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Vom Baum Der Erkenntniss

Titel: Vom Baum Der Erkenntniss
Autoren: Karl Gutzkow
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Schriftstellers nicht nach den gerade von ihm vorliegenden Leistungen! Selten geben die meisten Autoren das, was sie wollten, seltener noch das, was sie können: sie geben in der Regel nur das, was sie um dieses oder jenes Zweckes willen geben müssen. Nichts ist z. B. zwingender und für den Autor beeinträchtigender als ein einmal gewählter Stoff.
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    Um in Deutschland mit einem guten Werk durchzudringen, muß man hintennach ein mißlungenes schreiben. Dann erst wird das vorangegangene erkannt.
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    Ganz gewürdigt könnte ein großer Geist im Grunde doch nur immer durch sich selbst werden.
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    Geweckt wird der Genius durch die Noth, aber nur das Behagen erhält ihn.
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    Der Genius soll auch persönlich in seinem ganzen Wesen und Benehmen für die Welt die Feiertagsstimmung des Lebens ausdrücken.
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    Von den vielen Formen eines halben Wahnsinns ist der Dichterwahn schon der allerpeinlichste.
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    Gespräche sollen in der Erzählung nur zur Belebung und Darstellung der Handlung dienen. Dienen sie auch noch zur Charakteristik der Personen, so werden sie langweilig.
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    Am Kunstwerk stört jede noch so schöne Ausschmückung, die nicht folgerichtig aus dem Gliederbau des Ganzen hervorging.
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    Das Reiferwerden des Schriftstellers mit den Jahren liegt nicht immer in der Entfaltung neuer Fähigkeiten, sondern in seiner zunehmenden Selbstkritik, besonders aber in der Ausbildung eines feinen Vorahnungsgefühls für Mißdeutungen, denen er mit größerer Besonnenheit vorzubauen lernt.
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    Diese Reckenpoeten – ! Sie pflanzen Eichbäume in irdene Scherben.
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    Kann man der Menge nur überhaupt beikommen und sie zum Lesen, zum Anschauen zwingen, so ist sie vom Mäßigen schon über Erwarten entzückt.
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    Wer uns als »Realist« unter die Blaufärber und Lohgerber einführt und sich etwas darauf zu Gute thut, sie in ihrem ganzen Thun und Handeln, in ihrer Hantierung am Farbentopf und in der Lohgrube zu schildern, der darf an ihnen nichts idealisiren, weder Inneres noch Aeußeres.
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    »Was beweist das –?« soll der Mathematiker Condorcet gefragt haben, als er Racine's »Phädra« sah. So nüchtern diese Frage auch klingt, die Aesthetik kann ihr eine gewisse Berechtigung nicht absprechen.
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    Roman nennt man die Entwicklung von Menschenschicksalen durch Bedingungen universeller Natur. Solche Bedingungen sind die Geschichte, die Sitten eines Landes, die Sitten einer Zeit, die Stimmungen einer Zeit, die Voraussetzungen der Religion, der Philosophie, der Kunst oder eines ganzen Standes, einer Familie. Die Novelle ist die Entwicklung von Menschenschicksalen durch Bedingungen partikulärer Natur. Hier steht der Geschichte die Chronik gegenüber, den Sitten des Landesdie Sitten eines Orts, den Sitten einer Zeit einzelne Moden, den Stimmungen einer Zeit eine akute Krankheit derselben, den Voraussetzungen der allgemeinen Wissenschaft irgend etwas Besonderes an ihnen, z. B. aus dem Gelehrten- oder Künstlerleben. Die Novelle beruht, was das Schicksal und die Führung unseres Erdenlebens anlangt, auf dem Zufall. Die Laune des Zufalls ist ihre wesentliche Triebfeder und, mechanisch gesprochen, ihre Unruhe. Es kann nur Kunstromane geben, es gibt Künstlernovellen. Es gibt Sittenromane, aber es gibt nur Dorfnovellen. Die einfache »Erzählung,« um auch diese dritte Gattung zu erwähnen, ist die Entwicklung von Menschenschicksalen durch die Bedingungen ihrer selbst. Sie schließt die Nebenbedingung, irgend etwas Universelles oder noch etwas Partikuläres besonders zur Anschauung zu bringen, aus. Sie beruht auf ihren eigenen Voraussetzungen und nähert sich deßhalb am meisten dem Drama. Aus Romanen und Novellen ein Drama zu schaffen, ist gefährlich und beinahe unmöglich. Die Erzählung aber ist schon an und für sich selbst ein objektiv berichtetes Drama. Der Roman und die Novelle stehen höher als die Erzählung, denn sie lassen keine andere als eine künstlerische Leistung zu, während die Erzählung nur dieMerkmale der Glaubwürdigkeit und Folgerichtigkeit an sich zu tragen hat. Vorzugsweise die schwierigste Form ist die Novelle. Da in ihr der Zufall nicht blind walten darf, sondern nur das als Zufall den betheiligten handelnden Personen zu erscheinen hat, was im höheren Sinne doch Verhängniß ist, so kann ihre Aufgabe nur durch Humor gelöst werden, diese höchste Gabe des dichterischen Schaffens, die selbst bedeutenden Dichtern nur spärlich verliehen war.
    Wer Novellen schreiben will, muß
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