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Voll erwischt

Voll erwischt

Titel: Voll erwischt
Autoren: John Baker
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Zuhörer auf die Straße trieb, weil sie meinten, die Bude würde brennen.
    Aber jetzt war jetzt, und es kam nur drauf an, wer zuerst den Schwanz einzog. Norman lag der Länge nach ausgestreckt auf der Straße, und das Auto kam auf ihn zu. Vielleicht war der Typ hinter dem Steuer blind und konnte ihn nicht sehen, jedenfalls schien er nicht langsamer zu werden. Norman wollte sich schon zum Straßenrand wegrollen, als er hörte, wie der Wagen runterschaltete. Ein-, zweimal kurz mit der Bremse gepumpt, und dann wurde wieder ein Gang runtergeschaltet. Knapp fünf Meter vor Norman blieb das Auto schließlich stehen. Der Motor tuckerte im Leerlauf.
    Als erstes löschte der Typ den Scheinwerfer, dann machte er den Motor aus. Norman rührte keinen Muskel, lauschte einfach nur in die Stille hinein. Sobald der Motor erstarb, füllte die Stille die Nacht aus. Während der Wagen abkühlte, war von Zeit zu Zeit ein Knacken zu hören, als Metallteile sich wieder zusammenzogen, aber keines dieser Geräusche ähnelte dem Öffnen der Fahrertür.
    Norman zählte die Sekunden, wie ein Sportlehrer es ihm einmal beigebracht hatte, fügte ein und zwischen jede Zahl ein... eins und zwei und drei und ... bis er volle sechzig Sekunden gezählt hatte. Dann fing er wieder von vorne an. Der Typ blieb geschlagene zweieinhalb Minuten hinter dem Steuer sitzen und überlegte, bevor er die Tür aufmachte und aus dem Wagen stieg. Norman beobachtete, wie die Schuhe über den Asphalt auf ihn zu kamen. Braune Oxfordschuhe mit einem Muster, kleine, in das Leder gestanzte Löcher, und dann diese großen, breiten Zungen. Sonst konnte Norman nur noch die Hosenaufschläge des Kerls erkennen. Graue Baumwolle, wahrscheinlich ein Anzug. Norman vermutete, daß der Kerl schon was älter war. In seinen Schritten lag eine gewisse Unsicherheit, was einerseits bedeutet haben könnte, daß er alt war, andererseits war’s aber auch drin, daß er jung war und Angst hatte.
    Knapp einen Meter vor Norman blieb er stehen, trat nervös von einem Bein aufs andere und fragte mit einem Akzent aus dem Norden, durchaus möglich, daß es Schottisch war: «Mit Ihnen alles in Ordnung?»
    Norman schloß die Augen, rührte sich jedoch nicht und erwiderte nichts. Der Typ mußte nur noch einen Schritt näher rankommen, dann hatte er ihn. «Was ist los? Können Sie mich hören?» Er beugte sich vor, bewegte die Füße aber immer noch nicht. Norman wartete. Er hatte sieben Jahre hinter hohen Knastmauern gewartet, was waren da noch ein paar Sekunden mehr?
    Als der Kerl sich wieder aufrichtete, zu Norman kam und seine Schulter berührte, packte Norman blitzschnell seine Knöchel und riß ihm die Beine unter dem Hintern weg. Der Typ kreischte, als er zu Boden ging, und dann kreischte er gleich noch mal, als er mit dem Hinterkopf auf die Straße donnerte. Er zappelte ein bißchen herum, allerdings nicht energisch genug, um Norman davon abzuhalten, sich rittlings auf ihn zu setzen, seine Arme auf den Boden zu nageln und ihm ein paar satte Schwinger auf die Nase zu geben. «Hilfe», sagte er.
    Hilfe? Scheiße. Norman schaute sich um. Der Typ schien zu erwarten, daß jeden Moment die US-Kavallerie die Straße heruntergaloppiert kommen müßte. «Wir sind in einem Moor», sagte er. «Es ist mitten in der Nacht. Wo willst du Hilfe herkriegen?»
    Norman sah zu ihm hinab. Ja, er war alt. Sechzig, vielleicht fünfundsechzig. Er starrte zu Norman auf, und in diesen kleinen Augen lag echte Überraschung, als wäre er vom Leibhaftigen persönlich überfallen worden. «Ich will deine Klamotten», sagte Norman. «Ich will deine Karre. Das ist alles. Ich werd dir nichts tun.»
    Der Typ schwieg.
    «He! Hörst du mir zu?» fragte Norman und verpaßte ihm eine Ohrfeige.
    Diesmal nickte der Kerl. Wimmerte ein bißchen rum.
    «Wir tauschen die Klamotten. Okay?»
    «Ja», antwortete der Typ.
    «Du machst es einem verdammt schwer», sagte Norman. Er zog den alten Knaben an den Schultern hoch und achtete darauf, nicht unnötig den Anzug zu versauen. Die Nase blutete ein bißchen. Ein dünner Blutfaden zog sich an seinem Mundwinkel vorbei und hielt auf den Kragen des Hemdes zu. Norman wischte das Blut mit der Hand weg. «Wir wollen doch nicht dein hübsches Hemd versauen, stimmt’s?» sagte er. Es gelang ihm, den Kerl auf die Beine zu stellen, doch kaum ließ er ihn los, da fing der Typ auch schon an zu torkeln und landete mitten auf der Straße wieder auf seinem Arsch.
    «Was ist los mit dir, Mann?» fragte
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