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Viscount und Verfuehrer

Titel: Viscount und Verfuehrer
Autoren: Karen Hawkins
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Da war einmal die schmerzliche Freiheit, die damit einherging. Die Erregung, die sich jedes Mal aufs Neue einstellte, wenn er und Willie sich einer Kutsche näherten. Das Gefühl, wenn er die Lippen einer leidenschaftlichen Frau unter den seinen spürte, so wie heute.
    Er lächelte. Oft genug hatten ihm die vornehmen Ladies, von denen er einen Kuss errungen hatte, ohne Wissen ihrer Gatten oder Liebhaber auch noch andere Pfänder überreicht - Ringe, Bänder, Dinge, die ihm Zutritt zu den Boudoirs der größten Damen von ganz England verschaffen hätten können - und es manchmal auch taten.
    Nun war er selbst ein Lord und hatte ohne Weiteres Zugang zu ebenjenen Boudoirs. Er war den Damen nun ebenbürtig, er gehörte nun auch zur creme de la creme der Gesellschaft.
    Christian grinste. „Reeves, mein Wort darauf, dass Willie und ich unseren letzten Ritt unternommen haben. Gentleman James gehört ab sofort der Vergangenheit an.“
    „He, Moment mal!“, protestierte Willie. „Das geht doch nicht!“
    „O doch“, erwiderte Reeves und blickte Willie missbilligend an. „Sie, Master William, sollten sich lieber damit befassen, welche Stellung Sie im neuen Haushalt Seiner Lordschaft einzunehmen gedenken. Lord Westerville braucht ab sofort keinen Komplizen mehr, der ihm das Pferd hält, während er mit den Pistolen herumfuchtelt.“
    Christian lachte, als er Willies empörte Miene sah. „Ruhig Blut, Willie, mein Bester. Erzähl Reeves doch von deinem neuen Auftrag, nur zu.“
    Willies Miene hellte sich auf. „Aye, genau! Und wenn wir heut Nacht nicht mehr auf die Jagd gehen, dann schaue ich am besten zu, dass ich mich um meine neuen Pflichten kümmere, was?“
    „Nimm das Pferd. Ich erwarte dich in einer Woche zurück. “
    „Bälder, Chef!“ Willie warf Reeves einen harten Blick zu und ging danach würdevoll davon.
    „Wohin ist Master Willie jetzt wieder unterwegs?“, fragte Reeves.
    „Ach, fragen Sie lieber nicht so genau nach.“
    Der Butler seufzte. „Ich habe befürchtet, dass Sie das sagen könnten.“ Er nickte einem Lakaien zu, der außer Hörweite bereitstand. Der Mann eilte herbei, um den Schlag zu öffnen und die Treppe herunterzulassen. Christian stieg in die Kutsche, gefolgt von Reeves, und kurz darauf schwankte die Kutsche über die zerfurchte Straße.
    Reeves erkundigte sich: „Mylord, darf ich fragen, wie Sie den Mann entlarven wollen, der Ihre Mutter verraten hat?“ „Ich weiß, wer meine Mutter verraten hat: der Duke of Massingale. Aber ich brauche weitere Beweise.“
    Reeves hob die Brauen. „Der Duke lebt sehr zurückgezogen.“
    „Deswegen plane ich, mir Zutritt zu verschaffen, indem ich seiner Enkelin den Hof mache.“
    Reeves schwieg eine ganze Weile. „Demnach war sie an dem gemeinen Verrat beteiligt?“
    „Nein. Als meine Mutter starb, war sie ja noch ein Kind.“ Christian sah die Missbilligung im Blick des Butlers. „Ich habe über zwanzig Jahre gewartet, um das Unrecht zu sühnen, das meiner Mutter angetan wurde. Jetzt werde ich mich rächen, egal wie.“
    Reeves seufzte. „Ja, Mylord, ich sehe, dass Sie fest entschlossen sind. Und ich muss sagen, angesichts Ihres bisherigen Berufslebens finde ich es ein wenig beklemmend, wie wenig Sie für unsere Gesetze übrig haben.“
    „Getötet habe ich noch niemanden.“
    „Von seinem Dienstherrn hört man so etwas immer wieder gerne. Bitte seien Sie nicht verärgert, wenn ich Sie von Zeit zu Zeit bitte, diese Aussage zu wiederholen. Ich finde diese Worte beruhigend.“
    Christian lachte und lehnte sich in die Polster zurück. Es würde all seiner Gewandtheit bedürfen, um sich Zutritt zum Haushalt des Dukes zu verschaffen. Aber wenn er erst einmal in London war und ein paar Wochen damit verbracht hatte, der Enkelin den Hof zu machen ...
    „Rache“, sagte Christian leise vor sich hin. Das Wort verschmolz mit dem Knarren des ledernen Geschirrs und dem Donnern der Pferdehufe.
    Mit grimmigem Lächeln blickte Christian hinaus in die pechschwarze Nacht. In der Ferne blinkten Lichter und winkten ihn voran. Ja, Rache. London mit all seinen Einwohnern sollte sich lieber vorsehen.

2. KAPITEL
    Ein wahrer Gentleman weiß mit einer einfachen Geste die mannigfaltigsten Gefühle auszudrücken. Diese Form der Kommunikation funktioniert stets zuverlässig, außer natürlich bei den weiblichen Anverwandten, sei es Mutter, Gattin oder andere. In diesem Fall kann man sich gar nicht ausführlich genug mitteilen, ob man nun ein Gentleman ist oder
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