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Villa Oma

Villa Oma

Titel: Villa Oma
Autoren: Ilse Kleberger
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mitzubringen.

    Lehrer Pieselang, der gerade eine Lehrerkonferenz hatte, beschloß, diese zu unterbrechen und sofort zu kommen: Als nächstes telefonierte Oma mit der Landeshauptstadt, wo ihr Bruder Zoodirektor war. Onkel Ludwig, wie die Kinder ihn nannten, brummte erst einmal ein wenig ratlos vor sich hin.
    „Wärm die eingesammelten Vögel vorsichtig auf und sieh zu, daß du sie auf dem schnellsten Weg in den Süden bringst“, riet er.
    Außer Mutter, die die Schwalben, die eingesammelt wurden, in Empfang nahm, machte sich die ganze Familie Pieselang mit Körben und Taschen auf, um Schwalben zu suchen. Wirklich lagen und hockten auf den stoppligen Feldern, besonders in Erdkuhlen und Gräben, Hunderte erstarrter kleiner Vogelkörper. Manche waren in Klumpen aneinandergedrückt und hatten die Köpfe in der Mitte zusammengesteckt, so daß die spitzen Schwänze wie seltsame Igelstacheln nach außen ragten. Von der Schule her kam ihnen Jans Klasse entgegen, und ihr Lehrer, Herr Richter, und Oma zeigten den Kindern, daß sie sehr behutsam mit den erstarrten Vögeln umgehen mußten. Die Kinder wurden in Sammler und Läufer eingeteilt. Die Läufer liefen immer zwischen Pieselangs Haus und dem Feld hin und her, um die schon eingesammelten Vögel zum Haus und in Pieselangs Küche zu bringen. Es waren Hunderte von Schwalben, die auf der gefrorenen Erde lagen. Das Unwetter schien einen großen Schwarm erwischt zu haben, dessen Reise nach dem Süden so jäh unterbrochen wurde.

    Der Suchtrupp war froh, als neue Hilfe kam. Lehrer Pieselang hielt mit seinem alten Auto, das er vor ein paar Wochen billig gekauft hatte, am Straßenrand und lud das Lehrerkollegium seiner Schule aus, das er gleich mitgebracht hatte. Die Herren machten sich genauso eifrig wie die Schulkinder ans Werk, während Vater Pieselang zuerst nach Hause fuhr, um die Mehlwürmer abzuliefern. Sie mußten ohne Handschuhe arbeiten, um die Vögel nicht zu verletzen. Bald waren ihnen die Finger starr, und der Wind zerrte an ihren Kleidern, ließ Omas langen Rock flattern und fegte den Hut eines Lehrers über das Feld.
    Am frühen Nachmittag war die Suche beendet, und in Pieselangs Küche saßen auf Fensterbrettern, Tisch, Stühlen, Schränken, auf den Borden, auf der Hängelampe, ja, auf der warmen Herdplatte Hunderte von Schwalben. Gekocht werden konnte heute nicht, weil die Küche nicht zu benutzen war, und weil Mutter Pieselang genug zu tun gehabt hatte, die Vögel mit Mehlwürmern zu füttern. Der ganze Suchtrupp wurde aber statt dessen auf der Hühnerfarm zu gekochten Eiern und Butterbroten eingeladen. Der Holzerbauer nebenan spendete dazu eine große Kanne Milch. Die Kinder schmausten vergnügt und waren stolz und glücklich, daß sie so vielen Schwälbchen das Leben gerettet hatten; aber Oma und die Lehrer waren schweigsam. Hatten sie den Vögeln wirklich das Leben gerettet? Die Tiere konnten nicht den ganzen Winter über in Pieselangs Küche bleiben, und die Mehlwürmer würden auch nicht ewig reichen. Der Zoodirektor hatte geraten, man sollte die Tiere nach dem Süden bringen. Aber wie sollte man das ermöglichen?
    Schließlich nahm Oma Handtasche und Regenschirm und machte sich auf, die Sache mit ihrem guten Freund, dem Stationsvorsteher, zu besprechen. Als sie zurückkam, war ihre Miene immer noch besorgt. Zwar hatte der Stationsvorsteher ihr gesagt, daß er die Tiere ohne weiteres als Frachtgut mitnehmen könnte und wahrscheinlich eine Sondergenehmigung bekäme, den D-Zug nach Rom, der morgen früh um sechs Uhr durch den Ort kommen würde, ausnahmsweise anzuhalten. Aber wer sollte die Kosten dafür übernehmen? Es würde ganz schön teuer sein. Diese Summe würde die Eisenbahn sicher nicht zur Verfügung haben.
    Auch die Kinder hatten nun verstanden, daß ihre Rettungsaktion noch nicht gelungen war. Mit kummervollem Herzen machte Brigitte sich auf den Weg zu Frau Hubermeier, der sie versprochen hatte, Fiffi heute zu baden. Als sie eine halbe Stunde später die Tür zum großen Wohnraum der Hühnerfarm aufriß , wo der Suchtrupp noch immer beriet, lachte und jubelte sie:
    „Sie gibt uns das Geld, hurra, sie gibt uns das Geld!“
    Es dauerte eine Weile, bis man verstanden hatte, daß Frau Hubermeier sich bereit erklärte, die Frachtkosten zu zahlen.
    „Ich bin reich“, hatte sie gesagt, „und ich weiß gar nicht, was ich mit dem vielen Geld anfangen soll. Warum soll ich es nicht für einen so guten Zweck ausgeben?“
    Sie hatte nur zur Bedingung
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