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Vilm 03 - Das Dickicht (German Edition)

Vilm 03 - Das Dickicht (German Edition)

Titel: Vilm 03 - Das Dickicht (German Edition)
Autoren: Karsten Kruschel
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andererseits war sie immer noch neugierig wie eh und je. Vielleicht hatten all diese Leute sich ja auch nur etwas eingebildet, und in diesem Fall würde gar nichts geschehen.
    Nach einigen engen Kurven, die mit gedrosselter Geschwindigkeit gefahren wurden, erreichte der Halbkugler das Ziel der Fahrt und rollte vor einem gespenstischen Gebäude aus. Im Dunkel des Gebirges thronte eine milchweiße, von innen heraus leuchtende Kuppel. Als Eliza mit Will und Adrian näher herankam, erkannte sie ihren Irrtum.
    Das war gar kein Gebäude, sondern – wie hatte sie es nur vergessen können – ein großes Pflanze-Tier-Mischkonstrukt. Eine große Jurte aus feinem Pilzmyzel, das über fahle Rippenbögen gespannt war. Es bewegte sich, ganz leicht nur, und immer da, wo man gerade nicht hinblickte. Ein irritierender Effekt.
    Der Eingang öffnete sich, als sie näherkamen. Das Pilzgeflecht wehte auseinander wie unter einem Windstoß und gab einen Durchgang ins Innere frei. Dort standen Leute um eine Mulde im Boden herum.
    »Was geht denn hier vor?«, bellte Will-A, und Will-J sprang zwischen den Gestalten hin und her, um herauszufinden, auf wen man hier so überraschend getroffen war. Und vor allem, wer dort lag und mit dem äquatorialen Gestrolch in Kontakt stand.
    »Len Robinson!«, herrschte er den vierschrötig gebauten Mann an, auf dessen rundlichem Gesicht sich Bestürzung mit dem trotzigen Ausdruck eines erwischten Kindes mischte.
    »Brink! Ich hatte ja wirklich gedacht, dass deine Eskapaden nach dem Ausflug in den Süden damals aufgehört hätten«, sagte der Administrator wütend. Die junge Frau sah ihn regungslos an, aber ihr Eingesicht wollte im Boden versinken.
    Dann sah er den Mann an, der direkt am Rand der Mulde stand.
    »Dich kenne ich nicht!«
    Als Will die Gestalt näher musterte, die in der Mitte des Raumes lag, eingesunken in den Boden und umsponnen von den kaum sichtbaren Scheinfüßchen der Kuppel, reimte er es sich zusammen.
    »Du bist einer von den Leibwächtern dieser unausstehlichen Familie!«
    Der Mann im Kokon war unverkennbar ein Cummino; mittlerweile kannte man ihr gemeinsames Merkmal.
    Die laute Stimme Wills schien ihn zu stören; er öffnete die Augen und sah den wütenden Administrator verwirrt an. Sofort begannen die Scheinfüßchen, sich von seiner Haut zu lösen, und der zarte Halo aus Myzel um seinen Kopf zog sich zurück, verschmolz wieder mit dem Boden.
    Adrian war unterdessen zu Brink gegangen.
    »Was hast du dir denn bloß dabei gedacht?«, fragte er.
    Len Robinson mischte sich ein, ehe Brink antworten konnte.
    »Ich fürchte, daran bin ich nicht ganz unschuldig. Ich habe ihr versprochen, sie nach Atibon Legba mitzunehmen. Dort kann sie von der Bestechungssumme, die ihr der Cummino gezahlt hat, längere Zeit gut leben.«
    »Immer wieder dieselbe Geschichte«, sagte Eliza.
    Sie ließ die erregte Diskussion zwischen den Vilmern hinter sich und betrachtete den Mann in der Mulde, der sich überraschend schnell aus dem Status einer eingesponnenen Larve in einen gutgekleideten Menschen zurückverwandelt hatte.
    Er sah nicht glücklich aus.
    Die alte Lehrerin streckte die Hand aus, um ihm hochzuhelfen, und registrierte aus dem Augenwinkel, dass der Leibwächter beinahe dazwischengesprungen wäre. Im letzten Moment entschied er wohl, dass eine alte, einarmige Frau keine Bedrohung für seinen Schutzbefohlenen darstellen konnte.
    »Und?«, fragte Eliza. »Jemanden getroffen, den Sie kennen?«
    »Allerdings«, murmelte der Mann. »Sogar mehrere.« Er schluckte. »Meinen Cousin Leandro und seinen Gehilfen Vincent, die beide ... Es war ein sehr seltsames Erlebnis.« Sein Blick fiel auf die Auseinandersetzung zwischen Brink und Will, die durch die beiden drum herum springenden Eingesichter etwas nach einer missglückten Dressurnummer aussah.
    »Was ist denn da los?«, fragte er.
    Eliza winkte ab. »Familienangelegenheiten.«
    Das Mitglied des Cummino-Clans nickte. »Genau wie bei mir. Außer Leandro und Vincent glaube ich, noch mehr Verwandte gesehen zu haben. Zwei, genauer gesagt, samt ihren Leibwächtern. Ich kann aber nicht sagen, was mit ihnen geschehen ist.«
    Er ergriff Elizas Hand, drückte sie und zischte leise: »Lassen Sie’s sein!« Dabei wies er auf die Mulde. »Es ist gefährlich.«
    Eliza musterte ihn. »Inwiefern?«
    »Wenn Leandro da drin ist ... in irgendeiner Form, meine ich ... irgendwie ... dann hat die Familie ein ernsthaftes Problem. Und wenn ich die anderen richtig erkannt habe,
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