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Vom Baum Der Erkenntniss

Titel: Vom Baum Der Erkenntniss
Autoren: Karl Gutzkow
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sogar verzeihlich, daß jeder Künstler oder Dichter, der aufgefordert würde, eine Aesthetik zu schreiben, nur eine solche gibt, wonach seine eigenen Schöpfungen als die maßgebenden herauskommen.
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    Dem Urtheil der Meister über Meister ist am wenigsten zu trauen. Denn es steht fest, daß bedeutende und schöpferische Menschen nichts empfangen, nichts hören, lesen oder sehen können, ohne sich nicht sogleich davon produktiv angeregt zu fühlen und das Ver- und Aufgenommeneaus eigenen Mitteln zu ergänzen. Daher muß es wol auch kommen, daß sich oft bedeutende Menschen vom Mittelmäßigen so auffallend befriedigt fühlen, während ihnen das Gleichartige und nicht minder von bedeutenden Menschen Ausgegangene fremdartig erscheint. Diese Selbstthätigkeit des schöpferischen Genius geht so weit, daß ihm sogar das nächste Auffassen und Begreifen einer fremden Entwicklung unmöglich werden kann.
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    Dichter und Künstler sollten nicht auch Staatsämter, ja Feldherrnstäbe führen können – ? Ohne eine starke Willenskraft, ohne eine im Nu entschlossen getroffene Wahl zwischen Ja! oder Nein! ist kein schaffender Dichter und Künstler möglich.
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    Es gibt zweierlei Redner: Redner, die nur vor Wenigen, und Redner, die nur vor Vielen sprechen können. Ein Redner, der an einer kleinen Tafel vortrefflich spricht, kann es oft nicht in einem Ständesaal, und ein Redner, der keinen Toast ohne Stocken ausbringen kann, wird zum Mirabeau in einer Volksversammlung.Der Unterschied ist der, daß bei dem Einen der Verstand, die Combination die Worte sucht und zusammenfügt, beim Andern die Phantasie, die dichterische Anschauung, die sich von Wenigen beengt, von Vielen gehoben fühlt.
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    Ob du ein Redner bist, wird sich erst zeigen, wenn man dir widerspricht.
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    Von jedem kleinen Zuge des gewöhnlichen Lebens, der dich überraschte, von jedem Lächeln, das dir ein wunderlicher Zufall abgewann, von jedem wehmüthigen Gefühl, das deinen ganzen innern Menschen bei irgend einer Erfahrung mit Rührung überwallte, nimm an, daß dir damit etwas begegnet ist, was allen Menschen tausendmal unter gleichen Umständen ebenso begegnet. In dieser Ueberzeugung und in dem Vertrauen, ein so Apartes getrost als ein Allgemeines aussprechen zu dürfen, liegt der besondere Vortheil des Poeten.
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    Verlangt ihr im Bereich der Dichtkunst immer nur »Wahrheit« und »Natur,« so werdet ihr zuletzt die Phantasie vertrieben haben.
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    Katzenhumor hat derjenige Autor, der uns zumuthet, etwas belachen zu sollen, was doch in seinem wahren Grund nur verletzt und beängstigt.
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    »Warum corrigirst du so viel an deinen Arbeiten? Ich lese im Geist die Kritik der Bosheit und sehe die sorglose Bereitwilligkeit des Publikums, sie für die Stimme der Wahrheit zu nehmen.
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    Eine verächtliche Literatur, die den Modethorheiten und Lieblingsneigungen des Publikums, besonders denen der Frauen, schmeichelt, z. B. die amerikanische.
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    Nichts läßt sich leichter affektiren als Erhabenheit.
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    Das Wörtchen und muß ein origineller Schriftsteller soviel als möglich zu vermeiden suchen.
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    Die Romantik der Phantasie lassen wir uns gefallen, die Romantik des Herzens nicht minder. Gefährlich ist die Romantik des Verstandes. An ihr ist die ganze deutsche Philosophie und Wissenschaft krank.
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    Der Genius, der sich an die Regeln hält, braucht Jahre, bis er erkannt wird. Den regellosen setzt der Unverstand sofort auf den Thron.
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    Es würde der Bühne nützlich sein, wollte man der Schauspielkunst das Recht, sich eine Kunst nennen zudürfen, nehmen und sie vielmehr eine Wissenschaft nennen.
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    Für den Schauspieler ist es gefährlich, daß er erst dann ein vollendeter Künstler wird, wenn er sich die Routine erworben bat, ebenso gut auch nur ein gewandter Handwerker zu sein.
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    Nur durch den Anblick vorzüglicher Schauspieler kann man ein guter Dramatiker werden , aber auch nur durch eine gewisse Regelmäßigkeit im Anblick mittelmäßiger Schauspieler kann man ein guter Dramatiker bleiben . Die guten Schauspieler lassen den Dramatiker in einer für seine Schöpfungen mit der Zeit gefahrvollen Weise vergessen, was er ihnen zu danken hat.
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    Wir blätterten kürzlich in einigen ältern französischen Stücken nach den ersten Originalausgaben und fanden in den Trauerspielen Voltaire's zuweilen Fingerzeigeüber die Darstellung dieser oder jener Situation, über den Vortrag dieser oder jener Effektstelle. Statt aber zu sagen: Diese
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