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Vom Kriege

Vom Kriege

Titel: Vom Kriege
Autoren: Carl von Clausewitz
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verwendeten Kräfte sind höchstwahrscheinlich den feindlichen merklich überlegen; geht jeder seinen kräftigen Gang vorwärts, so kann es nicht anders sein, als daß sie gegenseitig vorteilhaft aufeinander wirken. Wäre einer der beiden Angriffe unglücklich, weil der Feind seine Macht zu ungleich verteilt hat, so ist mit Recht zu erwarten, daß der Erfolg des andern dieses Unglück von selbst gutmachen werde, und dies ist der wahre Zusammenhang beider. Einen Zusammenhang, welcher sich auf die Begebenheiten der einzelnen Tage erstreckte, können sie bei der Entfernung nicht haben; sie brauchen ihn nicht und darum ist die unmittelbare oder vielmehr die gerade Verbindung von keinem so großen Wert.
    Der Feind, welcher in seinem Innersten angegriffen ist, wird ohnehin keine namhaften Streitkräfte zur Unterbrechung dieser Verbindung verwenden können; alles, was zu fürchten ist, besteht vielmehr darin, daß diese Unterbrechung durch die Mitwirkung der von Streifparteien unterstützten Einwohner allein bewirkt werde, so daß dieser Zweck dem Feinde an eigentlicher [640] Streitkraft nichts kostet. Um dem zu begegnen, ist es hinreichend, wenn von Trier aus ein 10000 bis 15000 Mann, an Kavallerie vorzüglich starkes Korps die Richtung auf Reims hält, es wird hinreichend sein, jedem Parteigänger über den Leib zu marschieren und die Höhe der großen Armee zu halten. Es soll weder Festungen einschließen, noch beobachten, sondern zwischen ihnen durchmarschieren, sich keine feste Basis halten und einer Übermacht nach jeder beliebigen Richtung ausweichen. Ein großes Unglück wird ihm da nicht begegnen können, und wenn dies geschähe, so wäre es wieder kein großes Unglück für das Ganze. Unter diesen Umständen wird ein solches Korps wahrscheinlich hinreichen, einen Zwischenpunkt für die beiden Angriffe zu bilden.
    Viertens, die beiden Nebenunternehmungen, nämlich die österreichische Armee in Italien und die englische Landungsarmee, mögen ihrem Zweck nach bester Weise nachgehen. Wenn sie nicht müßig bleiben, so ist er der Hauptsache nach schon erfüllt, und auf keinen Fall soll einer der beiden großen Angriffe in irgendeiner Art davon abhängig gemacht werden.
    Wir halten uns fest überzeugt, daß auf diese Weise Frankreich jedesmal niedergeworfen und gezüchtigt werden kann, wenn es sich einfallen läßt, den Übermut, womit es Europa 150 Jahre lang gedrückt hat, wieder anzunehmen. Nur jenseits Paris an der Loire kann man von ihm die Bedingungen erhalten, die zu Europas Ruhe nötig sind. Nur so wird sich schnell das natürliche Verhältnis von 30000000 zu 75000000 kundtun, nicht aber wenn jenes Land, wie 150 Jahre lang geschehen ist, von Dünkirchen bis Genua mit einem Gürtel von Armeen umschnallt werden soll, indem man fünfzigerlei verschiedene kleine Zwecke sich vorsetzt, wovon keiner stark genug ist, die Inertie, die Friktion, die fremdartigen Einflüsse zu überwältigen, die sich überall, besonders aber bei verbündeten Heeren, erzeugen und ewig regenerieren.
    Wie wenig einer solchen Anordnung die vorläufigen Anordnungen des deutschen Bundesheeres entsprechen, wird dem Leser von selbst einfallen. In diesen Einrichtungen bildet der föderative Teil Deutschlands den Kern der deutschen Macht, und Preußen und Österreich, durch ihn geschwächt, verlieren ihr natürliches Gewicht. Ein föderativer Staat ist aber im Kriege ein sehr morscher Kern; da ist keine Einheit, keine Energie, keine vernünftige Wahl des Feldherrn, keine Autorität, keine Verantwortlichkeit denkbar.
    Österreich und Preußen sind die beiden natürlichen Mittelpunkte des Stoßes für das Deutsche Reich, sie bilden den Schwingungspunkt, die Stärke der Klinge, sie sind monarchische Staaten, des Krieges gewohnt, haben ihre bestimmten Interessen, Selbständigkeit der Macht, sind vorherrschend vor den andern. Diesen natürlichen Lineamenten muß die Einrichtung folgen und nicht einer falschen Idee von Einheit, diese ist hier ganz unmöglich, und wer über dem Unmöglichen das Mögliche versäumt, der ist ein Tor.
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