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Vom Liebesleben der Stechpalme: Roman (German Edition)

Vom Liebesleben der Stechpalme: Roman (German Edition)

Titel: Vom Liebesleben der Stechpalme: Roman (German Edition)
Autoren: Maria Kolenda
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Intensivstation liegt.«
    Mit einer
lässigen Bewegung zupfte ich den rechten Handschuh von meinen Fingern und seufzte
mitfühlend. »Nichts hält eine Ehe so gut zusammen wie gemeinsame Vorlieben, die
zum Alkohol besonders. Wird sie ihm folgen?«
    »Sie ist
nicht betrunken.«
    »Hat sie
sich auf andere Stoffe spezialisiert?«
    »Nein. Ihr
Mann hatte einen Autounfall. Vor einer Stunde. Roman war auf dem Weg hierher. Da
ich mit den beiden befreundet bin, muss ich mit Wanda ins Krankenhaus fahren.« Jan
ergriff meine Hand und drückte sie an seine Lippen. »Leider muss ich dich jetzt
verlassen.«
    »Kommst
du später zurück?«
    »Das glaube
ich kaum, aber morgen will ich dich unbedingt sehen, Valeska.«
    »Und wo?«
    »Bei mir
zu Hause. Ich hole dich ab. Dann können wir in Ruhe über alles reden.«
    Die verführerischen
Handschuhe stopfte ich tief in meine Handtasche und nickte. Was blieb mir auch anderes
übrig. Nachdem Jan gegangen war, trank ich allein weiter, allerdings nicht sehr
lange. Bald war ich von Gästen umringt, die um mein Wohlergehen so besorgt waren,
dass sie unbedingt ein Gläschen auf meine Gesundheit heben wollten. Es stand anscheinend
ganz schlecht um mich, denn der Ruf »Na zdrowie!« ertönte bis weit nach Mitternacht.

3.
     
    Am nächsten Tag aß ich zum Frühstück
Essigheringe, Essiggurken und in Essig eingelegte Mischpilze. Danach war mein Blick
klar und mein Verstand wieder einigermaßen nüchtern. Kurt trank Bier. Das landestypische
Heilmittel, von der Pensionswirtin empfohlen. Auch nicht schlecht, zudem euphorisierend.
Er lachte viel und lehnte sich immer wieder weit aus dem Fenster hinaus, um die
Aussicht zu genießen. Zum Glück lag das Frühstückszimmer nur eine Malvenhöhe über
der Erde. Nachdem Kurt versucht hatte, die Schneekoppe an der Backe zu kitzeln,
fiel er auf die moosbedeckte Erde und blieb unterm Fenster liegen. Ben eilte herbei,
um zu helfen. Aber noch bevor er sein Maul mit den triefenden Lefzen in Kurts Gesicht
drücken konnte, zwecks Mund-zu-Mund-Beatmung, krabbelte Kurt ins Zimmer zurück.
Später genoss er das Bergpanorama weit vom Fenster entfernt sitzend und mit geschlossenen
Augen.
    »Möchte
Herr Schöne etwas über die traditionelle polnische Küche erfahren?«, fragte die
Pensionswirtin.
    Kurt öffnete
die Augen und antwortete vielsagend: »Hmmm.«
    Sie betastete
kokett ihre Frisur, eine modische Variation eines Legionärhelmes, an den Seiten
länglich, die Oberfläche glänzend und chemisch imprägniert. Fliegen, die sich von
dem Geruch anlocken ließen, fielen eine nach der anderen betäubt zu Boden. »Haben
Sie ja gesagt?«
    »Aber selbstverständlich.
Ich bin kulinarisch sehr aufgeschlossen.«
    »Das höre
ich gerne. Heute werde ich schlesische Klöße frisch zubereiten. Nur für Sie.« Sie
beugte sich zu ihm hinunter, was das enge Kleid mühelos mitmachte, die edlen Polyesterfasern
im Rücken dehnten sich und die schmalen Lilien weiteten sich zu Seerosen. Kurt gefiel
wohl der Gedanke, in einem Seerosenteich zu ertrinken, denn er grinste breit.
    »Mit Gulasch
und Weißkrautsalat«, ergänzte die Wirtin ihr Angebot und lief hinaus.
    »Sehr interessant«,
murmelte er schläfrig. »Jetzt muss ich aber ein Weilchen darüber nachdenken. In
meinem Zimmer.«
    Sein Schnarchen,
das bald durch das geöffnete Fenster ins Freie drang, ließ Ben aufhorchen. Mit lautem
Gebell tat er kund, dass Gefahr im Anzug war. Der Hund brachte mich auf Trab, ich
ging in den Garten.
    »Ruhig,
Ben, das ist nur Kurt. Kein Einbrecher mit einer Bohrmaschine.«
    Wahrscheinlich
hatte er kein Vertrauen in meine Worte, denn er bellte weiter.
    »Sind Sie
Frau Lem?«, hörte ich eine männliche Stimme von der Gartenpforte her. Ein großer,
gut aussehender Mann stand davor und schaute in meine Richtung.
    Sein Gesicht
kam mir bekannt vor. »Woher kennen Sie meinen Namen?«
    »Wir sind
uns gestern Abend bei der Ausstellung begegnet. Darf ich kurz zu Ihnen kommen?«
    »Ja.«
    »Wunderbar,
da habe ich Glück. Ich wollte schon zurückgehen, aber dann sah ich Sie im Garten.
Die Schöne und das Biest, wenn man so sagen darf.«
    Kräftig
stieß er die Gartenpforte auf, machte einen respektvollen Bogen um Ben und kam auf
mich zu. »Inspektor Tomasz Kowalski von der hiesigen Polizei. Heute in Zivil.«
    Geschmeichelt
lächelte ich ihn an. Polnische Männer weichen gerne und oft von ihrem Weg ab, nur
um einer Frau ein Kompliment zu machen. Sogar Polizisten.
    »Sie sind
gestern aus Berlin gekommen, wie ich
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