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Visionen Der Nacht: Die Dunkle Gabe

Visionen Der Nacht: Die Dunkle Gabe

Titel: Visionen Der Nacht: Die Dunkle Gabe
Autoren: Lisa J. Smith
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Gier, die sie von den meisten Jungs kannte.
    »Lewis fotografiert, seit wir heute Morgen hier angekommen sind«, sagte Anna. »Wir haben schon das gesamte Areal dokumentiert.«
    Kaitlyn zwinkerte die Nachwirkungen des Blitzes aus den Augen und sah Lewis dann neugierig an. »Wirklich? Wo kommst du denn her?« Wahrscheinlich weiter als Ohio, dachte sie.
    Er lächelte verschmitzt. »San Francisco.«
    Kaitlyn lachte, und plötzlich lachten sie alle drei. Kein bösartiges Lachen, kein schadenfrohes Lachen, sondern ein wunderbar fröhliches, entspanntes Gelächter. Und da wusste Kait es.
    Hier würde sie glücklich sein.
    Die Vorstellung war einfach zu gewaltig. Sie würde glücklich sein, ein ganzes Jahr lang. Vor ihrem inneren Auge eröffnete sich ein weites Panorama. Sie würden an dem Kamin sitzen, den sie unten gesehen hatte, lernen und ihre jeweils eigenen Projekte durchführen. Alle wären einander zugetan. Jeder war anders, doch keinem machte das etwas aus.
    Mauern waren zwischen ihnen nicht notwendig.
    Sie kamen ins Gespräch, lebhaft und zunehmend vertrauter. Es war völlig natürlich, sich zu Anna aufs Bett zu gesellen.

    »Ich komme aus Ohio …«, begann Kait.
    »Aha, eine Buckeye«, warf Lewis den Spitznamen für die Bewohner von Ohio ein.
    »Ich bin aus dem Staat Washington«, sagte Anna. »Nicht weit vom Puget Sound.«
    »Du bist Indianerin, nicht wahr?«
    »Ja, von den Suquamish.«
    »Sie spricht mit Tieren«, sagte Lewis.
    »Eigentlich spreche ich nicht mit ihnen«, sagte Anna sanft. »Aber ich kann sie beeinflussen – manchmal. Es ist so eine Art Gedankenprojektion, sagt Joyce.«
    Gedankenübertragung bei Tieren? Vor wenigen Wochen hätte Kait das für völlig abwegig gehalten, aber war ihre eigene Gabe das nicht auch? Wenn das eine möglich war, dann auch das andere.
    »Ich kann Telekinese«, sagte Lewis. »Der Geist beherrscht die Materie.«
    »So was wie … das Verbiegen von Löffeln?«, fragte Kait unsicher.
    »Nein, das ist ein Trick. Echte Telekinese macht man mit kleinen Sachen, zum Beispiel, wenn man eine Kompassnadel ablenkt. Was machst du so?«
    Unwillkürlich pochte Kaitlyns Herz. Nie in ihrem Leben hatte sie das laut ausgesprochen.
    »Ich … sehe sozusagen in die Zukunft. Eigentlich nicht ich, sondern meine Bilder, und wenn ich sie
mir dann später ansehe, weiß ich, dass sie ein Ereignis vorausgesagt haben. Aber meistens weiß ich es erst, wenn es eingetreten ist«, erklärte sie etwas verworren.
    Lewis und Anna sahen sie nachdenklich an. »Das ist cool«, sagte Lewis schließlich. »Dann bist du Künstlerin?«
    Die Erleichterung, die Kaitlyn erfasste, tat schon fast weh, doch dann war sie einfach nur glücklich. »Wahrscheinlich. Ich male gern.«
    Ich würde jetzt gerne malen, dachte sie. Am liebsten hätte sie gleich ihre Ölkreiden geholt. Sie würde Anna in gebranntem Umbra, Schwarz und Siena malen. Bei Lewis würde sie einen Blau-Schwarz-Ton fürs Haar wählen und ein fleischfarbenes Ocker für die Haut.
    Später, ermahnte sie sich. Laut sagte sie: »Wie steht es denn mit den Zimmern hier oben? Wer wohnt wo?«
    »Das haben wir uns auch schon gefragt«, sagte Anna. »Das Problem ist, dass wir zu fünft sind, und es gibt nur vier Zimmer. Dieses hier und ein größeres nebenan, und dann noch zwei schmälere weiter hinten im Flur.«
    »Und nur die großen Zimmer haben Kabelanschluss. Ich habe es Anna immer und immer und immer wieder erklärt«, sagte Lewis mit tragischem Gesichtsausdruck, »dass ich ohne mein MTV nicht leben kann. Aber sie versteht es nicht. Außerdem brauche
ich genug Steckdosen für meinen Computer und die Stereoanlage und den ganzen Krempel. Die gibt es nur in den größeren Zimmern.«
    »Es ist nicht fair, wenn wir die guten Zimmer belegen, ehe die anderen ankommen«, sagte Anna sanft, aber bestimmt.
    »Ich brauche aber mein MTV. Sonst sterbe ich.«
    »Also, mir ist der Kabelanschluss egal«, sagte Kaitlyn. »Aber ich hätte gern ein Ostzimmer. Ich zeichne gern morgens.«
    »Das Schlimmste hast du noch nicht gehört. Jedes Zimmer hat seine Eigenheit«, sagte Lewis. »Das nebenan ist riesig, und es hat ein Doppelbett, Balkon und ein Sprudelbad. Das hier hat den Erker da drüben und ein eigenes Bad, dafür aber wenig Schrankplatz. Und die beiden Zimmer hinten haben einen großen Schrank, aber dafür ein gemeinsames Badezimmer.«
    »Also, das größte Zimmer sollten natürlich die beiden bekommen, die sich ein Zimmer teilen, denn zwei von uns werden das wohl tun
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