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Vom Tod verführt: Roman (German Edition)

Vom Tod verführt: Roman (German Edition)

Titel: Vom Tod verführt: Roman (German Edition)
Autoren: Kalayna Price
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Wand, die muskulösen Arme vor der breiten Brust verschränkt. Er lächelte, ganz teuflische Unschuld, und sein dunkles Haar fiel ihm nach vorn bis zum Kinn.
    Ich sah ihn böse an und hob meine Tasche vom Boden auf. Ich konnte ihm wegen Bakers Tod nicht wirklich einen Vorwurf machen, schließlich erledigte er nur seinen Job, aber…
    » Du hättest wenigstens so lange warten können, bis er mir mein Geld gegeben hat.«
    Er zuckte mit den Schultern. » Machte nicht den Eindruck, als hätte er das vorgehabt.«
    Das stimmte. Vielleicht. Drüben gingen die fieberhaften Bemühungen um Baker weiter. Das dürfte verdammt schlecht fürs Geschäft sein.
    Ich kramte in meiner Handtasche. Das Portemonnaie ignorierte ich, schließlich wusste ich ja, dass es leer war. Unter der Kreide, die ich brauche, um meinen Kreis zu ziehen, unter dem rituellen Keramikmesser, meinem Handy und meinem Führerschein fand ich drei einzelne Cent, ein Zehn-Cent-Stück, zerknülltes Silberpapier und eine Büroklammer.
    Der Tod betrachtete die Schätze, die auf meiner Handfläche lagen. » Willst du ein Kaugummi kaufen?«
    » Ich suche Busgeld. Um nach Hause zu kommen.«
    Wir runzelten beide die Stirn. Dreizehn Cent reichten bei Weitem nicht, und die Tierarztrechnung hatte meine letzten Reserven aufgezehrt. Bis ich wieder Geld für einen Auftrag bekam, war ich pleite.
    » Arbeitest du nicht für den Bezirksstaatsanwalt im Amanda-Holliday-Prozess?«, fragte der Tod.
    Ich ließ die Münzen zurück in meine Tasche fallen. » Ich werde den Schatten erst morgen in den Zeugenstand rufen. Und dann muss ich warten, bis die Stadt oder wer auch immer den Scheck ausstellt.«
    Ich sollte der Staatsanwaltschaft den besten Zeugen verschaffen, den es gab. Zum allerersten Mal würde das Opfer nicht durch den eigenen Tod davon abgehalten, seinen Mörder anzuklagen. Dennoch, die Schlagzeilen waren kontrovers: In manchen Zeitungsartikeln nannte man mich die » Stimme der Verstummten«, in anderen die » Fälscherin der Totenstimmen«. Lediglich eins war sicher: Es war eine aufregende Neuigkeit.
    Mir aber war etwas ganz anderes wichtig: Falls mich die Verteidigung nicht in Stücke zerriss, hatte ich die Chance, auf der Gehaltsliste von Nekros City zu landen und dadurch zu einem festen Einkommen zu gelangen, statt nur gelegentlich als Beraterin der Polizei engagiert zu werden. Dann würde ich mich nicht länger mit solchen Geizkragen wie Henry Baker herumschlagen müssen.
    » Bleibst du noch?« Der Tod deutete mit dem Kopf auf Bakers Leichnam.
    Bakers Sohn versuchte immer noch, den Verstorbenen wiederzubeleben, mühte sich weiter darum, seinen Vater zurückzuholen. Doch die eben verwitwete Ehefrau hatte inzwischen alle Hoffnung aufgegeben. Sie klammerte sich an den Bestattungsunternehmer, der sie zu den Sitzen in der vordersten Reihe führte. Seine Assistentin konnte ich nirgends entdecken.
    » Ja, ich bleibe. Ich habe keine Lust, mir vorwerfen zu lassen, ich hätte mich vom Tatort geschlichen.«
    Der Tod hob die von schwarzem Stoff umspannten Schultern leicht an. Während er sie wieder sinken ließ, verschwand er. Ich hasse es, wenn er das macht. In der einen Sekunde ist er noch da, in der nächsten verschwunden. Doch er würde zurückkommen. Das tut er immer.
    Ich zuckte zusammen, als Freddie Mercurys Stimme deutlich hörbar aus meiner Handtasche klang und » We will rock you« sang. Der Blick der Witwe schoss zu mir herüber, ihre Augen unter den mascaraschwarzen Wimpern hart wie Stein.
    Vielleicht war dieser Klingelton doch nicht so angebracht in einer solchen Situation…
    Ich wandte mich ab, holte mein Telefon heraus und schaute auf das Display. Die Nummer war mir unbekannt. Bitte, lass es einen Auftraggeber sein, niemanden, der Geld von mir will! Ich klappte das Handy auf. » Sie sind mit ›Eine Stimme für die Toten‹ verbunden. Alex Craft am Apparat.«
    » Alexis?«
    Ich nahm das Handy vom Ohr und blickte erneut auf das Display. Die Nummer war mir noch immer unbekannt.
    » Alexis«, wiederholte die Frauenstimme, » bist du noch dran? Ich brauche deine Hilfe.«
    » Casey?«
    Als Bestätigung erklang ein erstickter Seufzer. Meine Schwester rief mich sonst nie an. Ich überlegte, was ich erwidern sollte.
    » Was für Hilfe?« Ich verzog das Gesicht. In meinem Kopf hatte sich das viel sensibler angehört.
    » Hast du die Zeitung gelesen?«
    » Heute noch nicht.«
    Casey versagte die Stimme. Sie brauchte zwei Anläufe, bis sie den Satz herausbrachte: » Sie haben
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