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Vom Himmel hoch

Vom Himmel hoch

Titel: Vom Himmel hoch
Autoren: Gerhard Branstner
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behandelt wurden. Ich kann mich nicht erinnern, jemals höflicher angeklagt worden zu sein. Daher befürchteten wir auch nicht das Schlimmste und konnten unsere ganze Aufmerksamkeit auf den Gang der Verhandlung richten. Ihr könnt euch denken, daß wir nicht wenig darauf gespannt waren, zu erfahren, was wir ausgefressen haben sollten. Und als wir es erfuhren, glaubten wir, das Lachen nicht halten zu können. Und wir konnten es auch wirklich nicht halten und lachten wie die Verrückten drauflos. Zum Lobe des Gerichts muß ich sagen, daß es sein Amt nicht ungebührlich ernst nahm, sondern herzhaft mitlachte. Es dauerte eine ganze Weile, bis die allgemeine Heiterkeit abebbte. Nun werdet ihr aber endlich deren Ursache erfahren wollen. Sie bestand in dem Verdacht, daß wir ein Antischlafpulver auf diesen Stern schmuggeln wollten. Das nun war schon komisch genug, noch komischer aber waren die Hintergründe. Auf diesem Stern war nämlich eine Art von Matriarchat entstanden, und da einige der hiesigen Herren der Weiberherrschaft abhold waren und sie mit Gewalt beseitigen wollten, hatte man sie kurzerhand in einen zehnjährigen Tiefschlaf versetzt. Einer mußte jedoch dieser Prozedur entkommen sein, denn einige Zeit vor unserem Eintreffen hatte man einen Funkspruch aufgefangen, in dem eine männliche Stimme die Bewohner eines benachbarten Planeten, auf dem die Männer noch im Sattel saßen, um die heimliche Lieferung eines Antischlafpulvers ersucht hatte, mittels dessen die eingeschläferten Rebellen zum Staatsstreich ermuntert werden sollten. Und da wir aus der Richtung des angerufenen Planeten gekommen und Männer waren, hatte man uns für die Überbringer des Pulvers gehalten. Und das Gericht hielt uns, auch wenn es sich unserem Gelächter angeschlossen hatte, noch immer dafür.
    ›Daß wir mit Ihnen gelacht haben‹, erklärte die Vorsitzende, ›will nichts besagen. Wir lachen gern und lassen keine Gelegenheit aus. Allerdings stehen Sie jetzt, da Sie sich als heitere Menschen erwiesen haben, in einem günstigeren Lichte da.‹
    Trotz des günstigen Lichts wurden wir durchsucht, ebenso unser Raumschiff, wo zwar kein Antischlafmittel, wohl aber Schlaftabletten gefunden wurden. Da das Gericht nicht wissen konnte, ob die Aufschriften nicht eine Täuschung waren, nahm die Vorsitzende probeweise einige Tabletten ein. Die Aufschriften waren keine Täuschung, und die Sitzung mußte geraume Zeit unterbrochen werden. Als die Vorsitzende wieder aufwachte, sprach sie uns frei.
    Natürlich hatte uns all das ungeheuer neugierig auf diesen Stern gemacht, vor allem aber interessierte uns, welche Art von Matriarchat hier herrschte und wie es zustande gekommen war. Um uns aus erster Hand zu informieren, suchten wir bei der Königin um eine Audienz nach, die uns auch sogleich gewährt wurde. Die Königin war eine bildschöne Frau, ansonsten aber sah sie, was ihre Aufmachung und Kleidung anbetraf, ganz und gar nicht wie eine Königin aus, und sie benahm sich auch nicht als solche. Vielmehr begrüßte sie uns wie gute Bekannte und lachte herzlich, als sie von unserer Verhaftung erfuhr.
    ›Da haben Sie doch wenigstens etwas erlebt, wovon sich hübsch erzählen läßt, wenn Sie wieder nach Hause kommen‹, meinte sie.
    Dagegen war nichts zu sagen. Wir ließen es also dabei und erkundigten uns angelegentlich nach dem hiesigen Herrschaftssystem.
    ›Wie Sie gewiß bereits erfahren haben‹, erklärte die Königin, ›herrschen bei uns matriarchalische Verhältnisse. Die Frauen dieses Sterns waren einhellig zu der Erkenntnis gekommen, daß es mit ihrer Gleichberechtigung nicht weit her ist, solange sie nach dem Maßstabe des Mannes erfolgt. Wir wollten aber keine Männer, sondern Frauen werden. Die Frau hat das gleiche Recht, Frau zu sein, wie der Mann das Recht hat, Mann zu sein. Das allein ist wirklich Gleichberechtigung. Daher führten wir das Königsspiel ein.‹
    ›Das Königsspiel‹, fragten wir verwundert, ›was hat es damit auf sich?‹
    Die hohe Dame erklärte uns bereitwillig den Sinn dieses Spiels, der kurz gesagt darin besteht, daß alle Bewohner dieses Sterns in einem Turnier um das höchste Amt im Staate kämpfen. Das Turnier beginnt in vielen kleinen Gruppen, deren Sieger wieder zu neuen Gruppen zusammengestellt werden, und der Sieger der letzten und besten Gruppe wird König. Das Spiel selbst ähnelt dem Romme, nur daß die Karten nicht mit Bildern, sondern mit Texten bedruckt sind, die gesellschaftliche Aufgaben und deren
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