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Vier Frauen und ein Mord

Vier Frauen und ein Mord

Titel: Vier Frauen und ein Mord
Autoren: Agatha Christie
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de menthe ein.
    »Es ist wirklich reizend von Ihnen, dass Sie mich besuchen«, sagte er. »Reizend. Sind Sie von…?«
    »Kilchester gekommen. Ich werde in etwa sechs Monaten pensioniert. Ich hätte ja eigentlich schon vor achtzehn Monaten in Pension gehen sollen. Aber man hat mich gebeten, noch zu bleiben, und da bin ich eben geblieben.«
    »Sie waren weise«, sagte Poirot mit Emphase. »Die langen Stunden des ennui, die können Sie sich gar nicht vorstellen.«
    »Ach, ich werde viel zu tun haben, wenn ich pensioniert bin. Wir sind voriges Jahr in ein neues Haus gezogen. Ein ganz hübscher Garten dabei, aber sträflich vernachlässigt. Ich habe noch keine Zeit gehabt, mich richtig damit zu beschäftigen.«
    »Ach ja, Sie sind einer von diesen Gärtnern. Ich, ich hatte auch einmal beschlossen, auf dem Land zu leben und Kürbisse zu züchten. Ich hatte keinen Erfolg. Ich habe nicht das richtige Temperament dafür.«
    »Sie hätten voriges Jahr einen meiner Kürbisse sehen sollen«, sagte Spence ganz begeistert. »Enorm! Und meine Rosen. Ich liebe Rosen. Ich werde…«
    Er unterbrach sich.
    »Aber ich bin nicht gekommen, um darüber zu sprechen.«
    »Nein, nein. Sie sind gekommen, um einen alten Bekannten zu besuchen – das war lieb. Ich freue mich darüber.«
    »Nicht nur, fürchte ich, Monsieur Poirot. Ich will aufrichtig sein. Ich möchte etwas.«
    Poirot sagte leise und zartfühlend:
    »Haben Sie vielleicht eine Hypothek auf Ihr Haus aufgenommen? Brauchen Sie vielleicht ein Darlehen?«
    Spence unterbrach ihn ganz entsetzt:
    »Ach, lieber Gott, es geht doch nicht um Geld!«
    Poirot machte eine anmutige Geste der Entschuldigung.
    »Ich bitte um Verzeihung.«
    »Ich will ganz ehrlich sein: Es ist eine verdammte Frechheit, dass ich zu Ihnen komme. Wenn Sie mich einfach hinauswerfen, wird es mich nicht überraschen.«
    »Ich werde Sie nicht hinauswerfen«, versicherte Poirot. »Aber sprechen Sie weiter.«
    »Es ist der Fall McGinty. Sie haben vielleicht darüber gelesen?«
    Poirot schüttelte den Kopf.
    »Nicht mit der nötigen Aufmerksamkeit. Mrs McGinty – eine alte Frau. Besaß einen Laden oder ein kleines Haus. Sie ist tot, jawohl. Wie starb sie?«
    Spence starrte ihn an.
    »Lieber Himmel!«, sagte er. »So etwas! Wirklich seltsam… Und bis jetzt ist es mir nie aufgefallen.«
    »Wie, bitte?«
    »Nichts. Nur ein Spiel. Ein Kinderspiel. Als wir noch klein waren, haben wir das immer gespielt. Wir stellten uns in einer Reihe auf. Und dann gingen Frage und Antwort die Reihe hinunter. ›Mrs McGinty ist tot! Wie starb sie? Sprich!‹ – ›Auf einem Knie, genau wie ich.‹ Und dann kam die nächste Frage. ›Mrs McGinty ist tot! Wie starb sie? Sprich!‹ – ›Hielt ihre Hand hin, genau wie ich.‹ Und dann knieten wir alle und hielten unsere rechten Arme steif ausgestreckt. Und dann kam es! ›Mrs McGinty ist tot! Wie starb sie? Sprich!‹ – ›Soooo!‹ Plumps fiel der erste in der Reihe seitwärts, und dann fielen wir alle um wie die Kegel.« Spence lachte bei dieser Erinnerung laut auf.
    Poirot wartete höflich. Das war einer dieser Augenblicke, in denen er die Engländer, selbst nach einem halben Leben in ihrem Lande, nicht verstehen konnte. Er selbst hatte in seiner Kindheit Cache-Cache gespielt, aber er fühlte kein Bedürfnis, darüber zu sprechen oder auch nur daran zu denken.
    Als Spence sich halbwegs beruhigt hatte, wiederholte Poirot ein wenig gelangweilt: »Nun, und wie ist sie also gestorben?« Das Lachen verschwand plötzlich von Spences Gesicht. Auf einmal war er wieder normal.
    »Sie wurde mit einem scharfen, schweren Gegenstand auf den Hinterkopf geschlagen. Ihre Ersparnisse, etwa dreißig Pfund in bar, wurden geraubt, nachdem ihr Zimmer durchwühlt worden war. Sie lebte allein in einem Häuschen und hatte einen Untermieter. Einen Mann namens Bentley. James Bentley.«
    »Ach ja, Bentley.«
    »Es war kein Einbruch. Kein Anzeichen davon, dass man sich an Fenstern oder den Schlössern zu schaffen gemacht hätte. Bentley ging es schlecht, er hatte keine Arbeit und war zwei Monate Miete schuldig. Auf Bentleys Mantelärmel waren Blutspuren und Haare- dieselbe Blutgruppe und die richtigen Haare. Laut seiner ersten Aussage war er der Leiche niemals nahe gekommen – also konnten sie nicht durch Zufall auf den Mantel geraten sein.«
    »Wer hat sie gefunden?«
    »Der Bäcker kam mit dem Brot. Es war der Tag, an dem er auch kassierte. James Bentley öffnete ihm die Tür und sagte, er hätte an Mrs McGintys
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