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Vier Frauen und ein Mord

Vier Frauen und ein Mord

Titel: Vier Frauen und ein Mord
Autoren: Agatha Christie
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böse Rückschläge hatten.«
    »Bin ich im Augenblick Ihr einziger Gast?«
    »Wir haben oben noch eine alte Dame. Hat sich am Tag ihrer Ankunft ins Bett gelegt und ist seitdem nicht wieder aufgestanden. Ihr fehlt gar nichts, so weit ich sehen kann. Aber da ist sie nun, und ich trage ihr viermal täglich ein Tablett hinauf. Ihr Appetit ist ganz in Ordnung. Na, sie geht morgen zu einer Nichte oder so was.«
    Mrs Summerhayes machte eine kurze Pause, bevor sie mit ein wenig gekünstelter Stimme fortfuhr.
    »Der Fischhändler wird gleich kommen. Ich möchte wissen, ob es Ihnen was ausmachen würde – eh – die Miete für die erste Woche zu bezahlen. Sie bleiben doch eine Woche, nicht wahr?«
    »Vielleicht länger.«
    »Tut mir leid, Sie zu belästigen. Aber ich habe kein Bargeld im Hause, und Sie wissen doch, wie diese Leute sind – drängen einen immer.«
    »Bitte, entschuldigen Sie sich nicht, Madame.« Poirot nahm sieben Einpfundscheine aus der Tasche und fügte sieben Shillinge hinzu. Mrs Summerhayes griff gierig nach dem Geld.
    »Vielen Dank.«
    »Ich sollte Ihnen, Madame, vielleicht ein bisschen mehr von mir erzählen. Ich bin Hercule Poirot.«
    Diese Offenbarung bewegte Mrs Summerhayes nicht.
    »Welch schöner Name«, sagte sie freundlich. »Griechisch, nicht wahr?«
    »Ich bin, wie Sie vielleicht wissen«, sagte Poirot, »Detektiv.« Er klopfte sich auf die Brust. »Vielleicht der berühmteste Detektiv, den es gibt.«
    Mrs Summerhayes kreischte vor Vergnügen.
    »Ich sehe, dass Sie ein richtiger Spaßvogel sind, Monsieur Poirot. Was untersuchen Sie denn? Zigarettenasche und Fußstapfen?«
    »Ich untersuche den Mord an Mrs McGinty«, sagte Poirot. »Und ich mache keinen Spaß.«
    »Autsch!«, sagte Mrs Summerhayes. »Jetzt habe ich mich in den Finger geschnitten.«
    Sie hob einen Finger hoch und betrachtete ihn kritisch. Dann starrte sie Poirot an.
    »Hören Sie«, sagte sie. »Meinen Sie das im Ernst? Das ist doch alles vorüber. Man hat den armen wirren Typ verhaftet, der dort gewohnt hat, und er wurde vor Gericht gestellt und verurteilt und so weiter. Wahrscheinlich hat man ihn jetzt schon aufgehängt.«
    »Nein, Madame«, sagte Poirot. »Er ist nicht gehängt worden – noch nicht. Und er ist nicht vorüber – der Fall der Mrs McGinty. Ich möchte Sie an den folgenden Vers eines Ihrer Dichter erinnern: ›Ein Problem ist nie gelöst, ehe es nicht richtig gelöst ist.‹«
    »Huh«, sagte Mrs Summerhayes und lenkte ihre Aufmerksamkeit von Poirot auf die Schüssel in ihrem Schoß. »Jetzt blute ich über die Bohnen. Nicht zu angenehm, da wir sie zu Mittag essen wollen. Aber es wird schon nichts ausmachen, denn ich werfe sie ja in kochendes Wasser. Die Dinge sind immer in Ordnung, wenn man sie kocht. Selbst Konserven.«
    »Ich glaube«, sagte Hercule Poirot betont ruhig, »dass ich zum Mittagessen nicht hier sein werde.«

5
     
    » D as weiß ich bestimmt nicht«, sagte Mrs Burch.
    Sie hatte das schon dreimal gesagt. Ihr natürliches Misstrauen gegen einen ausländisch aussehenden Herrn mit schwarzem Schnurrbart und einem langen, pelzgefütterten Mantel war nicht leicht zu überwinden.
    »Es war sehr unangenehm«, fuhr sie fort. »Das arme Tantchen ermordet, und dann die Polizei und so weiter. Trampeln überall herum, schnüffeln und stellen Fragen. Und die Nachbarn alle aus dem Häuschen. Zuerst meinte ich, wir kämen nie drüber weg. Und meine Schwiegermutter war wirklich ekelhaft. In ihrer Familie sei so was noch nie vorgekommen, sagte sie immer wieder. Und ›mein armer Joe‹ und lauter so Zeugs. Und ich, war ich vielleicht nicht arm? Schließlich war sie ja meine Tante, nicht wahr? Aber wirklich, ich dachte, jetzt wäre schon alles vorbei.«
    »Und wenn man annimmt, dass James Bentley doch unschuldig ist?«
    »Unsinn«, erwiderte Mrs Burch scharf. »Natürlich ist er nicht unschuldig. Der hat’s schon getan. Mir hat er nie gefallen. Wandert umher und redet mit sich selbst. ›Du solltest keinen solchen Mann im Hause haben. Der kann noch überschnappen‹, hab ich zu Tantchen gesagt. Aber sie meinte, er wäre ruhig und höflich und machte ihr keine Mühe. Na, jetzt weiß sie’s besser, die arme Seele.«
    Poirot blickte sie nachdenklich an – eine große, rundliche Frau mit gesunder Hautfarbe und einem fröhlichen Mund. Das kleine Haus war nett und sauber und roch nach Möbelpolitur. Ein appetitanregender Geruch kam aus der Küche.
    Eine gute Frau, die ihr Haus sauber hielt und sich die Mühe nahm,
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