Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vielleicht Verliebt

Vielleicht Verliebt

Titel: Vielleicht Verliebt
Autoren: Ruth Loebner
Vom Netzwerk:
sowieso nichts mehr, wo die Sonne nur noch ganz schwach durch den Walbauch heizt. Stattdessen füllt er das Betäubungsmittel in den Anzug, macht auf diese Weise die Spritze leer und lädt sie anschließend mit dem Inhalt von all seinen Astronauten-Nahrungs-Tuben.
    Zum Ausbildungsprogramm für Supergeheimagenten gehört immer, alle Aktionen auch mit verbundenen Augen zu üben, und da kann man mal sehen, wofür dieses Training gut ist! Kein einziger Klecks geht daneben.
    Allerdings ist es jetzt Glückssache, ob Papa Paul den Wal in der absoluten Finsternis auch trifft. Er orientiert sich an dem Gestank, den die schlechten Walzähne ausströmen, und fliegt mit Karacho in die müffelnde Dunkelheit, die Spritze hält er im Anschlag wie einen Dolch. Als der Mundgeruch unerträglich wird und Papa Paul auf etwas Hartes, Spitzes stößt, weiß er, dass er zwischen den Walzähnen gelandet ist. Er bringt die Spritze in Position und feuert die volle Dröhnung Astro-Schmatz, Marke Dünnpfiff, in den Rachen ab. Jetzt heißt es hoffen, dass die Schose bei dem Wal denselben Effekt hat wie bei Papa Paul. Der befüllt unterdessen die Spritze wieder mit dem Betäubungsmittel aus seiner Spezialanzugsschicht und hält sich bereit.
    Zuerst passiert gar nichts.
    Man kann nicht behaupten, dass Papa Paul ein nervöser Mensch ist, aber während dieser Minute in absoluter Finsternis und arktischer Kälte, umgeben nur von Sonnen-Schluckwal-Mundgeruch und den Gedanken an die schöne Eva und die kleine E-Punkt und vor allem an die Zwillinge, die noch nie in ihrem Leben die Sonne gesehen haben, da knabbert sich Papa Paul einen Fingernagel ab.
    Dann aber ist der Äther plötzlich von einem unglaublichen Grollen erfüllt. Es klingt, als würde man mit einem Stethoskop an einer Gewitterwolke horchen.
    Papa Paul grinst zufrieden.
    Das Grollen wiederholt sich, begleitet von einem Wal-Stöhnen, das so grauenerregend klingt, dass normale menschliche Nerven sich sofort zusammengekringelt hätten, aber Papa Paul hört einfach drüber weg. Er bringt die Spritze in Position und hofft, dass seine Berechnungen hinkommen. Es grollt noch einmal, dann ploppt mit einem feuchten Flattergeräusch die Sonne wieder an ihren Platz und hüllt den Kosmos in ein verhaltenes bräunliches Schummerlicht, in dessen mattem Schein Papa Paul den gekrümmten Wal mit Leidensmiene hin und her schweben sieht. Er nutzt die Gelegenheit, rammt ihm die Spritze in den Allerwertesten und erlöst ihn von seinen Bauchschmerzen. Der Wal schläft sofort ein und fängt an, friedlich zu schnarchen.
    Jetzt muss Papa Paul allerdings sehen, dass er Land gewinnt. Die Sonne verdampft mit ungefähr vierhundertachtzig Mikro-Atüh pro Nano-Sekunde die äußere Schicht, die sich im Wal-Darm auf ihr ausgebreitet hat, das heißt, sie ist bald wieder so hell und heiß wie vorher, und Papa Paul hat keine Hitzeschutzschicht mehr in seinem Spezialanzug! Aber abgesehen von der drohenden Hitze hätte Papa Paul ohnehin keine große Lust gehabt, ein verlängertes Wochenende an diesem Ort zu verbringen, denn der Walmundgeruch war eine Lachpille im Vergleich zu dem, was sich jetzt gestankmäßig am Ausbreiten war. Mit Megaoberturbo steuert er also die Erde an und schafft es gerade noch rechtzeitig aus der Gefahrenzone. Nur an der rechten Ferse schmilzt ein kleines Stück Stoff von seinem Anzug weg, aber ein bisschen Verlust hat ein Supergeheimagent eigentlich immer. Hauptsache: Welt gerettet.
    »Mh-mh?«, fragt (wahrscheinlich:) Juni.
    »Ja, Ende«, bestätigt Elisa. »Ihr könnt eure Lippen wieder aufschließen.« Sie stößt sich vom Baum ab und lässt ihre Füße auf die Wiese runterzirkeln. Normalerweise ist das der Moment, wo ihr ein klitzekleines bisschen schwindelig wird, aber wenn man nur schwarz sieht, lässt sich schwer sagen, ob das Schwarze sich nun dreht oder nicht.
    »Du sollst nicht mehr blind sein, Elisa!«, ruft Juni. »Du sollst auch die Sonne sehen!«
    Und ehe Elisa protestieren kann, hat Mai ihr das Tuch vom Kopf gerissen. »Der Wal hat die wieder rausgepupst. Papa Paul hat uns gerettet. Guck!«
    Elisa kann nicht gucken, sie kann nur blinzeln und tränen, so grell ist es.
    »Ist Papa Paul danach endlich wieder nach Hause gegangen? Zur schönen Eva und zur kleinen E-Punkt und zu den Zwillingen, die noch im Bauch sind?«
    Elisa wischt sich eine Licht-Träne von der Wange. »Er musste ja erst noch bei der Regierung einen Bericht abgeben«, sagt sie. »Und seinen Anzug reparieren lassen.«
    »Und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher