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Vom Himmel hoch

Vom Himmel hoch

Titel: Vom Himmel hoch
Autoren: Gerhard Branstner
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aber als wir zufaßten, konnten wir es zu Boden kriegen. Es wand sich wie ein wild gewordener Gartenschlauch, aber es half ihm nichts, wir hatten es in der Falle. Ich zog in aller Eile einen kleinen Spaten aus meiner Ausrüstung, um dem Biest den Kopf abzuschlagen. Dabei muß ich mich wohl ein bißchen zu weit vorgewagt haben, denn plötzlich schossen die beiden nächststehenden Pflanzen auf mich zu. Ich stand wie gelähmt und spürte, wie sich mir vor Schreck die Haare sträubten. Und da geschah etwas Seltsames. Die beiden Pflanzen verloren plötzlich das Interesse an mir. Sie pendelten mir noch einigemal vor der Nase hin und her und richteten sich dann wieder auf. Jetzt wich auch die Lähmung von mir, und ich trat einen Schritt zurück. Dabei stieß ich zu unserem Unglück an den Schmetterlingsfänger, der noch immer mit den beiden anderen Assistenten den Kopf der gefangenen Pflanze mit dem Kescher auf den Boden preßte. Der Schmetterlingsfänger seinerseits stieß gegen seinen Hintermann und so fort, so daß alle ins Stolpern gerieten und den Kescher fahrenließen. Sogleich schnellte die Pflanze hoch und schleuderte den Kescher gut dreißig Meter hinter sich. Mit ihm war unsere beste Waffe verlorengegangen. Wir fluchten gewaltig und schimpften uns reihum einen Tölpel. Allein Professor Salbei stand abseits, den Finger nachdenklich an der Nase.
    ›Es muß eine bestimmte Bewandtnis damit haben‹, murmelte er vor sich hin, ›ich vermute, es waren die Haare.‹
    Das seltsame Gebaren des Professors machte uns neugierig, und wir warteten ungeduldig, daß er den Finger von der Nase nahm und uns in seine Gedanken einweihte.
    ›Es gibt keine andere Erklärung‹, sagte er endlich, ›es waren die Haare. Als sich Wirsings Haare vor Schreck sträubten, hielten die Pflanzen in ihrem Angriff inne. Warum? Weil er ihnen in diesem Augenblick aufs Haar glich. Die Mittelglatze und der Kranz der gesträubten Haare entsprechen genau den äußeren Merkmalen des Kelches dieser Pflanzen. Deshalb hielten sie ihn für einen der Ihren und verschonten ihn.‹
    Natürlich protestierte ich heftig dagegen, von dem ekligen Gezücht für ihresgleichen gehalten zu werden, sobald ich mich im Zustande der Angst befand. Aber der Professor bestand auf seiner Meinung, und die Assistenten stimmten ihm bei. Das kam mir gleich verdächtig vor, denn gewöhnlich verhielten sie sich seinen Auffassungen gegenüber ziemlich skeptisch. Ganz im Gegensatz zu mir, weshalb sie mich schon lange auf dem Kieker hatten. Es dauerte auch nicht lange, bis sie auf die Idee kamen, ich solle noch einmal einen Versuch machen und eines der Biester herausfordern. Ich verwahrte mich dagegen, aber schließlich blieb mir nichts anderes übrig, und ich ging auf eine der Pflanzen los. Sobald sie aber auf mich zuschoß, sprang ich zurück, noch ehe sich mir die Haare gesträubt hatten. Auch bei einigen weiteren Versuchen brachte ich es nicht fertig, stehenzubleiben und die Angst über mich kommen zu lassen. Es war einfach nichts zu machen, und die anderen schienen das auch einzusehen, jedenfalls taten sie so. Ich war mir aber nicht sicher, ob sie die Absicht, mich als Versuchskaninchen zu verwenden, wirklich aufgegeben hatten. Vielleicht hielten sie es auch nur momentan für aussichtslos, da inzwischen der Abend hereingebrochen war und die gefräßigen Geschöpfe mich in der Dämmerung trotz gesträubter Haare nicht mehr als einen der Ihren erkennen konnten. Also legten wir uns in der Mitte des von den Pflanzen gebildeten Kreises zum Schlafen nieder, nachdem wir die Wachen eingeteilt hatten. Auch wenn die Pflanzen nicht von der Stelle konnten, hätte doch einer von uns im Schlaf leicht eine kleine Wanderung machen und in ihre Reichweite geraten können. Also mußte einer um den anderen aufpassen, daß keiner zu weit abkam. Die gehabten Aufregungen bescherten mir einen unruhigen Schlaf. Ich wurde von schrecklichen Träumen gepeinigt, und einer von ihnen öffnete mir die Augen. Ich blickte mich um, doch es war noch finstere Nacht. Ich wollte mich schon wieder zurücklegen, als ich zwei meiner Gefährten miteinander flüstern hörte. Ich strengte meine Augen an und konnte auch endlich trotz der Dunkelheit den wachhabenden Assistenten und den Schmetterlingsfänger erkennen, die beieinanderhockten und eifrig tuschelten. Ich spitzte die Ohren, und da war es mir, als ob sie von mir sprächen, jedenfalls hörte ich meinen Namen. Ihr könnt euch denken, daß ich die restliche Nacht kein
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