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Vilm 03 - Das Dickicht (German Edition)

Vilm 03 - Das Dickicht (German Edition)

Titel: Vilm 03 - Das Dickicht (German Edition)
Autoren: Karsten Kruschel
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Besucher einzudämmen, indem wir ihren Besuch deutlich teurer machen. Bildung einer Premium-Marke durch Aufwertung, oder so. Und um die stark steigenden Kosten zu rechtfertigen, macht man dann den Aufenthalt hier zu einem Ereignis, das sie ihr Leben lang nicht vergessen werden.«
    »Ein Event, sagen die dazu«, warf Adrian ein.
    »Deswegen auch das da«, sagte Will, als diffuses, blaugraues Licht durch den Halbkugler flutete.
    Um die Fahrt durch die Schnellstraße interessanter zu machen, konnten die meisten Segmente der Röhre seitlich geöffnet werden. Das lohnte sich natürlich nur dann, wenn es was zu sehen gab. Da sich das Wolkengebirge unaufhörlich veränderte, öffneten sich die Segmente immer wieder an unterschiedlichen Stellen. Jetzt beispielsweise ratterte Adrian Harenberghs Fahrzeug am Rand einer abgesunkenen Sämlingslinse entlang. Es roch nach feuchten Wurzeln und gewaschenen Steinen, wie am Grund eines Brunnens. Hier unten kam nur noch wenig Licht an, aber es war gut zu sehen, dass der verspielte Übermut solcher Kinderstuben ernsthaften Aufgaben gewichen war. Aus den herumwimmelnden Trieben waren starke Strünke geworden, die wie endlose Krokodilkörper durch den Hohlraum ragten und ganz offensichtlich in Kürze in der Lage sein würden, enorme Lasten zu tragen. Die kleinen putzigen Wesen, die in jungen Sämlingslinsen neugierig herumwimmelten, waren herangewachsen und schleppten ihre kräftigen sechsbeinigen Körper nur noch langsam herum, um irgendwann an jenen Stellen zu verharren, an denen sie festwachsen und sich im inneren Geflecht des Riesengestrolchs zu muskulösen Gelenken entwickeln würden. Der Anblick war ebenso gespenstisch wie faszinierend, und das Gespräch der drei Personen im Fahrzeug stockte.
    Eliza holte tief Luft, als die schummrige Szene verschwunden war und der Halbkugler wieder durch die dunkle Röhre rollte.
    »Und worin besteht dann am Ende dieses ... Event?«, fragte sie.
    Will und Adrian sahen einander im matten Licht der glimmenden Lampen im Innern des Halbkuglers an.
    Adrian räusperte sich.
    »Als Lukaschik verschwunden ist, hat er etwas hinterlassen. Er schuf einen Platz ... wie soll ich es ausdrücken ...«
    »Er wurde zu einem besonderen Ort?«, schlug Will vor.
    »Meinetwegen«, gab Adrian Harenbergh zu. »Wir haben bisher nur einige wenige Leute dorthin gelassen. Aber ihre Berichte haben ausgereicht, um uns eine nicht enden wollende Welle von Einreise-Ersuchen einzubringen. Unsere Berater bei den Goldenen meinen, dass das noch viel mehr werden wird, wenn sich herumspricht, was es dort gibt.«
    »Jungs, ihr wollt mich auf die Folter spannen«, sagte Eliza.
    Der Halbkugler schwang sich durch eine langgezogene Kurve und durchfuhr einen weiteren Zwischenraum, der deutlich heller war als der vorige.
    Es handelte sich um eine gewaltige Halle, in die man locker ein paar Wolkenkratzer hätte bauen können. Sie war so riesig, dass sich in ihrer unfassbar weit entfernten Kuppel kleine Wolken bilden konnten, durch die hindurch aus kaum erkennbaren Schächten das Tageslicht von der Oberfläche des Riesengestrolchs hereindrang. Diese Kaverne wurde von mächtigen Strängen pumpender Muskeln durchquert, die schräg vom Grund emporragten und teilweise in den Wänden der Halle, teilweise in den Wölkchen droben mündeten. Dabei beförderten sie irgendetwas – Wasser, Nährstoffe oder Erze aus dem unaufhörlich weiter zerkleinerten mineralischen Untergrund – in ihrem Inneren von unten nach oben. Zwischen den Strängen, die in ununterbrochener Peristaltik vor sich hin arbeiteten, schwirrten Wolkentaucher auf komplizierten Flugbahnen. Andere Wesen, die man aufgrund der Entfernung kaum erkennen konnte, wuselten auf den pumpenden Muskeln herum. Vielleicht fraßen sie die abgestorbenen Teile, um den Rest gesund zu halten? Eliza konnte es nicht sagen, aber sie spürte, dass ihr Mund weit offenstand.
    »Jedenfalls funktionieren die Schauwerte bisher einwandfrei«, sagte Adrian mit einem Seitenblick auf seine Gefährtin.
    »Wohl wahr«, meinte Eliza und nahm erleichtert zur Kenntnis, dass die Schnellstraße die Kammer der Titanen verließ und wieder zu einer geschlossenen Röhre wurde. Der Anblick hatte ihr Herz zum Klopfen gebracht, und ihr war, als habe sie in die geöffnete Körperhöhle eines alten Bekannten geblickt.
    »Lukaschik hat also etwas hinterlassen«, sagte sie, um sich von der unangenehmen Empfindung abzulenken. »Ich denke, er ist spurlos verschwunden?«
    »Ja und nein«,
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