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Vilja und die Räuber: Roman (German Edition)

Vilja und die Räuber: Roman (German Edition)

Titel: Vilja und die Räuber: Roman (German Edition)
Autoren: Siri Kolu
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dann soll kein Wachmann oder Polizist, der sich die Aufzeichnungen ansieht, euch erkennen können.«
    » Sieh mal an, Mädchen«, sagte Kaija bewundernd und stützte sich auf Heles Schulter, während sie ihren Sommerrock in eine neongrüne Fahrradhose stopfte.
    » Das brauchst du nicht«, rief ich aus. » Die Hose ist nur für den Notfall!«
    » Wenn hier alle wie die Clowns aussehen, will ich auch«, sagte Kaija entschieden.
    Als wir uns endlich zum Haupteingang in Bewegung setzten, musste ich mir wirklich auf die Zunge beißen, so verrückt sahen sie aus. Aber gerade so sahen ja die Familien aus, die in der Sommerhitze vom Baden kamen. Allerdings trug weit und breit kein anderer Familienvater eine Damenbluse mit tiefem Ausschnitt und um die Taille zu bindenden langen Zipfeln, die Karlo nicht zusammenknoten konnte, sondern als fröhliche Wimpel hinter sich her flattern ließ. Ich versuchte, mich selbst zu trösten: Selbst wenn wir Heiterkeit erregten, würde doch niemand auf die Idee kommen, dass wir Finnlands meistgesuchte Räuberbande waren.
    » So, hier kann man sich Einkaufswagen holen«, erklärte ich. » Die braucht man, um alles Mögliche Essbare darin zu stapeln.«
    » Klingt gut«, sagte der Wilde Karlo.
    Jeder nahm sich einen Wagen, obwohl ich versuchte, ihnen klarzumachen, dass ein oder zwei pro Familie ausreichten. Die Einkaufswagen verursachten einen kleinen Stau, als der Wilde Karlo bestimmte, dass alle gemäß der Rangordnung hintereinander zu gehen hatten, er selbst natürlich als Erster. Auf dem Weg zur Gemüseabteilung sahen sie eher wie eine lange Eisenbahn aus, nicht wie die Ferienfamilie, als die ich sie hatte verkleiden wollen.
    » Nicht im Gänsemarsch«, zischte ich. » So geht hier keiner! In einem Supermarkt muss man umherstreifen. Schaut euch um, alle gehen, wo sie wollen. Vielleicht ist es am besten, wenn jeder allein geht und jeweils das tut, was er am besten kann.«
    Ich stoppte die Einkaufswagenkarawane und erklärte ihnen ruhig, wie sie Gemüse und Brot, Fleisch und Aufschnitt, Milch, Frühstücksflocken und die Bonbontheke finden konnten.
    » Da oben an der Decke hängen Schilder«, sagte ich. » Damit findet man die Waren. Oder man kann einen Verkäufer fragen. Treffen wir uns zum Schluss bei den Süßwaren? Da wollen ja sowieso alle hin.«
    » Treffpunkt Süßwaren«, wiederholte Hele, um zu zeigen, dass sie meine Anweisungen verstanden hatte. Dann holte sie mit ein paar Sprüngen Schwung und surfte auf dem Einkaufswagen dem Menschenstrom entgegen. Als hätte sie das ihr ganzes Leben schon gemacht.
    Allmählich verschwanden alle in verschiedene Richtungen.
    Kaija und ich blieben zurück und begannen die nötigen Waren zusammenzusuchen: Knäckebrotpackungen, große Stücke Butterkäse, Fleischwurstringe, Baconscheiben, Eier. Ich erinnerte mich kaum noch, was ich mit meinen Eltern immer eingekauft hatte. Vanamo wollte nur Lightprodukte und fettfreien Joghurt haben, aber an den Süßigkeiten kurz vor der Kasse konnte sie nicht vorbeigehen. Was ich damals erbettelte, weiß ich gar nicht mehr. In meiner Erinnerung lief ich widerwillig hinter meinem den Einkaufswagen schiebenden Vater her, als gehörte ich nicht dazu. So vieles würde sich ändern, wenn ich nach Hause zurückkehrte …
    Unser Wagen füllte sich langsam.
    » Lass uns mal die Runde machen und nachsehen, wie die Männer zurechtkommen!«, schlug Kaija vor. » Jedenfalls hat es noch keinen Alarm gegeben.«
    Wir gingen an der Brotabteilung vorbei und schlugen die Richtung zu Fleisch und Aufschnitt ein. Ich war ganz sicher, Gold-Piet und den Wilden Karlo dort zu finden. Sie würden gutes Grillfleisch in den Einkaufswagen kippen, bis er überlief. Aber Fehlanzeige – in der Abteilung war niemand Bekanntes zu sehen.
    » Dann kann er wer weiß was kaufen!«, sagte Kaija mit unheilschwangerer Miene. » Karli ist nicht mehr einkaufen gewesen seit …«
    Im Nachbargang erscholl ein gewaltiges Krachen. Die Verkäuferin am Milchregal schaute kurz her, vertiefte sich dann aber wieder ins Ordnen ihres Regals. Wir gingen andersherum, rannten fast. Zwischen den Konservenregalen fanden wir den Wilden Karlo, der rot im Gesicht war. Weiter weg sah ich Gold-Piet, der hinter einer älteren Dame hertrippelte, eindeutig mit der Absicht, sie zu beklauen. Als die Frau sich abwandte, um eine Dose Gurkensalat aus dem Regal zu nehmen, schnappte sich Gold-Piet eine Packung Kaffee aus ihrem Wagen und kam damit zu uns gerannt. Er schwenkte den Kaffee
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