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Voll erwischt

Voll erwischt

Titel: Voll erwischt
Autoren: John Baker
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einen Scheißköter im Haus.»
    Manchmal behaupteten Leute, er sehe Gene Hackman ähnlich. Um ehrlich zu sein, nur zwei Frauen hatten das mal über ihn gesagt. Die eine fuhr dann fort und sagte, er sehe aus wie Gene Hackman, nachdem Gene Hackman von einer Klippe gestürzt war und sich einer komplizierten Gesichtsoperation hatte unterziehen müssen. Die andere Frau meinte - nachdem Sam ihr haarklein verklickert hatte, wer Gene Hackman war -, die Ähnlichkeit sei wirklich verblüffend, sie hätte es einfach nur nicht mitgekriegt, bis Sam sie darauf aufmerksam machte. Außerdem sagte sie noch, daß Gene Hackman, falls sie jetzt tatsächlich an Gene Hackman dachte, mehr Haare auf dem Kopf hatte als Sam.
    Auch wenn sein Gesicht also inzwischen über den Jordan war, hatte es sein restlicher Körper doch geschafft, weitgehend in Schuß zu bleiben. Sam hielt sich fit und trainierte zweimal wöchentlich in einem Fitneßcenter, aber vor zwei Tagen hatte sein Arzt ihm ein-dringlich geraten, das Rauchen aufzugeben. Sams Blutdruck war zu hoch. Noch kein Grund zur Besorgnis, allerdings sollte er alles versuchen, um ihn wieder runterzukriegen. Genau darüber hatte er die letzten paar Abende mit Barney gesprochen. Über seinen Blutdruck. Das Rauchen aufzugeben. Wem sollte er es auch sonst schon erzählen.
    «Ich weiß, daß mit dir irgendwas nicht in Ordnung ist», sagte Geordie. «Mit dir hat man nicht gerade viel zu lachen. Du hörst dir ja nicht mal mehr Musik an. Guck doch nur mal in den Spiegel. Die letzten paar Tage hast du dich nicht mal mehr rasiert.»
    Geordie besaß das Talent, die denkbar verzweifeltste Miene an den Tag legen zu können, und genau das tat er jetzt wieder, am Ende seiner kleinen Ansprache. Er zeigte Sam zwei leere Handflächen und setzte diese Miene auf, die eine mitleidvolle Reaktion provozieren sollte, was auch niemals ausblieb.
    Sam begann dahinzuschmelzen. «Okay», sagte er. «Ich war ein bißchen down.» Er erzählte Geordie, was der Arzt über seinen Blutdruck und das Rauchen gesagt hatte.
    «Wenigstens weißt du’s jetzt», sagte Geordie. «Noch früh genug. Hör einfach auf zu rauchen, und dir geht’s wieder blendend.»
    «Äh-ähh», erwiderte Sam.
    «Du glaubst nicht, daß es so einfach ist?»
    «Vielleicht.»
    «Du meinst, es steckt mehr dahinter?»
    «Verdammt, ich weiß es nicht», sagte Sam. «Man macht sich einfach Sorgen, wenn der Körper nicht mehr mitspielt. Man gerät eben aus den Fugen, wenn alles auseinanderfällt. Himmel, ich muß das erst richtig verstehen.»
    Geordie antwortete nicht sofort. Er kniete sich auf den Teppich und hob Barney auf den Schoß. Er hielt dem Hund die Schnauze zu, so daß Barney kämpfen mußte, um wieder freizukommen. Sam war sich nicht über Geordies Alter sicher, aber irgendwie schien klar, daß er jetzt achtzehn war. Nach einer Zeit in verschiedenen Kinderheimen im Nordosten des Landes hatte Geordie als obdachloser Streuner gelebt, hing in London, Manchester, Liverpool und Leeds in immer wieder wechselnden Hauseingängen herum. Als er nach York kam, hatte sich Sam mit ihm angefreundet und es geschafft, ihm eine eigene Wohnung zu besorgen. Außerdem hatte Geordie jetzt einen Job. Er war angehender Privatdetektiv in der Ausbildung bei der Sam-Turner-Detektei. Er sah Sam von der anderen Seite des Zimmers an, ließ Barneys Maul los und den Hund wieder auf den Teppich springen. «Wann hast du zum letzten Mal gevögelt?» fragte er Sam.
    Sam lachte, wuchtete sich aus seinem Sessel und füllte den Wasserkocher. «Vielen Dank, Mr. Freud», sagte er, als er das Kabel des Kessels einsteckte. «Aber ich glaube kaum, daß das meine Probleme löst. Wahrscheinlich hätte ich dann nur noch mehr.»
    «Nein, es würde dich kurieren», sagte Geordie. «Ich hab dich doch schon erlebt. Ob du nun verliebt bist oder nicht, jedenfalls verwandelst du dich sofort in einen völlig anderen Menschen, sobald es dir jemand angetan hat und deine Gefühle erwidert werden. Das ist die Wahrheit, Sam.»
    «Weißt du», sagte Sam, «Leute wie du werfen die Frauenemanzipation glatt um ein Jahrhundert zurück. Denn du sagst hier doch nichts anderes als, ich wäre kuriert, wenn ich mir nur einen Hund oder eine Frau zulegte. Korrigiere mich, wenn ich danebenliege, Geordie. Aber genau das sagst du doch, oder?»
    «Du solltest mal wieder in diesen Singles-Club gehen.»
    «Geordie!» reagierte Sam empört. «Ich bitte dich! Ich bin gerade dabei, mich neu zu definieren. Für eine Frau gibt’s da
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