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Vom Tod verführt: Roman (German Edition)

Vom Tod verführt: Roman (German Edition)

Titel: Vom Tod verführt: Roman (German Edition)
Autoren: Kalayna Price
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niemand außer Schattenhexen, wie ich eine bin.
    Vielleicht hätte ich meinen Schild doch ein klitzekleines bisschen geöffnet, gerade weit genug, um zu hören, was der Geist sagte. Doch in ebendiesem Moment tauchte John wieder auf. Das heißt, als Erstes sah ich die Bahre, die er schob und die die schimmernde Geisterform durchbrach. Der Geist kniff die Lippen zusammen, während er die Bahre betrachtete, die durch seine Hüften glitt.
    Ich schaute schnell weg, um nicht zu sehen, wie auch noch John durch den Geist glitt. Es ist beunruhigend, solche Dinge zu beobachten.
    » Welche Leiche ist das?«, wollte ich wissen und deutete mit dem Kopf auf die Gestalt, die sich unter dem Laken abzeichnete.
    » Sag du’s mir.« John blieb in der Mitte des Raums stehen. Sein Schnauzbart zuckte, als er lächelte. » Und? Schaffst du es, heute Abend zum Essen zu kommen?«
    Stimmt, heute ist ja Dienstag. Ich nickte. » Kannst du mich in deinem Wagen mitnehmen?«
    » Klar.« Er schob eine zweite Bahre herein. Der Leichnam befand sich noch in einem schwarzen Leichensack. Der Geist war inzwischen verschwunden. John schob die Bahre neben die andere. » Maria macht Koteletts. Ein paar der Jungs vom Revier werden auch da sein.«
    Mein Magen knurrte. Ich drückte mit den Armen dagegen, versuchte, ihn zum Schweigen zu bringen. Ganz toll, posaun doch gleich heraus, dass ich nicht nur das Frühstück, sondern auch das Mittagessen hab ausfallen lassen.
    Ich stellte meine Tasche neben mir auf den Boden und zog die schwarze Lippenstifthülle heraus, in der ich meine Ölkreide aufbewahre. Dann bückte ich mich, drückte die Kreide gegen den Linoleumboden und begann, den Schutzkreis zu ziehen. Im Entengang bewegte ich mich um die beiden Bahren herum.
    Inzwischen bereitete John alles für die Aufnahme vor. Eigentlich diente die Kamera dazu, die Autopsien aufzuzeichnen, doch John lieh sie sich jedes Mal aus, wenn ich einen Schatten beschwor.
    » Hab gehört, dass du fast unter Mordverdacht geraten wärst.«
    Mir fiel die Kreide aus der Hand. » Was? Nein, ich…« Die Kreide rollte Richtung Abfluss, und ich krabbelte hinterher. » Ich meine, die Witwe dachte, dass ich… Aber Tamara hat mich von jedem Verdacht reingewaschen.«
    Johns Schnauzbart zitterte heftig bei dem Versuch, nicht zu lachen. Ich runzelte die Stirn, als das Lachen doch aus ihm herausbrach.
    Es war nicht komisch.
    Trotzdem wirkte sein Lachen ansteckend. Ich ertappte mich dabei, wie ich lächelte, während ich den Kreis schloss.
    » Aber es hätte schon ernst werden können«, sagte ich und schob die Kreide zurück in die Hülle. » Wenn ein anderer Gerichtsmediziner gekommen wäre, säße ich jetzt vielleicht in einer Zelle und müsste das Ergebnis der Autopsie abwarten.« Dem Verdacht ausgesetzt zu sein, durch Magie getötet zu haben, ist etwas, was ich definitiv niemals erleben will. Magisch Unbegabten fällt es auch so schon schwer genug, den Unterschied zwischen Todesmagie und Schattenmagie zu begreifen– wobei unglücklicherweise Letzteres mein Spezialgebiet ist.
    Gott sei Dank war Tamara nicht nur die Chef-Gerichtsmedizinerin, sondern auch eine zertifizierte sensitiv Begabte. Schneller und genauer als jeder Identifizierungszauber konnte sie Magie entdecken, und außerdem vermochte sie deren gewünschten Zweck zu erkennen– wozu ein Identifizierungszauber nicht in der Lage ist. Außer dem Ritual, mit dem ich den Schatten heraufbeschworen hatte, und einem Zauberspruch, der die Blumen frisch halten sollte, hatte sie keine Magie am » Tatort« aufspüren können. Bakers Ableben war also nicht durch einen Zauber bewirkt worden.
    Nun, da der Kreis geschlossen war, richtete ich mich wieder auf und steckte die Kreide weg.
    John drückte auf einen Knopf, und die Kamera lief. » Fertig?«
    Ich nickte, schloss die Augen und machte meinen Kopf von allem Überflüssigen frei. In dem Obsidianring an meiner rechten Hand pulsierte die Energie, die ich gespeichert hatte. Mit meinem Geist zapfte ich sie an, zog einen hauchdünnen Faden Magie heraus. Viel war nicht mehr vorhanden, ich hatte keine Gelegenheit gehabt, den Ring nach dem Ritual für Henry Baker wieder aufzuladen, doch es würde reichen. Ich leitete die Energie in den Kreis, wo sie lebendig wurde. Mit hellblauer Kraft summte sie hinter meinen Lidern.
    Nun kam der » vergnügliche« Teil.
    Ich unterbrach die Verbindung zu der in meinem Ring gespeicherten Magie und öffnete den Verschluss meines schmalen Silberarmbands mit all den
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