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Vom Kämpfen und vom Schreiben

Vom Kämpfen und vom Schreiben

Titel: Vom Kämpfen und vom Schreiben
Autoren: Carla Berling
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wir im Chor: »Tschüss Hardy«.
    Das hätte ihm gefallen.
    Ich versuche, meinen Alltag wiederzufinden. Jetzt wird mir erst klar, wie wichtig so ein Alltag ist. Wie beruhigend normale Handgriffe sein können, wie den Hund bürsten, das Waschbecken putzen oder Blumen gießen. In den letzten Wochen war der Alltag überschattet von der Angst, dass es nicht gutgehen könnte, von seiner und meiner Angst.
    Wenige Tage vor seinem Tod sagte Hardy: »Du wirst sehr erfolgreich werden. Ich weiß das. Du bist seit so vielen Jahren so fleißig und hast nie aufgegeben, es ist völlig unmöglich, dass du keinen Erfolg haben wirst, glaub mir!« Ich glaube ihm.
    Natürlich muss ich weitermachen. Dieses Buch, »Vom Kämpfen und vom Schreiben«, ist jetzt meine Aufgabe. Ich ahne nicht, dass die nächste Runde des Kämpfens grade erst begonnen hat.

Was der Geist erfassen kann, das kann er auch vollbringen?
    Es ist also Juli. Im Oktober soll »Vom Kämpfen und vom Schreiben« erscheinen, im August muss es fertig sein. Jeden Tag tauche ich ein in meine eigene Geschichte, in Hardys und meine Geschichte, aber Hardy ist weg. Die Arbeit ist für mich der Horror, aber ich bin fristgerecht fertig.
    Die Lektorin des Verlags stellt sich vor. Zum ersten Mal arbeite ich mit einer professionellen Lektorin zusammen -und habe Riesenglück. Sie ist logisch, wo ich emotional bin, sachlich, wo ich temperamentvoll bin, und strukturiert, wo ich chaotisch bin. Sie sieht Schwächen, auf die ich nie gekommen wäre. Zuerst liest sie den ganzen Text, fasst dann in einer Mail an mich zusammen, was sie ändern, streichen, erweitern oder ergänzen würde. Außer meinen Testlesern ist sie die erste fremde Person, die dieses Buch liest – und sie sagt, es sei ein gutes Buch.
    Die Lektorin (sie möchte hier nicht namentlich genannt werden) erarbeitet eine Kapitelübersicht, organisiert den Anfang neu, schlägt Kürzungen und Ergänzungen vor. Kapitel für Kapitel kämpfen wir uns voran, es macht mir Spaß, mit ihr zu arbeiten, ich lerne viel von ihr, und nach sechs Wochen und etlichen Durchgängen sind wir fertig.
    Inzwischen hat der Illustrator das Cover entworfen, Klappentext und Widmung stehen fest, der gesetzte Text trifft bei mir ein. Mitte September schließe ich die Fahnenkorrektur ab. Es ist vollbracht. Zur Buchmesse 2011 in Frankfurt soll »Vom Kämpfen und vom Schreiben« erscheinen.
    Nun bin ich in einem kleinen Verlag, und der hat kein Budget für Werbung und Marketing, das war mir klar, als ich den Vertrag unterschrieb. Wir haben aber, so denke ich, dasselbe Ziel: Wir wollen dieses Buch verkaufen. Ich mache mich also vor Erscheinen des Werkes an die Arbeit, entwerfe ein Anschreiben und bewerbe mich um Lesungen. Zweihundertfünfzig Volkshochschulen schreibe ich an, die Adressen gebe ich an den Verlag weiter. Wenn sich nichts tut, kann der Verlag vielleicht in ein paar Wochen nachhaken und mich erneut als Vorleserin oder Referentin anbieten. Dann versende ich weitere hundertfünfzig Anschreiben an Institutionen, Buchhandlungen und andere potenzielle Veranstalter, der Verlag bekommt auch diese Adressen und die Kopien all meiner Aktivitäten, die das »Kämpfen-Buch« betreffen.
    Martin hat meine Webseite überarbeitet und erweitert, ich stelle »Vom Kämpfen und vom Schreiben« dort vor – bevor es erscheint. Bei Facebook schreibe ich alle Kontakte an, denen das Buch etwas bedeuten könnte, und verlinke auf meine Webseite.
    Merkwürdig: Kollegen, Autoren, die schon veröffentlicht haben, reagieren fast alle kollegial und freundlich, antworten interessiert, bestellen das Buch vor, empfehlen es, setzen Links auf ihre Seiten. Wenn jemand negativ reagiert, (und das sind nur etwa drei Prozent), dann sind das ohne Ausnahme Autoren, die ihre Veröffentlichungen selbst bezahlen. Ich habe keine Ahnung, woran das liegt.
    Der Verlag bittet mich, während der Buchmesse nach Frankfurt zu kommen und in einer Gaststätte, zusammen mit anderen Autoren, eine Viertelstunde aus dem neuen Buch vorzulesen. Leider kann der Verlag weder die Fahrtkosten in Höhe von knapp hundert Euro noch eine Übernachtung bezahlen. Ich reise auf eigene Kosten an, treffe mich mit meinem Sohn, der in Frankfurt studiert, und gemeinsam gehen wir abends in die Kneipe, in der die Premiere stattfindet.
    Ich habe Angst vor dem Moment, in dem ich mein Buch zum ersten Mal fühle, sehe, rieche. Angst, weil es ein emotionaler Moment sein wird, denn der Mann, der mich überhaupt zum Schreiben brachte,
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