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Vom Liebesleben der Stechpalme: Roman (German Edition)

Vom Liebesleben der Stechpalme: Roman (German Edition)

Titel: Vom Liebesleben der Stechpalme: Roman (German Edition)
Autoren: Maria Kolenda
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eine reinrassige Deutsche …«
    »Deutsche
Touristen habe ich besonders gerne. Außerdem haben wir hier fließendes Wasser.«
Sie drückte mir einen Prospekt in die Hand.
    »›Familiäre
Atmosphäre und regionale Küche. Tiere mitbringen nicht erlaubt.‹«
    »Und was
soll das? Tiere verboten«, murmelte ich irritiert.
    Kurt beugte
sich zu mir und flüsterte: »Erzähl doch, dass deine Dogge sehr angenehme menschliche
Eigenschaften besitzt. Sie kuschelt gerne und ist verrückt nach Geflügelfleisch
aus der Region.«
    »Ich habe
Sie nicht verstanden«, die Pensionswirtin sah Kurt vorwurfsvoll an. »Mein Deutschkurs
fängt erst nächste Woche an.«
    »Herr Schöne
sagt, dass Sie bezaubernde Augen haben«, log ich auf Polnisch.
    »Kein Wunder.
Es hat mich ein Vermögen gekostet, die Wimpern verlängern zu lassen. Was ist denn
nun mit diesem Ben, will er sich nicht wenigstens das Zimmer ansehen?«
    »Er kann
schlecht Treppen steigen«, sagte ich. »Wie alle großen Hunde.«
    »Ihr Bekannter
ist ein Hund?«
    »Ja, eine
reinrassige Dogge.«
    »Eine echte
Dogge?«, die Pensionswirtin zog die Augenbrauen hoch. »Die will ich sehen! Ich bin
nämlich nur gegen kleine Tiere allergisch. Hamster, Terrier und so ein Zeug.«
    Zusammen
gingen wir zum Wagen, ich öffnete die Heckklappe und Ben stelzte heraus.
    »Jawohl«,
sagte die Wirtin. »So muss ein Hund aussehen. Groß und stark. Ist er bissig?«
    »Keine Sorge.«
    Zu meiner
Überraschung rümpfte sie die Nase. »Schade, ich liebe kampftüchtige Hunde.«
    »Ist das
wirklich wahr?«, rief ich. »Da haben Sie wirklich großes Glück. Normalerweise ist
Ben ein angriffslustiges Ungeheuer. Nur vorübergehend ein bisschen langsam und verträumt,
vielleicht wegen der Reisestrapazen. Seine letzte Beißattacke liegt erst zwei Tage
zurück. Er verwechselte meinen Hausbesitzer mit seinem Knabberknochen …«
    »Stark.«
Sie nickte anerkennend und sah dabei Kurt an. »Ich habe nämlich eine Schwäche für
aggressive Hunde und harte Männer.«
    Nun musste
ich Kurt anpreisen, ich drückte seinen Oberarm. »Hart wie Stahl. Der Mann hat in
seiner Jugend exzessiv Gewichtheben betrieben. Die 50-Kilo-Langhantel wirft er noch
heute wie einen Spazierstock durch die Lüfte. Sie werden Ihre wahre Freude mit den
beiden haben.«
    Kurt grinste.
    Die Pensionswirtin
sah ihn mit glasigen Augen an und hauchte: »In Ordnung. Der Hund darf im Vorraum
schlafen.«
     
    Eine Stunde später stiegen wir am
Stadtrand von Jelenia Góra aus dem Auto. Über dem Türportal einer frisch restaurierten
Villa leuchtete in geschwungenen Lettern die Aufschrift ›Heimatmuseum‹. Kurt schnappte
sich seinen Spazierstock und wir eilten die breite Treppe hoch, auf eine geöffnete
Tür zu. Wir waren festlich gekleidet, Kurt hatte seinen grünen Tropenhelm gegen
einen weißen eingetauscht, ich trug rote ellenbogenlange Spitzenhandschuhe. Ansonsten
klassisch: eine Leinenkombination in schwarz. Die weißen Hundehaare, die sich für
alle Zeiten mit dem Stoff verwoben hatten, verliehen meiner Kreation einen originellen,
grau melierten Schick. Wir schafften es durch den kühlen Vorraum in die Vorhalle,
als uns ein Jüngling mit pflegeleichtem Stoppelschnitt den Weg versperrte. »Die
Einladungen, bitte.«
    Auf seinem
schneeweißen Hemd stand ›Security‹, darunter zuckten Muskelberge. Beides verhieß
nichts Gutes. Ich boxte Kurt leicht in die Seite. »Du hast die Karten. Unsere Wirtin
hat sie dir doch in die Hand gedrückt.«
    »Nein, ich
hab sie nicht.«
    Der Security-Mann
machte einen Schritt auf uns zu, wir traten zurück. Reine Überlebenstaktik. In seinen
Augen blitzte etwas wie Interesse, vielleicht hatte er Lust auf ein wenig Abwechslung,
eine kleine Rauferei? Nervös kramte ich in meiner Handtasche und wurde fündig. Triumphierend
zog ich die Einladungen hervor und wollte den Zerberus zur Seite schieben, besann
mich aber eines Besseren. Womöglich würde er explodieren, wenn ich seine aufgeblähten
Muskeln nur antippte. In großem Bogen gingen wir an ihm vorbei.
    Der Raum,
den er bewachte, war eine geräumige Halle, vollkommen leer bis auf einen langen,
mit Getränken und Gläsern vollgestellten Tisch. In dessen Mitte wuchs eine Obstpyramide
in die Höhe. Einige Personen standen angespannt herum, als warteten sie nur auf
das Startsignal, um sich auf die Getränke stürzen zu können. Kurt berührte mich
leicht am Arm.
    »Sind wir
hier richtig? Zur Ausstellungseröffnung? Ich dachte eher an Bilder.«
    »Andere
Länder, andere
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