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Vom Liebesleben der Stechpalme: Roman (German Edition)

Vom Liebesleben der Stechpalme: Roman (German Edition)

Titel: Vom Liebesleben der Stechpalme: Roman (German Edition)
Autoren: Maria Kolenda
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halt kein Glück bei Frauen.«
    »Das glaube
ich nicht. Die Mädchen liefen dir nach.«
    »Nur wegen
den italienischen Pullovern, die ich damals verkaufte. Aber im Ernst, Valeska, so
eine wie dich habe ich nie wieder getroffen.«
    Der Satz
klang wundervoll in meinen Ohren. Die reinste Musik, besonders nach den Misstönen
der letzten Monate. Endlich wendete sich das Blatt. Das Schicksal zog einen Trumpf
aus dem Ärmel und schob ihn mir zu. Diese Karte musste ich nun geschickt ausspielen.
    »Demnächst
bin ich dienstlich in Polen. Vielleicht können wir uns sehen?«
    »Aber gerne!
Für wen arbeitest du?«
    »Für mich
selbst, ich habe ein Übersetzungsbüro.«
    »Ach, tatsächlich!
Und, viel los?«
    »Ziemlich.
Mein Büro wird oft aufgesucht. Besonders von meinem Vermieter.«
    »Du kommst
wie gerufen, Valeska. Vor längerer Zeit hatte ich eine neue Geschäftsidee und suche
seither Kontakte in Berlin. Zusammen können wir viel Geld verdienen.«
    »Nein, nein«,
sagte ich schnell. »Keine Geschäfte. Nicht wie damals. Worum geht’s diesmal?«
    »Also, es
ist … es ist nicht wie früher. Es wird dir gefallen. Die Sache ist ganz einfach.«
    Lange schwärmte
er mir von irgendwelchen Kühlschränken, von Sondermüll und Gewinnspannen vor. Hin
und wieder murmelte ich »Alles klar« oder »Na, so was«, aber ich hörte nicht richtig
zu. Es war der raue, erotische Unterton in seiner Stimme, der meine Entscheidung
beschleunigte. »Also, morgen könnte ich bei dir vorbeikommen, Jan.«
    »Toll, eine
klare Antwort. Am Nachmittag werde ich in meinem privaten Museum eine Ausstellung
eröffnen.«
    »In deinem
was? Museum? Soll ich dir das glauben?«
    »Na, dann
komm einfach her. Wenn du möchtest, reserviere ich für dich ein Zimmer. Es sei denn,
du möchtest in meinem bescheidenen Heim übernachten.«
    »Warte bitte«,
unterbrach ich ihn. »Ich rufe dich gleich zurück.«
     
    Ich legte auf, rannte die Treppe
hoch in den zweiten Stock und klingelte bei meinem Nachbarn Kurt. Die Tür öffnete
sich, wie immer freute er sich, mich zu sehen. »Na, so ein Zufall, gerade habe ich
an dich gedacht. Komm rein. Tee? Kaffee? Wein?«
    »Kurt, kannst
du mir dein Auto leihen, nur für einige Tage? Für eine kleine Reise.«
    »Und wohin?«
    »Ich will
meinen alten Bekannten im Hirschberger Tal besuchen und ein paar Geschichten schreiben.«
    Kurt hob
die Augenbrauen. »Du willst einen Bekannten besuchen?«
    »Eigentlich
meinen Schulfreund, genauer gesagt meine erste Liebe. Du kennst das doch auch, alte
Liebe rostet nicht.«
    Entweder
hielt er nicht viel von Sprichwörtern oder er wollte mir sein Auto nicht geben,
denn er starrte mich an. »Und was ist mit dir?«
    »Mit mir?«
    »Ob deine
Gefühle für ihn noch frisch sind. Wie damals in der Schule?«
    »Und wie!
Ich erinnere mich gut an unsere Treffen. Ich gab Jan Nachhilfeunterricht in Mathe,
kurz vorm Abitur. Oder war das in Russisch? Wie dem auch sei. Das waren sehr, sehr
intensive Stunden. Jan fiel bei der Prüfung durch, meine Schuld war das nicht. Bitte,
Kurt! Nur für ein paar Tage.«
    Er kratzte
sich am Kopf. Spontane Entscheidungen traf er selten, aber so einen zähen inneren
Kampf hatte ich bei ihm selten erlebt. Jetzt entwickelte er ein starkes Interesse
für den Türrahmen. Konzentriert betrachtete er winzige Holzsplitter, bevor er fragte:
»Und was für Geschichten willst du schreiben?«
    »Dies und
das. Für die Zeitschrift ›Reisen mit Herz‹. Ich hätte den Zug genommen, aber wegen
Ben geht das nicht. Was ist, kannst du mir dein Auto leihen?«
    Endlich
nickte er und setzte ein verwegenes Gesicht auf. »Ich komme mit.«
    Das passte
mir gar nicht. Längst war ich aus dem Alter heraus, in dem ich bei einem Rendezvous
Begleitung brauchte. »Wieso denn? Hast du etwa Angst um dein Auto?«
    »Nein. Es
ist nur weil, weil …« Kurt, der immer eine Antwort parat hatte, stammelte. »Es ist
so …, mit meinem Auto, das Getriebe … äh, du kommst damit nicht zurecht.«
    »Keine Sorge,
ich bin schon Lastwagen gefahren.«
    »Ich komme
mit«, sagte er mit fester Stimme. »Seit Langem wollte ich mal das Riesengebirge
sehen. Eben die Landschaft. Die kurvigen Bergstraßen. Eine wahre Herausforderung
für mich.«
    Eindringlich
beschwor ich die Langeweile der bevorstehenden Reise. Er beharrte noch stärker darauf,
mitzukommen. Wütend ging ich schließlich hinunter in mein Büro und rief Jan an.
»Ich brauche zwei Zimmer. Es geht nicht anders, ich komme in Begleitung. Kein intimer
Freund, sondern
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