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Von den Sternen gekuesst

Von den Sternen gekuesst

Titel: Von den Sternen gekuesst
Autoren: Amy Plum
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wurden hier die wertvolleren Gegenstände verwahrt, die der Laden zu bieten hatte. Neben den Kisten saß Bran, geknebelt und an einen Stuhl gefesselt.

U m Himmels willen, sind Sie so weit in Ordnung?«, schrie ich und flitzte zur Tür des Gefängnisses.
    Bran schüttelte den Kopf. Er zitterte erbärmlich. Selbst auf die Entfernung konnte ich die frischen blauen Flecken erkennen, die sein Gesicht entstellten. Eins seiner Augen war zu einem Schlitz geschwollen. Seine Wangen waren feucht von Tränen und Schweiß, und da sein Mund zugeklebt war, atmete er laut durch die Nase, um überhaupt genug Sauerstoff zu bekommen.
    »Oh Bran«, rief ich entsetzt, eine Hand flog zu meinem Mund.
    Irgendwie war es ihm gelungen, an einen Besenstiel heranzukommen, den er an die Decke gerammt haben musste, als er Georgia und mich oben gehört hatte. Nun ließ er ihn fallen, das dumpfe Klappern des Stiels auf dem Steinboden brach die Stille.
    »Wissen Sie, wo der Schlüssel ist?«, fragte ich und ruckelte an dem Vorhängeschloss.
    Erneut schüttelte er den Kopf.
    »Wir finden was, womit wir es aufbrechen können. Georgia?« Meine Schwester stand reglos da und starrte Bran mit aufgerissenen Augen an. »Los, wir müssen was Schweres suchen.« Schon setzte sie sich in Bewegung und stürzte auf einen gewaltigen bronzenen Kerzenständer zu, der an der Wand lehnte. »Perfekt!«, sagte ich und half ihr dabei, das Ungetüm über den Boden bis vor die verschlossene Tür zu wuchten.
    »Klemm ihn dir unter den rechten Arm«, wies ich sie an. Ich hob das andere Ende hoch und zuckte zusammen, weil das enorme Gewicht eine Schmerzwelle durch mein Schlüsselbein jagte. »Lass uns das Schloss seitlich rammen. Ich glaube zwar nicht, dass es kaputtgeht, aber der Riegel an sich sieht ziemlich rostig aus. Zielen wir einfach darauf.«
    Als wir ein paar Schritte zurückgingen, um Anlauf zu nehmen, schaute ich noch einmal kurz zu Bran und sah, dass er den Kerzenleuchter mit einem Ausdruck von Bedauern auf seinem Gesicht musterte. »Der ist ziemlich wertvoll, nehme ich an?«, fragte ich und konnte ein nervöses Grinsen nicht unterdrücken.
    Traurig nickte er und zuckte dann mit den Schultern. »Los!«, schrie ich. Mit unserem improvisierten Rammbock stürmten wir auf das Schloss zu. Wir trafen es zwar, doch das Schloss blieb unversehrt, ganz im Gegensatz zum Kerzenständer, von dessen Verzierung ein bronzefarbenes Blatt abgeknickt war. Bran fuhr zusammen.
    »Noch einmal«, sagte ich, richtete dabei die Bandage unter meinem Pulli und rieb vorsichtig meine schmerzende Schulter. Wieder traten wir ein paar Schritte zurück und stürzten dann mit aller Kraft vorwärts. Diesmal zerbrach der alte Riegel und das Schloss fiel scheppernd zu Boden. Die Tür schwang auf und ich rannte hinein. Obwohl es Bran war, der da vor mir saß – der eigenartige, strohpuppenartige Bran –, umarmte ich ihn kurz, bevor ich mich an seine Befreiung machte.
    Seine Hände und Füße waren mit Klebeband gefesselt worden. Ein zusätzlicher Streifen führte über seine Brust und band ihn an den Stuhl. Außerdem klebte ein großes Stück Klebeband auf seinem Mund. »Ich will Ihnen nicht wehtun«, sagte ich zögernd.
    Er verdrehte die Augen und nickte, als wollte er sagen: Nun mach schon.
    Mit dem Fingernagel knibbelte ich an dem Klebeband und lockerte ein Eckchen von Brans Wange. Dann biss ich die Zähne zusammen und riss den Rest mit einem Ruck los. Bran schnappte keuchend nach Luft, Tränen des Schmerzes und der Erleichterung liefen über seine Wangen. Mit aller Kraft versuchte er, seine Fesseln zu sprengen, doch sie gaben nicht nach. »Du musst dich beeilen, mein Kind«, drängte er. »Sie sind schon seit Stunden weg und könnten jeden Moment zurückkehren.«
    »Sie?«, fragte ich und beugte mich zu ihm hinunter, denn seine Stimme war kaum mehr als ein atemloses Keuchen.
    »Numa. Sie halten mich hier fest, bis das steinalte Fräulein eingetroffen ist, um mich zu verhören.«
    Das steinalte Fräulein? , wunderte ich mich und schrie dann förmlich: »Was? Violette ist unterwegs hierher?«
    »Ja.« Bran gab sich die größte Mühe, nicht in Panik zu geraten, doch die Dringlichkeit in seiner Stimme verriet seine Angst. »Meinst du, du könntest …?« Er hielt mir seine zusammengetapten Hände entgegen.
    »Schnell, Georgia. Wir brauchen irgendwas Scharfes«, rief ich.
    »Hab schon was gefunden«, sagte sie und stand bereits hinter mir. Ich drehte mich zu ihr um und sah, dass sie ein
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