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Virtuelles Licht

Virtuelles Licht

Titel: Virtuelles Licht
Autoren: William Gibson
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Schwierigkeiten geht's denn überhaupt?« fragte er schließlich.
    Die Frau lächelte bloß. »Ganz egal, Berry,
    wahrscheinlich mehr als genug.«
    Er blinzelte zu ihr hoch. Sie sah gar nicht so schlecht aus. »Wie heißen Sie?«
    »Karen Mendelsohn.« Sie sah nicht so aus, als ob sie aus Knoxville oder auch nur aus Memphis wäre.
    »Sind Sie von Cops in Schwierigkeiten?«
    »Ja.«
    »Was machen Sie da?«
22
    »Ich bin Anwältin«, sagte sie. Rydell konnte sich nicht entsinnen, jemals zuvor einen Anwalt kennengelernt zu haben, aber danach lernte er ganze Scharen von ihnen kennen.
    Gunheads Anzeigen waren leere
    Flüssigkristallflächen; sie erwachten zum Leben, als Rydell den Schlüssel einsteckte, den Sicherheitscode eintippte und die wichtigsten Systeme checkte. Am liebsten mochte er die Kameras unter der Heckstoßstange. Sie machten das Parken wirklich einfach; man konnte genau sehen, wohin man im
    Rückwärtsgang fuhr. Die Satellitenverbindung mit dem Todesstern würde nicht funktionieren, solange er noch in der Autowaschanlage war — zuviel Stahl in dem Gebäude —, aber es war Subletts Job, sich mittels Ohrstöpsel über alles auf dem laufenden zu halten.
    Im Personalraum bei IntenSecure hing eine Notiz, in der stand, es sei Firmenpolitik, ihn nicht so zu nennen —den Todesstern —, aber trotzdem taten es alle. Das LAPD nannte ihn selbst so. Offiziell war es der Südkalifornische Geosynklinale Polizeisatellit.
    Rydell behielt die Bildschirme am Armaturenbrett im Auge, während er vorsichtig rückwärts aus dem
    Gebäude fuhr. Die beiden Keramikmotoren von
    Gunhead waren so neu, daß sie noch relativ leise liefen; Rydell konnte die Reifen über den nassen Betonboden zischeln hören.
23
    Sublett wartete draußen. Seine silbernen Augen
    spiegelten das Rot vorbeifahrender Rücklichter. Hinter ihm ging die Sonne unter, und die Farben des Himmels zeigten mehr als den üblichen Cocktail von Zusätzen. Er trat beiseite, als Rydell im Rückwärtsgang an ihm vorbei fuhr, nervös darauf bedacht, auch nicht das kleinste Tröpfchen Sprühwasser von den Reifen abzukriegen.
    Rydell war ebenfalls nervös; er wollte den Texaner nicht wieder nach Cedars bringen müssen, wenn seine Allergien ausbrachen.
    Rydell wartete, während Sublett ein Paar
    Gummihandschuhe überzog.
    »Na, wie geht's«, sagte Sublett und kletterte auf seinen Sitz. Er schloß seine Tür und begann, die Handschuhe auszuziehen; er streifte sie vorsichtig ab und warf sie in einen Beutel mit Reißverschluß.
    »Paß bloß auf, daß du nichts abkriegst«, flachste Rydell, der zusah, wie vorsichtig Sublett mit den Handschuhen umging.
    »Jaja, lach ruhig«, sagte Sublett nachsichtig. Er holte ein Päckchen hypoallergenen Kaugummi heraus und steckte sich ein Stück in den Mund. »Wie sieht's aus mit dem alten Gunhead?«
    Rydell ließ den Blick zufrieden über die Anzeigen schweifen. »Gar nicht so übel.«
    »Hoffentlich müssen wir heute nacht nicht in
    irgendwelche verdammten Tarnhäuser rein«, sagte
    Sublett kauend.
24
    Die sogenannten Tarnhäuser standen auf Subletts
    privater Liste unangenehmer Einsätze. Er sagte, die Luft in den Dingern sei giftig. Rydell hielt nichts von dieser These, aber er hatte es satt, darüber zu diskutieren. Die Tarnhäuser waren größer und teurer als die meisten normalen Häuser, und Rydell nahm an, daß die Eigentümer einen Haufen Geld bezahlten, um die Luft sauber zu halten. Sublett behauptete, wer sich ein Tarnhaus baue, sei eh schon paranoid und hielte die Türen und Fenster zu häufig geschlossen, so daß die Luft nicht zirkulieren könne, und dann käme es zu dieser starken Konzentration von Giftstoffen.
    Falls es in Knoxville Tarnhäuser gegeben hatte, so hatte Rydell nichts davon gewußt. Er glaubte, daß es so was nur in L.A. gab. Sublett, der seit fast zwei Jahren bei IntenSecure war, meistens auf Tagesstreife in Venice, war der erste gewesen, der sie Rydell gegenüber überhaupt erwähnt hatte. Als Rydell schließlich zu einem dieser Häuser gerufen wurde, fand er es schlichtweg unglaublich; es ging einfach immer tiefer in die Erde und war unter etwas vergraben, das fast, aber nicht ganz, wie eine ausgebombte chemische Reinigung aussah. Und innen war alles geschältes Holz, weißer Putz, türkische Teppiche, große Gemälde, Schieferböden und Möbel, wie er noch nie welche gesehen hatte. Aber es war ein problematischer Einsatz; Gewalt in der Ehe, vermutete Rydell. Wahrscheinlich hatte der Mann die Frau geschlagen,
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