Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vom Dämon versucht - Rowland, D: Vom Dämon versucht

Vom Dämon versucht - Rowland, D: Vom Dämon versucht

Titel: Vom Dämon versucht - Rowland, D: Vom Dämon versucht
Autoren: Diana Rowland
Vom Netzwerk:
wirbelte noch einmal um mich herum, und ich spürte seinen zunehmenden Hunger. Er hatte seine Aufgabe erfüllt und wollte seine Belohnung. Ich verstärkte meinen mentalen Griff an den arkanischen Fesseln, obwohl mir der Schweiß aus den Achseln lief. „Nicht hier. Bald.“
    Der Dämon blitzte in meiner Andersicht rot auf, dann glitt er wieder auf den Rücksitz. So schnell ich konnte, kletterte ich auf den Fahrersitz. Ich hatte noch niemals gehört, dass ein Ilius sich an einem Menschen vergriffen hätte, aber es gab eine ganze Menge, was ich über Dämonen nicht wusste. Und ich war nicht besonders scharf darauf herauszufinden, was geschehen würde, wenn er noch hungriger wurde. Zum Glück war der Ort, wo ich hinwollte, nur ein kleines Stück entfernt. Wieder fuhr ich an den Straßenrand und ließ den Dämon heraus.
    „Komm!“, befahl ich und ging einen ausgetretenen Pfad entlang, dankbar, dass der Mond den Weg beleuchtete. Ich spürte, dass der Dämon hinter mir war, und ich musste den unangenehmen Gedanken abschütteln, dass er mich vielleicht verfolgte. Ein paar Hundert Meter weiter blieb ich an einem sumpfigen Flussarm stehen. Ich wandte mich dem Ilius zu und ließ das Bild einer Biberratte vor meinem geistigen Auge erscheinen. Es war ein großer Nager mit hässlichen gelben Zähnen. Biberratten waren nach Süd-Louisiana eingeschleppt worden und hatten sich schnell verbreitet. Sie fügten dem Marschland große Schäden zu – deswegen hatte man Programme zu ihrer Ausrottung entwickelt.
    Und ich trug einen Teil zum Biberratten-Ausrottungsprogramm bei. „Friss!“, sagte ich und stellte mir den Nager weiterhin vor, wobei ich mental betonte, dass der Ilius sich nichts anderes außer einer Biberratte fangen durfte.
    Er zischte so schnell an mir vorbei, dass ich beinah das Gleichgewicht verloren hätte, und bevor ich auch nur blinzeln konnte, hörte ich ein Tier quieken. Es verstummte schnell. Ich wandte meinen Blick von dem Dämon ab, der sich um einen der Nager herumwand. Ich hatte schon früher zugesehen, wenn ein Ilius fraß. Es gab kein Blut und kein zerfetztes Fleisch. Für jeden ohne arkanische Begabung sah es einfach aus, als würde die Biberratte sich verkrampfen, in Zuckungen verfallen und dann ohne erkennbaren Grund sterben. Aber in der Andersicht war zu erkennen, dass der Ilius das Tier sanft mit einem fast chirurgisch genauen Stich arkanischer Macht schmerzlos tötete und ihm dann seine Lebenskraft aussaugte – oder seine Seele.
    Der Dämon ließ die leere Hülle der Biberratte fallen und stürzte sich auf eine weitere. Ich konzentrierte mich auf den Mond, der über den Bäumen stand, und ignorierte die Schreie der rattenähnlichen Kreatur. Nach einem halben Dutzend Biberratten kam der Dämon langsam wieder über das Wasser geweht, um sich schläfrig um mich zu winden wie eine Katze, die ein Nickerchen halten wollte. Eine dämonische, fleischfressende Nebelkatze mit Piranhazähnen.
    Ich trat einen Schritt von dem Dämon zurück und begann, seine Entlassung vorzubereiten. Wind kam auf, wie es schien aus dem Nichts, und brachte den schweren Geruch modriger Vegetation mit sich. Ich musste fast würgen. Aber ich behielt meine Konzentration bei, und ein paar Herzschläge später öffnete sich ein greller Schlitz im Universum – das Portal zwischen dieser Welt und der Sphäre der Dämonen. Ein Knall zerschnitt die Stille des Sumpflandes, und dann waren das Licht – und der Dämon – verschwunden.
    Ich gab mir eine Minute, um wieder zu Atem zu kommen, dann lief ich den Weg zurück zu meinem Wagen, ohne mich noch einmal nach den Kadavern der Biberratten umzusehen, die am Ufer des Flussarms verteilt lagen.
    Als ich wieder zurück in der Gegend von St. Long war, hatte die aufgehende Sonne den östlichen Himmel in Rot und Gold getaucht. Bei meiner Jagd mit dem Ilius war ich weiter gefahren, als ich erwartet hatte, fast bis zur Grenze zwischen Mississippi und Louisiana. Dem Jäger war es offensichtlich gelungen, in einem Boot eine gehörige Strecke zurückzulegen, bevor er in Schwierigkeiten geraten war. Von unterwegs rief ich eine Bekannte an, die Mitglied einer örtlichen Suchhundestaffel war, und gab ihr die ungefähren GPS -Koordinaten durch. Sie bedankte sich und stellte mir keine weiteren Fragen. Ich hatte ihr schon früher Tipps gegeben mit dem Hinweis, dass sie keine weiteren Fragen stellen solle und sie gern alles Lob für sich in Anspruch nehmen könne. Sie ging davon aus, dass ich hellsichtig war.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher