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Von ängstlichen Drachen, halben Mänteln und zahmen Wölfen - die schönsten Heiligenlegenden neu erzählt

Von ängstlichen Drachen, halben Mänteln und zahmen Wölfen - die schönsten Heiligenlegenden neu erzählt

Titel: Von ängstlichen Drachen, halben Mänteln und zahmen Wölfen - die schönsten Heiligenlegenden neu erzählt
Autoren: Patmos
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seinen Heiratsplänen und rennt mir auf Schritt und Tritt nach.“
    So gut es eben ging, richtete sie sich in den nächsten Tagen in ihrem Turm ein. Mit der Zeit wurde es ihr ein bisschenlangweilig, aber was ihr wirklich fehlte, waren ihre Freunde, die Christen. Sie hatte sie schon vor einer ganzen Weile kennengelernt. Damals war eine gute Freundin von ihr gestorben. Sie war krank geworden und hatte schreckliche Schmerzen gehabt, wochenlang. Als sie starb, war Barbara schrecklich traurig gewesen und hatte die Eltern besuchen wollen, um sie ein wenig zu trösten und mit ihnen die Trauer zu teilen. Aber als sie dort ankam, waren die Eltern so ganz anders gewesen, als sie es befürchtet hatte. Sie waren traurig, natürlich, aber das Haus war voll von Menschen gewesen, die sie liebevoll in den Arm nahmen und bei ihnen blieben, für sie kochtenund sich um die anderen Kinder kümmerten. „Es tut mir so leid für euch“, hatte sie zu den Eltern gesagt, „ich kann es nicht verstehen, warum sie sterben musste!“ „Sei nicht traurig, Barbara“, hatte die Mutter geantwortet, „sie ist jetzt bei Jesus, sie hat keine Schmerzen mehr, und wenn wir sterben, werden wir uns wiedersehen. Sie ist nicht tot, sie ist nur schon mal vorausgegangen zu diesem Ort.“ Barbara war verblüfft – und wollte mehr wissen. Und so hatte sie von Jesus, von seinem Leben, von seinem Tod und seiner Auferstehung erfahren. Und von den Christen, die so leben wollten, wie Jesus gelebt hatte: voll Liebe zu seinen Mitmenschen.
    Natürlich hatte ihr Vater ihr verboten, sich mit diesen Menschen zu treffen, aber Barbara war ja nicht dumm. Und so war sie heimlich zu ihnen gegangen, wenn es sein musste, auch nachts. Nun waren diese Menschen wirklich ihre Freunde und sie fehlten ihr sehr.
    Eines Nachts hörte sie draußen vor ihrem Turm einen seltsamen Vogel. Immer wieder stieß er denselben Ruf aus – bis Barbara plötzlich aufsprang. Natürlich war das gar kein Vogel, sondern ein Mensch, der einen Vogel nachmachte! Sie rannte zu ihrem Fenster und sah Felix, einen ihrer christlichen Freunde, unten am Turm stehen. „Barbara, wie geht es dir? Können wir etwas für dich tun?“, rief er leise hinauf. „Felix, wie schön, dich zu sehen!“, antwortete Barbara glücklich. „Mir ist nur ein bisschen langweilig, sonst geht es mir gut“, sagte sie. „Man erzählt sich, dass es einen geheimen Gang vom Turm bis zur alten Mühle draußen vor dem Dorf gibt“, flüsterte Felix. „Morgen Nacht werden wir versuchen, ihn zu finden, und kommen dich dann besuchen!“ „Das wäre ja fast zu schön, um wahr zu sein!“, rief Barbara. „Psst, leise!“, ermahnte sie Felix, „die Wachen! Also dann, auf morgen Nacht!“ Und damit war er im Gebüsch verschwunden.
    Barbara konnte den nächsten Abend kaum erwarten. Und tatsächlich: Irgendwann kratzte und rumpelte es im Fußboden und dann öffnete sich eine Klappe, aus der ihr Felix und ein paar andere Christen fröhlich entgegengrinsten. Barbara war sprachlos – und glücklich!
    In den folgenden Nächten besuchten sie der Reihe nach alle ihre Freunde und brachten ihr allerhand Geschenke mit. Barbara konnte es gar nicht richtig fassen. „Warum kommst du nicht mit uns und fliehst?“, fragte sie Felix an einem Abend. „Weil mein Vater mich dann töten würde, bekäme er mich in die Finger“, meinte Barbara traurig. „Solange er mich hier eingesperrt weiß, lässt er mich in Ruhe und ich kann tun und lassen, was ich will.“ Felix nickte. „Das kann ich verstehen.“ Dann schwiegen sie eine Weile. „Aber eine Bitte hätte ich“, sagte Barbara irgendwann. „Ich hatte so viel Zeit zum Nachdenken hier und nun weiß ich, dass ich unbedingt zu euch gehören will. Ich möchte mich taufen lassen. Meinst du, du kannst das organisieren?“ Ein Leuchten ging über Felix Gesicht. „Aber sicher!“, antwortete er. Wenn du willst schon morgen Abend. Aber dazu musst du uns in die alte Mühle begleiten. Dort wollen wir die Gemeinde versammeln und dich taufen.“ Barbara war einverstanden und so kam Felix in der nächsten Nacht, um sie abzuholen. Barbara war aufgeregt. „Ich freue mich so darauf, nun endlich in eurer Gemeinde aufgenommen zu werden!“, flüsterte sie, als sie durch den Gang schlichen. „Ich auch!“, sagte Felix, ohne sich umzudrehen.
    Alle waren da, als sie aus dem Gang stiegen, und alles war hell erleuchtet durch Fackeln und Kerzen, die die anderen in ihren Händen hielten. „Barbara, herzlich
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