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Vom Himmel hoch

Vom Himmel hoch

Titel: Vom Himmel hoch
Autoren: Gerhard Branstner
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selten.«
    »Eben das ist die Denkschwierigkeit im Falle des Unendlichen«, meinte Kraftschyk lächelnd. »Unbestreitbar kommen tausend Meter auf einen Kilometer. Wenn nun das Weltall im Durchmesser unendlich viele Meter mißt, so mißt es nicht tausendmal weniger Kilometer, sondern ebenfalls unendlich viele. Und wenn es, um ein anderes Beispiel zu nehmen, unendlichmal mehr unbewohnte Sterne als bewohnte gibt, weshalb wir wahrscheinlich in aller Unendlichkeit mit keinem zweiten bewohnten in Berührung kommen, so gibt es doch ebenso viele bewohnte, nämlich unendlich viele.«
    An dieser Stelle fing Wirsing die Kopfhaut zu kribbeln an, und er fuhr sich entsetzt in die gesträubten Haare.
    »Lassen wir«, rief der Himmelsgärtner, »um Gottes willen die Unendlichkeit auf sich beruhen, mag nun auf ihr beruhen, was da will!«
    »Ich hatte«, rechtfertigte sich Kraftschyk, »bevor unser Raumkoch seine Geschichte begann, behauptet, daß so leicht nichts unmöglich sei. Also mußte ich auch den Beweis dafür antreten, und der ging nun einmal nicht ohne die Unendlichkeit ab.«
    »Nun gut«, sagte Fontanelli, »Stroganoffs überschnelles Raumschiff und das unsichtbare Weltall hast du als möglich bewiesen. Bleibt aber noch die Sonne im Schlepptau.«
    »Die schenken wir unserem Raumkoch«, meinte Kraftschyk lächelnd. »Ohne sie hätte er uns seine Geschichte nicht erzählen können, hat sie ihn doch seinerzeit gerettet. Soll sie ihn auch heute retten.«
    Die Tafelrunde verstand das als eine großmütige Geste des Schwerenöters, und der Raumkoch strahlte über das ganze Gesicht.
    »Ich befürchtete schon«, sagte er, »du würdest mir rein gar nichts von meiner Lügengeschichte übriglassen. Und wenn du mir auch nur die Sonne gelassen hast, so bin ich doch zufrieden.
    Nach allen anderen logischen Kunststücken wäre es dir sicherlich ein leichtes gewesen, auch ihre Möglichkeit zu beweisen. Aber da du mir die Sonne geschenkt hast, will ich dir den Beweis schenken. Eine Liebe ist der anderen wert.«
    Darauf erhoben alle ihre Gläser. Und als die ausgetrunken und neu gefüllt worden waren, befand sich die Flasche leer. Der Bedienungsautomat wurde herbeigerufen, und Fontanelli entnahm ihm eine neue Flasche.
    »Was macht dein Verstand«, fragte er den Automaten, »ist er noch in Ordnung?«
    »Danke der Nachfrage«, piepte der Automat, »ich habe mich damit abgefunden, was bleibt mir übrig.«
    »Nimm es nicht auf die leichte Schulter«, meinte Fontanelli, »Kraftschyk hat uns soeben bewiesen, daß ungefähr alles möglich ist. Da ist auch ein über seine Stimme verrückt gewordener Automat nicht ausgeschlossen.«
    »Ist schon gut«, sagte der Automat, »ich denk’ nicht weiter drüber nach. Idiotie ist ohnehin nicht mein Fach, bin mehr auf Tischsitten und so programmiert.«
    »Na, dann schwirr ab«, rief der Automatendoktor. »Und laß dich frisch füllen. Du hast nur noch eine Flasche drin.«
    Wirsing strich sich übers Haar, das sich inzwischen wieder beruhigt und in den gewöhnlichen Krauskopf zurückverwandelt hatte.
    »Nur gut«, sagte der Himmelsgärtner, »daß ich für diesmal meine Geschichte schon hinter mir habe. Nach Kraftschyks logischen Kunststücken kann einem alle Phantasie vergehen.«
    »Wie man es nimmt«, meinte Kraftschyk. »Man kann die Logik auch als Hebel der Phantasie nehmen, und umgekehrt. Die frappantesten Gedanken entspringen gerade dann, wenn beide sich gegenseitig auf die Sprünge helfen.«
    »Obwohl beide in genauem Gegensatz zueinander stehen?«
    »Eben deshalb.«
    Wirsings Haare begannen sich wieder zu sträuben. Und auch Stroganoffs Kopfhaut fing zu kribbeln an. Er strich sich erschrocken über die Glatze und rief: »Schluß jetzt mit der logischen Messerstecherei! Das ist ja wie ein Vanillepudding mit Plattfußeinlage, die Ohrensausen kriegt. Fontanelli ist dran.«
    »Mit Vergnügen«, sagte der Automatendoktor. »Und da ich nicht die Absicht habe, eine unmögliche Geschichte zu erzählen, kann ihr Kraftschyk auch nicht den Wind aus den Segeln nehmen.«
    »In dem Falle«, meinte Kraftschyk und zwirbelte amüsiert seinen Schnauzer, »werde ich dir die Unmöglichkeit deiner Geschichte beweisen.«
    »Das wird schwerhalten«, erwiderte Fontanelli selbstgefällig. »Die Geschichte ist nämlich in Wirklichkeit geschehen. Und was wirklich ist, muß auch wohl möglich sein.«
    »Da behauptest du wohl auch, daß Tag und Nacht zu gleicher Zeit und am gleichen Ort möglich sind?« fragte
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