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Vom Kämpfen und vom Schreiben

Vom Kämpfen und vom Schreiben

Titel: Vom Kämpfen und vom Schreiben
Autoren: Carla Berling
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ich Kracht glauben.
    Aber ich bestehe auf ein Treffen und schlage ihm vor, einen Managementvertrag abzuschließen, damit er offiziell in meinem Namen für mich tätig werden kann. Ich will es wirklich wissen.
    Mein Mann Martin ist dabei, als wir uns in einem Kölner Café treffen und den Vertrag unterzeichnen. Ich gehe dabei kein Risiko ein, weil Kracht von mir kein Geld bekommt – nur im Erfolgsfall. Kracht ist so überzeugend, dass auch Martin ihn jetzt für »echt« hält.
    Doch dann sagt Kracht plötzlich Lesungen wieder ab, hat dafür dubiose Ausreden, widerspricht sich von Satz zu Satz. Was soll ich tun? Im Sponsorenvertrag steht, dass Kracht nicht mit Dritten über den Inhalt des Vertrags reden darf, hält er sich nicht daran, ist der Vertrag ungültig. Kann ich das riskieren? Wenn ich bei Mayermann & Söhne nachfragen würde, ob die mich tatsächlich mit fünfundzwanzigtausend Euro unterstützen, dann wäre doch klar, dass Kracht sich nicht an die Verschwiegenheitsklausel gehalten hat, oder? Und falls der Vertrag in Ordnung ist, wäre er dann im Eimer. Oder?
    Ich muss was unternehmen, denn diese Geschichte hält mich von der Arbeit ab und das kann ich mir nicht leisten. Meine Freundin Gisella ruft bei Mayermann & Söhne an und erkundigt sich nach Kracht. Niemand kennt ihn. Es gibt in der Firma kein Autorensponsoring. Ich telefoniere dann lange mit dem Leiter der Rechtsabteilung und schicke ihm den Vertrag, den Kracht mir vorgelegt hat. Der Vertrag ist von A bis Z gefälscht. Die Firma Mayermann & Söhne will Strafantrag stellen. Ich stelle unsere gesamte Korrespondenz zur Verfügung und bin bereit, als Zeugin auszusagen. Die Rechtsabteilung gibt mir noch einen wichtigen Tipp, denn ich muss den Managementvertrag mit Kracht ordnungsgemäß kündigen. Das war die Geschichte mit meinem Manager. Nie wieder, das schwöre ich mir, werde ich mich auf jemand anderen verlassen als auf mich selbst.

Der Bruch
    Die Lesung in der Mayerschen wird ein großer Erfolg, sie ist restlos ausverkauft. Die Storemanagerin holt sogar die Schreibtischstühle aus dem Büro, damit jeder einen Sitzplatz bekommt. Leider ergibt sich aus dem Erfolg der Lesung nichts weiter.
    Ich mache eine Lesung nach der anderen, wage mehr bei der Interpretation meiner Texte, gehe mehr aus mir raus, werde immer besser, das spüre ich, auch an den Reaktionen des Publikums. Die Auftritte sind das Schönste, dabei bin ich in meinem Element. Ich liebe die Bühne, fühle mich wohl vor den Zuschauern, genieße es, sie zu unterhalten. Wenn ich da vorne stehe und die lachenden Gesichter sehe, bin ich glücklich. Dafür lohnt sich alle Mühe.
    Ich bekomme jetzt gute Honorare – und das macht sich für alle bezahlt. Ein Veranstalter, der mich anständig bezahlt, wirbt auch für die Lesung. Alle meine Lesungen mit hohen Lesehonoraren sind ausverkauft. Eine Lesung in Wuppertal, die ich vor Monaten vereinbart habe, wird jedoch abgesagt. Dort hätte ich siebzig Prozent vom Eintritt bekommen. Werbung für diese Lesung hat der Veranstalter nicht gemacht. Das kann kein Zufall sein. Ohne festes Honorar und Erstattung der Reisekosten lese ich nicht mehr, das hat keinen Sinn.
    Der Roman ist inzwischen fast fertig lektoriert, ich arbeite wieder mit derselben Lektorin zusammen wie beim »Kämpfen-Buch« und bin wieder glücklich darüber.
    Sie ist rigoros: Fünfzig Seiten Text hat sie rausgenommen, mit meiner Zustimmung natürlich. Sie hat ganze Szenen gekürzt und eine Figur komplett gestrichen, weil sie für die Handlung nicht wichtig war.
    Runde um Runde lesen wir, finden immer noch Fehler, Unebenheiten im Text, kleine Patzer. Nach siebzehn Jahren nähert sich die Arbeit an meinem allerersten Roman dem Ende.
    Ende April bin ich total erschöpft. Und ich fange an, furchtbar an mir und meinem »Talent« zu zweifeln. Ich habe so viele gute Rezensionen zum »Kämpfen-Buch«, dass es schon keinen mehr interessiert. Angeblich sind meine Verkaufszahlen gut. Dass ich nicht lache. Wenn ich alles zusammenrechne, verdiene ich an allen veröffentlichten Büchern im Monat nicht annähernd den Hartz-IV-Satz. Ich arbeite aber an sieben Tagen in der Woche sechs Stunden täglich an den Büchern, an deren Verkauf, an der Akquise und Organisation der Lesungen, an Homepage, Blog, Facebook, Xing und Twitter, an Bewerbungsschreiben, Pressetexten usw.
    Inzwischen habe ich zehn Menschen für das Porträtbuch interviewt, aber für diese Kapitel lasse ich mir viel Zeit. Ich kann nicht alles
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