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Virgil Flowers 03 - Bittere Suehne

Virgil Flowers 03 - Bittere Suehne

Titel: Virgil Flowers 03 - Bittere Suehne
Autoren: John Sandford
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darin bestand, sie mit Arbeit zu versorgen. Sie täuschten sich, und das würden sie merken. Sobald sie die Anteile hätte, würde sie beginnen, mit dem eisernen Besen durchzukehren.
    Die Frage war nur, wie? Der gegenwärtige Kreativdirektor Barney Mann war clever, geistreich, fleißig, also jemand, den sie behalten wollte – aber er hatte alle möglichen freundschaftlichen Verbindungen zum übrigen Personal. Manchmal ging er sogar mit seinen Untergebenen etwas trinken, spielte Golf mit ihnen oder lieh ihnen Geld. Er war beliebt. Ein Mann, der eine unerlässliche Managemententscheidung in eine Schlammschlacht verwandeln konnte.
    Er hatte bei der Mattocks-Motor-City-Sache hervorragende Arbeit geleistet, daran bestand kein Zweifel. Dave Mattocks hielt Mann für ein Genie, und der Motor-City-Auftrag hatte im vergangenen Abrechnungszeitraum neun Prozent von RHMs Umsatz ausgemacht. Neun Prozent. Wenn ein Geschäft dieser Größenordnung kippte, verlor man mehr als nur einen Kunden – andere würden sich fragen, was geschehen war und warum, und gelangten eventuell zu dem Schluss, dass RHM schwächelte.
    Erica McDill wollte Mann behalten und fragte sich, wie menschenfreundlich er tatsächlich war. Vielleicht sollte sie ihn einfach mal zum Essen einladen und ihm eine Partnerschaft, eine Option auf zehn Prozent der Anteile sowie eine Million Dollar anbieten, damit er keine Probleme machte, wenn die Axt herniedersauste.
    Möglicherweise konnte er den Schlag für die zu entsorgenden Leute sogar ein wenig abmildern. Vielleicht sollte er einen Fonds verwalten, aus dem sich kleine, steuerlich absetzbare Geldgeschenke finanzierten, die im Bedarfsfall ausgegeben würden, um Leidensgeschichten aus den Medien herauszuhalten. Hoch müsste der Betrag ja nicht sein …
     
    Erica ließ sich dahintreiben.
    Nach einer Weile wandten sich ihre Gedanken von der Agentur ab und dem bevorstehenden Abend zu, ihrem heimlichen Date nachts zuvor und Ruth. Erica war der Beziehung mit Ruth entwachsen. Ruth entwickelte sich allmählich zu einer Hausfrau mittleren Alters; ihr Hirn wurde im selben Maße träger wie ihr Hinterteil breiter. Wahrscheinlich buk sie zu Hause gerade einen Kürbiskuchen oder so was in der Art.
    In gewisser Hinsicht, dachte McDill, veränderte ihre Übernahme der Agentur alles.
    Die Agentur war heiß, sie war heiß.
    Es wurde Zeit, ihr Licht nicht mehr unter den Scheffel zu stellen.
     
    Der Adler kehrte zurück.
    Sie erkannte ihn bereits in einem Kilometer Entfernung, unverwechselbar in seiner Größe, ein riesiger Vogel, der, ohne mit den Flügeln zu schlagen, durch die Luft glitt. Etwa dreihundert Meter entfernt drehte er in der kristallklaren Luft ab.
    Erica fragte sich, warum: Bisher hatten sich die Vögel durch ihre Anwesenheit nie gestört gefühlt.
    Hatte der Adler noch etwas anderes gesehen?
    Erica drehte sich um und suchte das Ufer ab, nahm eine Bewegung wahr, runzelte die Stirn, beugte sich vor. Was war das? Etwas blitzte auf …
    Da traf sie ein Schuss in die Stirn.

ZWEI
    Halb sechs morgens.
    Der untere Rand des Mondes berührte bereits die Nebelschwaden über dem frühmorgendlichen Wasser. Virgil Flowers stand im Heck eines über fünf Meter langen Tuffy, eine Angelrute von Thorne Brothers in der Hand, und blickte über die Seite des Bootes.
    »Siehst du ihn?«, fragte Virgil.
    »Nicht mehr«, antwortete Johnson, richtete sich auf und holte die Rute aus dem Wasser. »Scheiße. Wär auch zu viel verlangt gewesen. In den ersten fünf Minuten fängt man noch keinen.«
    »War’s ein Ordentlicher?«
    »Keine Ahnung. Hab nur was Weißes gesehen.« Johnson schaute zum Mond hinauf, der sich östlich von ihnen befand. Obwohl die Sonne erst in zehn Minuten aufgehen würde, begann der Horizont bereits, heller zu werden. »Wir brauchen mehr Licht auf dem Wasser.«
    Er ließ sich auf der Sitzbank im Bug nieder. Virgil warf einen Köder in Richtung Ufer aus, holte ihn ohne Erfolg ein, warf noch einmal aus.
    »Bei dem Dunst sieht der Mond aus wie ein riesiger Kartoffelchip«, bemerkte Johnson.
    »Was?«, fragte Virgil, der glaubte, sich verhört zu haben.
    »Wie so ein Pringle«, erklärte Johnson.
    Virgil hielt kurz inne. »Ich widersprech dir ja nur ungern, Johnson, aber der Mond sieht definitiv nicht aus wie ein Pringle-Kartoffelchip.«
    »Doch. Genau so«, beharrte Johnson.
    »Er erinnert mich eher an diese Butterbällchen, die man im Country Kitchen zum Toast kriegt«, sagte Virgil.
    »Butterbällchen?«, wiederholte
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