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Vita Nuova

Vita Nuova

Titel: Vita Nuova
Autoren: Brrazo
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war sie noch immer ganz benommen. Ist wohl besser, ich spreche morgen mit ihr.«
    »Ja, tun Sie das … oder nein, warten Sie, vielleicht sollte ich das besser übernehmen … schließlich müssen Sie sich ja auch noch um Ihre Station kümmern – Palazzo Pitti, nicht wahr?«
    »Ja.«
    »Gut, dann rede ich morgen mit ihr. Das spart Ihnen Zeit. Das Opfer war also nicht verheiratet? Gut, aber schaffen Sie mir trotzdem den Mann aus ihrem Leben herbei, den Vater des Kindes, ihren Freund, den Mann, mit dem sie ausgegangen ist. So was kann man nicht geheim halten. Irgendjemand wird was wissen. Konzentrieren Sie sich darauf.«
    »In Ordnung, ja, ich kümmer mich drum. Lorenzini, mein Stellvertreter, kommt demnächst wieder aus dem Urlaub zurück. Es wird also keine Probleme geben, wenn ich …«
    »Alles klar.« De Vita starrte in das Zimmer, in dem noch immer zwei Kriminaltechniker arbeiteten, einer sammelte mit einer Pinzette etwas vom Boden auf, der andere untersuchte das Fensterbrett unter einem offenen Fenster. Doch schien sich der Staatsanwalt nicht sonderlich für die Arbeit der beiden zu interessieren. Er starrte einfach nur gedankenverloren vor sich hin, eine steile Falte auf der Stirn. Die Spitzen der beiden Zypressen streckten sich dem Himmel entgegen, regungslos wie zwei Wachposten. In dem großen Schlafzimmer stand die Luft. Nur ein Fenster war geöffnet. Die Morgensonne brannte heiß ins Zimmer, strahlte wie ein Scheinwerfer das weiße, ungemachte Bett an, das auf der einen Seite mit zahllosen kleinen, roten Sprenkeln übersät war. Die Türen zum Bad und zum Kinderzimmer standen offen. Der Staatsanwalt fixierte noch immer gedankenverloren denselben Punkt. Bestimmt überlegt er gerade, wie er mir den Fall am geschicktesten wieder entziehen und an jemand anderen übergeben kann, schlussfolgerte Guarnaccia. Er wusste nur zu genau, was der Staatsanwalt von ihm hielt, hatte seine Worte keineswegs vergessen, die der Mann ihm vor Jahren hinterhergerufen hatte:
    »Dieser Kerl, begreift nichts, aber auch rein gar nichts!«
    Zugegeben, im Reden war er nicht sonderlich gut, und der Staatsanwalt war nicht der Erste, der deshalb die Geduld mit ihm verloren hatte, und würde mit Sicherheit auch nicht der Letzte bleiben. Was soll’s, wenn De Vita tatsächlich jemand anderen auf den Fall ansetzte, umso besser. In letzter Zeit neigte er sowieso ziemlich häufig zu Verdrossenheit und Missmut, wahrlich keine gute Voraussetzung dafür, um reichen Leuten auf die Füße zu treten, die jederzeit ihre Verbindungen spielen lassen und jede Menge Ärger machen konnten.
    »Gut.« Der Staatsanwalt hatte offensichtlich einen Entschluss gefasst. Er nahm die Aktentasche auf, die er zwischen den Beinen abgestellt hatte, und klopfte Guarnaccia auf die Schulter. »Alles klar! Sie suchen nach ihrem Freund … und bringen Sie die Schwester nach hier oben, wenn die beiden Jungs hier fertig sind mit ihrer Arbeit. Sie muss unbedingt nachsehen, ob was gestohlen worden ist. Ich erwarte Sie dann morgen mit dem Bericht in meinem Büro.«
    Sie verabschiedeten sich mit einem Händeschütteln, und urplötzlich blitzten den Maresciallo strahlend weiße Zähne an. Das ungewohnte, breite Lächeln im Gesicht des Staatsanwalts beunruhigte den Maresciallo mehr als jeder Wutausbruch. Was hatte das zu bedeuten?
    Man soll seine Mitmenschen nicht voreilig in Schubladen stecken. Möglicherweise hatte der Staatsanwalt inzwischen seine freundliche, mitfühlende Seite entdeckt. Auf jeden Fall hatte der Kerl viel zu weiße Zähne. Und sein Haar war gefärbt.
     
    »Außerdem kann ich Männer nicht ausstehen, die wie eine Parfümerie riechen. Ich weiß, ich weiß, du sagst jetzt wieder, ich sei altmodisch. Na und? Ich bin altmodisch! Wo zum Teufel ist …« Er öffnete eine Schranktür nach der anderen und schlug sie krachend wieder zu, ohne richtig hineinzusehen; so fand er natürlich nicht das Gesuchte. »O Teresa!«
    Doch kurz darauf bald blieb er plötzlich wie angewurzelt mitten in der Küche stehen – die Schranktüren waren ihm ausgegangen.
    »Und komm mir jetzt bloß nicht wieder damit, dass Männer nie was finden. Wenn die Sachen dort wären, wo sie hingehören, dann müsste man nicht suchen, dann wären sie nämlich einfach da.«
    Das Telefon klingelte. »Wo zum Teufel …?« Er hatte das schnurlose Gerät aufs Bett gelegt, als er duschen war, falls sie …
    Der Maresciallo eilte ins Schlafzimmer und ging ans Telefon, war dabei aber so wütend, dass er sich
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