimmern Tränen, während sie sich wieder zu Ambrose ans Bett setzt. Dann nimmt sie seine unverletzte Hand in ihre, lehnt sich zu ihm und küsst ihn. Es ist ein sanfter, langsamer Kuss. Ein verweilender. Es ist der Kuss, auf den sie seit Jahrzehnten gewartet hat.

G eorgia ist im Flur, als ich aus Ambroses Zimmer schleiche. »Was geht ab?«, fragt sie, weshalb ich vor Schreck einen halben Meter in die Luft springe.
    »Wow, ich hab dich gar nicht gesehen«, sage ich und lege eine Hand auf mein rasendes Herz.
    »Und, wo ist die Party?« Sie verschränkt die Arme vor der Brust.
    »Wieso bist du überhaupt wach?«, frage ich.
    »Ich konnte nicht schlafen. Und dann werfe ich einen Blick aus dem Fenster, nur um zu sehen, wie die Sex Pistols unten parken. Da dachte ich mir, irgendwas geht hier vor.«
    Ich schaue Georgia an. Dass ihr Haar vom Schlafen völlig verstrubbelt ist, macht sie nur noch hübscher. Und dann wird mir bewusst, dass ich sie vielleicht nie wiedersehen werde. Ich schlinge die Arme um sie und drücke sie fest an mich.
    Sie tätschelt mir den Rücken. »Was ist los, Katie-Bean? Stimmt was nicht? Also, abgesehen davon, dass du so was wie die untote Catwoman bist natürlich … Oder weinst du gar nicht deshalb?«
    »Ich weine doch gar nicht«, sage ich, dabei klinge ich ein wenig verrotzt und bemühe mich, heimlich die Tränen wegzuwischen, bevor ich Georgia wieder loslasse. »Du sollst einfach nur wissen, dass ich dich lieb habe.«
    Georgias Augen verengen sich. Argwöhnisch betrachtet sie mich, dann richtet sie den Zeigefinger auf mich. »Ihr habt was Gefährliches vor! Was ist es?«
    »Du musst dir keine Sorgen machen, Georgia.«
    Sie macht ein angewidertes Geräusch und sagt: »Jetzt komm mir nicht so. Du würdest dich nicht so aufführen, wenn du nicht fürchten müsstest, dass du mich nicht wiedersiehst. Deshalb ist Jeanne auch mitten in der Nacht hier, von der halben Punkpopulation Berlins mal ganz zu schweigen. Die hüpfen hier ja rum, als wär das ein Zombie-Moshpit. Hab ich recht?«
    Ich schaue sie nur an und beiße mir auf die Zunge.
    »Gut, dann frag ich eben Arthur«, sagt sie und stapft davon.
    Charlotte kommt aus Ambroses Zimmer und schließt die Tür hinter sich. Ihr Gesicht glüht, die sonst schon rosigen Wangen sind scharlachrot. Sie nimmt meine Hand und zusammen gehen wir hinunter. »Hast du das gewusst?«, fragt sie.
    »Ja«, gebe ich zu. »Aber noch nicht lange. Ich glaube, Ambrose hat nur für Geneviève geschwärmt, weil er sie nicht haben konnte. Und als es plötzlich möglich wurde, hat er gemerkt, dass er sie gar nicht will.«
    Sie lächelt wie ein Mädchen, dessen größter, seit fünf Jahrzehnten gehegter Wunsch gerade in Erfüllung gegangen ist. Freudig hüpft sie die letzten Stufen hinunter und verschwindet Richtung Waffenkammer.
    Kaum bin ich in meinem Zimmer, spritze ich mir etwas Wasser ins Gesicht und fasse mein Haar zu einem strengen Zopf zusammen. Dann suche ich in den Schreibtischschubladen nach Papier und Stift und setze mich hin, um Mamie und Papy einen Brief zu schreiben. Der Stift schwebt über dem Blatt, während ich mir das Hirn darüber zermartere, was ich ihnen denn nur schreiben könnte. Doch bevor mehr als die Anrede auf dem Papier steht, klopft es.
    Mamie lugt durch die Tür und fragt: »Dürfen wir mit dir sprechen?«
    »Ja«, sage ich und verberge den Briefanfang mit einer Hand. Doch als mir Mamies besorgte Miene auffällt, höre ich mit dem Spielchen auf. Das könnte das letzte Mal sein, dass ich meine Großeltern sehe, deshalb bin ich sehr froh über ihr Erscheinen.
    »Ich war gerade dabei, euch zu schreiben, aber ich freue mich, dass ihr jetzt hier seid. Ich sage euch das lieber persönlich.«
    »Wieso? Wohin gehst du denn?«, fragt Papy, der hinter Mamie das Zimmer betritt.
    »Wir ziehen gegen Violette in die Schlacht«, antworte ich wahrheitsgemäß.
    »Und wirst du zurückkehren?«, fragt Mamie. Ihre Stimme bricht kurz, doch schnell setzt meine Großmutter wieder eine zuversichtliche Miene auf.
    Ich stehe auf und gehe zu ihnen. Meine Großeltern. Abgesehen von
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