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Von Alkohol bis Zucker - 12 Substanzen die die Welt veränderten

Von Alkohol bis Zucker - 12 Substanzen die die Welt veränderten

Titel: Von Alkohol bis Zucker - 12 Substanzen die die Welt veränderten
Autoren: Christian Mähr
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Knöllchenbakterien , die in Symbiose mit den Wurzeln bestimmter Pflanzen leben; diese Wurzeln bilden Wucherungen (»Knöllchen«), in denen die Bakterien den Stickstoff der auch im Erdboden vorhandenen Luft in Ammoniak und dann sofort in Aminosäuren umwandeln. Diese Naturvorgänge sind sehr kompliziert und Gegenstand intensiver Forschung. Allerdings ist die natürliche Art und Weise, den Stickstoff der Luft zu nutzen, noch energieaufwendiger als die Herstellung in der Industrie. Eine Tonne Ammoniak verbraucht die Energie von bis zu zwei Tonnen Erdöl, dasselbe auf biologische Weise kostet aber mindestens das Dreifache an Energie, wobei diese allerdings von der Pflanze durch Photosynthese geliefert wird. Manche Historiker sahen im vermehrten Anbau von Hülsenfrüchten in der Zeit Karls des Großen den Grund für den Aufschwung des Abendlandes – bessere Stickstoffversorgung durch die Knöllchenbakterien, bessere Versorgung der Bevölkerung mit Proteinen. Wenn der Anbau von Erbsen, Bohnen und Linsen der ernährungstechnische Durchbruch des 9. Jahrhunderts war, dann war die Ammoniaksynthese der entsprechende Durchbruch im 20. Jahrhundert. 40 Prozent des Stickstoffs, den unsere »Westler«-Körper mit der Nahrung aufgenommen haben, sind schon einmal durch die Reaktionsrohre des Haber-Bosch-Verfahrens gegangen. Diese Angabe stimmt mit den Behauptungen der Düngemittelerzeuger überein, wonach die Hälfte der heute lebenden Menschheit ihre Existenz der Düngung verdankt. Die Sache funktioniert so gut, dass man sie maßlos übertreiben kann: Heute besteht kein Mangel an Viehdung, sondern ein so großer Überschuss, dass man nicht mehr weiß, wohin damit. Deutschland ist überdüngt. Möglich wird das durch die Einfuhr von Kraftfutter aus anderen Ländern und eine bisher nicht da gewesene Turbomast aller möglichen Tiere, um billiges Fleisch zu erzeugen. Das Futter überhaupt herzuschaffen, ist nur durch fossilen Treibstoff möglich – der eben sagenhaft billig ist und nicht teuer, wie die Autofahrer nicht müde werden uns vorzujammern. Heute werden jedes Jahr 100 Millionen Tonnen Ammoniak hergestellt, immerhin 1,4 Prozent des Weltenergiebedarfs verschlingt diese Reaktion! Etwa die Hälfte der fast sieben Milliarden Menschen, die heute auf der Welt leben, könnten ohne Kunstdünger, das heißt, ohne eine praktikable Ammoniaksynthese, gar nicht leben – dass eine Milliarde hungert, hat Verteilungsgründe, es liegt nicht am Düngermangel.
    Die Ammoniaksynthese hat nicht nur bewirkt, dass wir heute doppelt so viele sind – sie hat auf der anderen Seite auch zu einer gewissen Menschenreduktion geführt, was in den Darstellungen des Verfahrens immer weggelassen wird. Ohne die erfolgreiche Durchführung der ersten Hochdrucksynthese hätte es kein Benzin aus Kohle gegeben – und Deutschland hätte den Zweiten Weltkrieg nicht führen können.
    Was bleibt? Zwiespalt. Für radikale Ökologen ist die Bilanz sicher negativ – die Vorstellung einer ohne die Ammoniaksynthese nur halb so bevölkerten Welt muss ihnen sympathisch sein; Schießpulver und Sprengstoffe wären etwas Seltenes und Teures, man müsste mit den Vorräten der Atacama sorgsam umgehen. Und für die anderen? Die mögen sich vorstellen, dass bei beschränkten Nahrungsressourcen die Beschränkung der Bevölkerung nicht durch Familienplanung erfolgen würde, sondern durch Hunger …

Antibabypille
    In Deutschland gibt es fast 9000 zugelassene Arzneimittel, eine hohe Zahl, also fast neuntausend »Pillen« mit ihren Fantasienamen und zungenbrecherischen chemischen Bezeichnungen ihrer Inhaltsstoffe auf der Packung – aber nur eine hat es geschafft, unter dem Überbegriff Pille bekannt zu werden; als Pille an sich, somit als Inbegriff des Medikaments: die Pille .
    Ja eben: die Pille.

    Eine einigermaßen abschreckende Formel, aber keine Angst, diesen vier Ringen begegnen Sie, wenn Sie das interessiert, in zahlreichen Naturstoffen. Jede Ecke bezeichnet ein Kohlenstoffatom, H steht bekanntermaßen für Wasserstoff, O für Sauerstoff. Von jedem Kohlenstoffatom müssen vier Bindungen ausgehen, wo das in der Zeichnung ersichtlich nicht der Fall ist (bei den meisten Ringatomen), dürfen Sie einen oder zwei Bindungsstriche dazumalen – mit einem Wasserstoffatom am Ende; wenn Sie das ma chen, werden Sie feststellen, dass kaum Platz ist, man hat diese vielen Wasserstoffatome (19 von insgesamt 24), die sowieso da sind, in der Zeichnung einfach weggelassen. Was fällt noch auf?
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