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Von ängstlichen Drachen, halben Mänteln und zahmen Wölfen - die schönsten Heiligenlegenden neu erzählt

Von ängstlichen Drachen, halben Mänteln und zahmen Wölfen - die schönsten Heiligenlegenden neu erzählt

Titel: Von ängstlichen Drachen, halben Mänteln und zahmen Wölfen - die schönsten Heiligenlegenden neu erzählt
Autoren: Patmos
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willkommen!“ So viele Hände, die sich ihr entgegenstreckten, so viele offene Arme, in die sie geschlossen wurde. Dann wurde sie getauft und zog sich anschließend das weiße Kleid an, das ihr die anderen aus der Gemeinde zum Zeichen für ihre Taufe geschenkt hatten.
    Lächelnd trat sie später wieder den Rückweg durch den Tunnel an. Doch als sie im Turm die Klappe im Boden öffnete, erwartete sie eine böse Überraschung: Breitbeinig stand ihr Vater über ihr und kochte vor Wut. „Wo kommst du her?“, schrie er sie an und zerrte sie an den Haaren. Da war es Barbara plötzlich egal. „Ich komme gerade von meiner Taufe, jetzt bin ich Christin, Vater! Und in Zukunft werde ich mir von dir gar nichts mehr vorschreiben lassen!“ Da schlug sie der Vater mitten ins Gesicht. „Werft sie in den Kerker!“, befahl er seinen Wachen. Die zogen die Köpfe ein und konnten es nicht fassen, dass ein Vater so mit seiner Tochter umging. Dennoch führten sie sie noch in der Nacht durch den Wald in die Stadt und sperrten sie ein.
    Bald war Barbara wieder einmal allein in ihrem Gefängnis – nur diesmal war es nicht ihr Turm, sondern ein feuchter und kalter Keller. Sie hatte keine Angst, auch wenn sie sich sicher war: Hier würde sie nicht mehr lebend herauskommen. Ihr Vater fühlte sich gedemütigt, er wollte jetzt der ganzen Welt beweisen, mit welch eiserner Faust er regierte und dass ihm keiner in die Quere kommen durfte – nicht einmal seine eigene Tochter. Doch irgendwie war Barbara seit ihrer Taufe wie mit einem Licht angefüllt, ihr war es plötzlich egal, dass sie sterben würde. Sie dachte an das, was die Eltern ihrer Freundin ihr gesagt hatten: „Sie ist nicht tot, sie ist jetzt bei Jesus. Und wir werden sie wiedersehen.“ Daran glaubte sie. Als sie so da saß und nachdachte, spürte sie plötzlich etwas Hartes, das sich in ihrem Haar verfangen hatte. Es war ein Kirschblütenzweig, an dem die Knospen noch verschlossen waren. „Du wirst blühen und allen zeigen: Selbst wenn ich sterbe, geht das Leben weiter. Auch im Dunkeln, in schweren Zeiten, im Winter ist das Leben nur verborgen, es kommt immer wieder.“ Dann stellte sie den Zweig in den Wasserkrug, den die Wachen ihr gegeben hatten.
    Am nächsten Morgen kam ein Gerichtsdiener in ihre Zelle. „Barbara, der Stadthalter Marcianus hat dich auf Geheiß deines Vaters Dioscuros zum Tod verurteilt“, sagte er. „Hast du noch einen letzten Wunsch?“ „Ja, bitte sorge dafür, dass Felix, der Schmied im Dorf, diesen Zweig erhält“, sagte Barbara und hielt ihm den Kirschzweig entgegen. Erstaunt nahm der Gerichtsdiener ihn in die Hand. „Ich kümmere mich selbst darum“, sagte er dann. „Ich habe eine Tochter in deinem Alter und ich kann einfach nicht verstehen, wie ein Vater so handeln kann“, fügte er leise hinzu. Dann wurde Barbara abgeführt und zum Marktplatz gebracht. Ihr Vater selbst war es, der ihr den Kopf abschlug.
    Der Zweig aber fand seinen Weg zu Felix, dem Schmied. Er blühte, obwohl es rings um noch Winter war. Und obwohl er um Barbara weinte, musste er doch auch lächeln. Er hatte die Botschaft des Kirschbaumzweigs verstanden. „Wir sehen uns wieder, Barbara“, flüsterte er in die Blüten.
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    Namenstag:
    4. Dezember

Wie Georg, der beinah Furchtlose, dem Drachen zeigte, wo es lang geht
    Georg war ein stolzer Ritter. Er zog durch das ganze Land, um für das Gute zu kämpfen. Kam er in eine neue Stadt, dann stellte er sich in seiner glänzenden Rüstung und mit seinem prächtigen
    Pferd mitten auf den Marktplatz und rief: „Ich bin Georg, der Furcht-
    lose! Wo gibt es einen Teufel, den ich bei den Hörnern packen,
    einen Drachen, den ich besiegen, eine Jungfrau, die ich retten, oder
    einen Armen, dem ich Recht verschaffen soll?“ Und immer gab es einen Teufel, einen Drachen, eine Jungfrau oder einen Armen und Georg stürzte sich für oder gegen ihn in den Kampf. Georg war
    nicht nur stolz und ohne Furcht, er war auch tapfer und mutig. Und
    das hatte ihm über die Jahre jede Menge Narben eingebracht. Und nicht nur das: Mehrmals schien er schon tot am Boden zu liegen, aber er war immer wieder aus der Ohnmacht erwacht oder trotz seiner vielen Wunden wieder gesund geworden.
    „Georg, wie machst du das?“, fragten ihn die Menschen erstaunt. „Nicht ich bin der, der das tut“, sagte Georg dann immer, „es ist Gott, der seine Hand über mich hält. Er will, dass ich die Menschen weiter beschütze und für sie kämpfe. Daher lässt er mich
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