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Vogelwild

Vogelwild

Titel: Vogelwild
Autoren: Richard Auer
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die
durch lehmige Schotterpisten verbunden wurden, die immer wieder in Sackgassen
endeten. Zum Glück waren sie mit Morgensterns Geländewagen unterwegs. Als sie
sich bereits mehrmals verfahren hatten, rief Huber in der Inspektion an, um
sich den exakten Standort erklären zu lassen. Gleichzeitig konnten sie über
sich den gelben Rettungshubschrauber von Ingolstadt herüberkommen hören. In der
Nähe ihres Standortes tauchte der Helikopter in einen der größeren Brüche.
Entschlossen legte Morgenstern den Rückwärtsgang ein und fand durch die
Mondlandschaft endlich den Weg zum Unfallort, wo schon die Kollegen von der
Polizeiinspektion auf sie warteten. Das Rote Kreuz war mit einem Rettungswagen
anwesend, und auch der Notarzt und die freiwilligen Feuerwehren aus Eichstätt
und dem Dörfchen Wintershof hatten bereits hergefunden. Mittendrin lief ein
Reporter der Lokalzeitung hin und her und fotografierte unablässig.
    »Warum wissen die Medien eigentlich immer so schnell
Bescheid, wenn was passiert?«, fragte Morgenstern genervt.
    »Ach, die müssen einfach nur die Ohren aufsperren –
genauso wie wir vorhin«, erklärte Huber. »Ein Martinshorn ist ein normaler
Herzinfarkt, zwei sind vielleicht ein Motorradunfall, bei dreien ist es etwa
Gröberes und auf jeden Fall eine Anfrage bei der Polizei wert.«
    »Dann hören die also keinen Polizeifunk ab?«, staunte
Morgenstern, denn davon war er immer ausgegangen.
    »Nein, da hätten die ja was zu tun! Zum Glück ist in
Eichstätt alles übersichtlich.«
    Der
Steinbruch, in dem der Verunglückte lag, war etwa dreißig Meter tief. Der Boden
war nur über eine steile Piste zu erreichen, über die sich auch die beiden
Feuerwehrautos und der Rettungswagen hinabgequält haben mussten. Unten stand
ein provisorischer Schuppen, eine Art Scheune, die mit groben Brettern rundum
vernagelt war und sich durch eine wuchtige Balkenkonstruktion auszeichnete.
Auch das Dach bestand aus Brettern, die wiederum mit einer dicken hellgrünen
Plastikplane überdeckt worden waren. Kein Bauwerk für die Ewigkeit, so viel
stand fest, eher die ärmliche Unterkunft von Maria und Josef am Heiligen Abend
in Bethlehem. Der Grund des Bruchs war einheitlich glatt, weshalb der gelbe
Rettungshubschrauber hier auch problemlos hatte landen können. Die beiden
Polizisten mussten ihren Wagen hingegen oben an der oberen Kante parken und
sahen nun hinab in die Tiefe. Senkrecht fielen die lehmigen Wände ab, sodass
die verschiedenen Steinschichten gut zu erkennen waren. An einer Seite, direkt
am Fuß des Abhangs, lag unter Schutt und Geröll ein Mann begraben.
    In diesem Moment gelang es den Helfern, mit bloßen
Händen den Körper zu befreien. Als Morgenstern und Huber endlich bei der Leiche
angekommen waren, stellte der Notarzt gerade seine Untersuchung ein. Zwei
Streifenbeamte von der Inspektion fassten kurz das Unglück zusammen. Der Mann,
allem Anschein nach ein türkischer Steinbrucharbeiter, hatte sich wohl mit
einem langen Stemmeisen an einer Steilwand zu schaffen gemacht.
    »Er hat einen Erdrutsch ausgelöst und ist davon dann
verschüttet worden. Da hast du keine Chance, das Material muss mehrere Tonnen
wiegen«, sagte einer der Polizisten.
    »Die Wintershofer Feuerwehrler haben den Toten
freigelegt«, fügte sein Kollege hinzu, »zuerst haben nur noch die Beine
rausgeschaut. Deswegen war uns auch gleich klar, dass da nichts mehr zu machen
war. Die Leute sind natürlich völlig fertig.« Er deutete zu dem Holzschuppen
hinüber. Im Schatten einer Bretterwand hatten die erschöpften Helfer Schutz vor
der sengenden Sonne gefunden.
    Morgenstern zeigte auf einen Gabelstapler, der
ebenfalls direkt neben dem Schuppen parkte. »Und wem gehört der?«, wollte er
wissen.
    Huber warf ihm einen etwas genervten Blick zu. Wen
interessierte in diesem Moment schon ein stinknormaler Gabelstapler?
»Wahrscheinlich dem toten Arbeiter selbst«, wollte er die Frage abtun. »Die
Männer arbeiten als Hackstockmeister auf eigene Rechnung. Jeder hat hier seine
kleine Parzelle gepachtet, dann brauchen sie eigentlich bloß noch einen Pickel,
eine Schaufel und eine Brechstange, und los geht’s. Wer es zu etwas gebracht
hat, der baut sich in seiner Ecke einen Stadel, damit er auch bei Sonne, Regen
und im Winter arbeiten kann, und er kauft sich natürlich einen Gabelstapler.
Mit ihm kann man die stabileren Steinschichten maschinell hochheben. Somit ist
es ein Einfaches, die Holzpaletten mit den gebrochenen Steinen
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