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Vier Jungs auf einem Foto (German Edition)

Vier Jungs auf einem Foto (German Edition)

Titel: Vier Jungs auf einem Foto (German Edition)
Autoren: Eduardo Sacheri
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nach.
    »Super«, fügt Ruso begeistert hinzu. »Dass er Stammspieler bleibt, meine ich. Das wird ihm den Rücken stärken. Selbstvertrauen geben.«
    Bermúdez sieht sie an, als überlege er, ob er ihnen widersprechen soll. »Der, den ich für ihn aufstellen könnte, kickt so einen Stiefel zusammen, da habt ihr nichts zu befürchten.«
    Zum Abschied hebt er leicht die Hand und geht zurück in die Kabine.
    4
    Mauricio blickt in den Rückspiegel und sagt Ruso zum x-ten Mal, er soll nicht in der Mitte sitzen, weil ihm sonst die Sicht versperrt wird. Ruso rückt zur Seite, sitzt aber kurz darauf schon wieder da, wo er vorher gesessen hat. Mauricio will ihn schon anschnauzen, da holt Fernando sein Notizbuch aus der Ablage und liest laut vor.
    »Vierzehn Ballkontakte. Fünf in der ersten Halbzeit, neun in der zweiten, in der er stärker am Spiel beteiligt war, weil die Mannschaft zurücklag und etwas mehr auf Angriff gespielt hat. Man müsste ihn mal bei einem Heimspiel beobachten. Aber deswegen fahren wir nicht extra nach Santiago del Estero. Oder doch?«
    Mauricios Blick sagt alles: ein kategorisches Nein. Schon nach 9 de Julio ist er nur zähneknirschend mitgefahren, aber nach Santiago del Estero, da bringen ihn keine zehn Pferde hin, das kann Fernando sich abschminken.
    »Unter den vierzehn Ballkontakten waren zwei Versuche, einen Doppelpass zurückzuspielen, allerdings misslungen.«
    »Weißt du, wie du mir vorkommst?«, unterbricht ihn Ruso amüsiert. »Wie einer dieser Kommentatoren beim Basketball, die zu jedem Scheiß eine Statistik parat haben. Oder beim Tennis. Aber mehr beim Basketball.«
    »Mach weiter«, übergeht Mauricio Ruso.
    »Zwölfmal hat er den Ball sauber gepasst, aber weit weg vom Strafraum, also bedeutungslos.«
    »Angeblich gibt es Firmen«, lässt sich Ruso nicht beirren, »die nichts anderes machen, als solche Statistiken zu erstellen. Zu allen Spielern wohlgemerkt. Noch die kleinste Kleinigkeit. Und diese Daten verkaufen sie dann an ausländische Clubs, wenn die auf Einkaufstour sind. An Clubs oder Spielerberater.«
    »Bleiben sieben. Zweimal blieb er hängen, als er seinen Verteidiger ausdribbeln wollte.«
    »Diese Typen kommen also aus Europa und sagen: › Ich will wissen, wie der oder der Spieler dieses und letztes Jahr so drauf war ‹ , sagen wir, Mauricio Guzmán. Dann wird auf einen Knopf gedrückt und piep, schon spuckt der Rechner die Daten aus.« Ruso ahmt mit der Hand nach, wie das Papier aus dem Drucker kommt. Mauricio sieht es, weil Ruso schon wieder in der Mitte sitzt und ihm die Sicht versperrt. »Dann ab zur Kasse, macht so und so viel. In Dollar, versteht sich.«
    »Zwei Kopfbälle, die beide weit drübergingen. Ein Schuss nebens Tor. Und zwei Schüsse aufs Tor, die der Keeper gehalten hat.« Fernando klappt sein Notizbuch zu. »Das war’s.«
    Die anderen schweigen. Irgendwann hält es Mauricio nicht mehr aus. »Mit anderen Worten: Er war grottenschlecht.«
    Fernando starrt eine Weile nach draußen auf das gelbliche Gras neben der Fahrbahn.
    »Er hat tatsächlich nicht viel drauf«, sagt er schließlich. »Oder besser gesagt: überhaupt nichts.«
    Ruso scheint etwas sagen zu wollen, überlegt es sich aber anders und hält den Mund.
    Futur
    Nach der Schule wusste Mono genau, wie seine Zukunft aussehen würde. Im folgenden Jahr würde Vélez ihm seinen ersten Profivertrag anbieten. Drei oder vier Spielzeiten später würde er der beste Innenverteidiger Argentiniens sein. Mit dreiundzwanzig – höchstens vierundzwanzig – würde er für einen Millionenbetrag nach Italien verkauft werden. Dort würde er etwa zwölf Jahre spielen und dann in die Heimat zurückkehren, um seine Karriere bei Independiente glorreich zu beenden. Und das waren noch lange nicht alle Verben, die Mono so selbstüberzeugt im Futur verwendete.
    Auch nach seiner aktiven Zeit würde er dem Fußball verbunden bleiben und Trainer werden. Er würde einen Zweitligaclub trainieren und nach einigen Spielzeiten, wenn er genug Erfahrung gesammelt hätte, in die erste Liga wechseln. Irgendwann, früher oder später, als Spieler oder als Trainer – oder besser früher als später, als Spieler UND als Trainer –, würde er Argentinien zum Weltmeistertitel führen und dafür im Halbfinale England oder Deutschland und im Finale Brasilien schlagen.
    Mono hatte so oft laut davon geträumt – seiner Überzeugung nach durfte man mit allem Guten nicht hinterm Berg halten, weder mit dem, was war, noch mit dem, was kommen
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