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Vom Kriege

Vom Kriege

Titel: Vom Kriege
Autoren: Carl von Clausewitz
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Gefahr in den Fall setzen, stärkere Anstrengungen zu machen. Er hat sich in seinem Kalkül betrogen, weil dem preußischen Kabinett damals auf keine Weise beizukommen war. Aber immer zeigt dieser Hergang den Einfluß des politischen Interesses auf den Gang des Krieges.
    Preußen hatte im Elsaß weder etwas zu verteidigen noch zu erobern. Es hatte im Jahr 1792 den Marsch durch Lothringen nach der Champagne in einem ritterlichen Sinne unternommen. Als dieser gegen den Drang der Umstände nicht mehr vorhielt, führte es den Krieg nur noch mit halbem Interesse fort. Hätten sich die preußischen Truppen in den Niederlanden befunden, so waren sie mit Holland in unmittelbarer Verbindung, welches sie halb und halb als ihr eigenes Land ansehen konnten, da sie es im Jahr 1787 unterworfen hatten, sie deckten den Niederrhein und folglich denjenigen Teil der preußischen Monarchie, der dem Kriegstheater am nächsten lag. Auch mit England befand sich Preußen wegen der Subsidien in einem stärkeren Bundesverhältnisse, welches unter diesen Umständen nicht so leicht in die Hinterlist ausarten konnte, welcher sich das preußische Kabinett damals schuldig gemacht hat.
    Es wäre also eine viel bessere Wirkung zu erwarten gewesen, wenn die Österreicher mit ihrer Hauptmacht am Oberrhein, die Preußen mit ihrer ganzen Macht in den Niederlanden aufgetreten wären, und die Österreicher dort nur ein verhältnismäßiges Korps gelassen hätten.
    Wenn man im Jahr 1814 statt des unternehmenden Blüchers den General Barclay an die Spitze der Schlesischen Armee gestellt und Blücher unter [634] Schwarzenberg bei der Hauptarmee behalten hätte, so wäre der Feldzug vielleicht ganz verunglückt.
    Wenn der unternehmende Laudon, statt sein Kriegstheater auf dem stärksten Punkt der preußischen Monarchie, nämlich in Schlesien, zu haben, sich an der Stelle der Reichsarmee befunden hätte, so würde vielleicht der ganze Siebenjährige Krieg eine andere Wendung genommen haben. Um diesem Gegenstande näher zu treten, müssen wir die Fälle nach ihren Hauptverschiedenheiten betrachten.
    Der erste ist: wenn wir den Krieg mit andern Mächten gemeinschaftlich führen, die nicht bloß als unsere Bundesgenossen auftreten, sondern ein selbständiges Interesse haben.
    Der zweite: wenn ein Bundesheer zu unserm Beistande herbeigekommen ist.
    Der Dritte: wenn nur von der persönlichen Eigentümlichkeit der Generale die Rede ist.
    Für die beiden ersten Fälle kann man die Frage aufwerfen, ob es besser sei, die Truppen der verschiedenen Mächte vollkommen zu vermischen, so daß die einzelnen Heere aus Korps verschiedener Mächte zusammengesetzt sind, wie das in den Jahren 1813 und 1814 stattgefunden hat; oder ob man sie soviel als möglich trennen soll, damit jede selbständiger handle.
    Offenbar ist das erste das Heilsamste, aber es setzt einen Grad von Befreundung und gemeinschaftlichem Interesse voraus, der selten stattfinden wird. Bei dieser engen Verbindung der Streitkräfte wird den Kabinetten die Absonderung ihrer Interessen weit schwerer, und was den schädlichen Einfluß egoistischer Ansichten bei den Heerführern betrifft, so kann er sich unter diesen Umständen nur bei den Unterfeldherren, also nur im Gebiet der Taktik, und auch hier nicht so ungestraft und frei zeigen wie bei einer vollkommenen Trennung. Bei dieser geht er in die Strategie über und wirkt also in entscheidenden Zügen. Aber, wie gesagt, es gehört eine seltene Hingebung von seiten der Regierung dazu. Im Jahre 1813 drängte die Not alle in diese Richtung, und doch ist es nicht genug zu preisen, daß der Kaiser von Rußland, der mit der stärksten Streitkraft auftrat und das größte Verdienst um den Umschwung des Glücks hatte, seine Truppen den preußischen und österreichischen Befehlshabern unterordnete, ohne den Ehrgeiz zu haben, mit einer selbständigen russischen Armee aufzutreten.
    Ist nun eine solche Vereinigung der Streitkräfte nicht zu erhalten, so ist eine vollkommene Trennung derselben allerdings besser als eine halbe, und das Schlimmste ist immer, wenn zwei unabhängige Feldherren verschiedener Mächte sich auf ein und demselben Kriegstheater befinden, wie das im Siebenjährigen Kriege mit den Russen, Österreichern und der Reichsarmee häufig der Fall war. Bei einer vollkommenen Trennung der Kräfte sind auch die Lasten, welche überwunden werden sollen, mehr getrennt, und es wird dann jeder von der seinigen gedrückt, also durch die Gewalt der Umstände mehr zur
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