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Vielleicht Verliebt

Vielleicht Verliebt

Titel: Vielleicht Verliebt
Autoren: Ruth Loebner
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hat einen Karton mit Klamotten ausgepackt. Mit offenen Augen hätte sie dieses Ding vielleicht überhaupt nicht runterfallen gehört. Weil die Augen ihr vorgegaukelt hätten, dass das Kartonauspacken wichtiger ist. Mit verbundenen Augen hat sie das Ding aber nicht nur runterfallen gehört, sondern sie hat auch noch gehört, wo es runtergefallen ist, nämlich auf den Fliesen in der Küche nebenan. Außerdem hat sie gehört, dass das Ding ziemlich klein und wahrscheinlich aus Metall war. Und sie hat gehört, dass es einmal aufgesprungen und dann noch eine kleine Strecke gerollt ist.
    Und als eine halbe Stunde später Eva, Tristan, Mai, Juni, Oma und Opa Eins das ganze Haus nach dem verloren gegangenen Messingknopf von Oma Eins’ Strickjacke abgesucht haben, hat sich Elisa an das Kling Ping Drrrrrrrrt erinnert, ist mit ihren verbundenen Augen unter den Küchentisch gekrabbelt und hatte nach zehn Sekunden Rumtasten den Knopf gefunden – und eine Großfamilie in sprachloses Staunen versetzt.
    Und dann ist ihr eingefallen, dass man mit verbundenen Augen vielleicht auch besser fühlen kann, ob man in jemanden verliebt ist! Und deswegen braucht sie jetzt eigentlich unbedingt Joram, um zu testen, ob glühwürmchenmäßig eine Massenvermehrung stattfindet, wenn sie ihm im Dustern begegnet.
    Aber Joram hat angerufen, dass er verpennt hat, und deswegen ist Tristan erst vor fünf Minuten losgefahren, um ihn abzuholen.
    Elisa legt ihre Hände auf die Klaviertasten und drückt eine davon runter. Der Ton ist mitteltief und verstummt sofort wieder, als sie den Finger hochnimmt. Sie macht jetzt eben erst mal eine Trockenübung. Vielleicht hat sie ja schon eine Erkenntnis, wenn sie nur blind Klaviermusik hört? Sie drückt die Taste noch mal runter, diesmal länger. Ganz, ganz leicht kribbelt es in ihrer Fingerspitze. Es klingt voll jorammäßig. Natürlich kann sie nicht mit allen Fingern gleichzeitig diese end-schönen Lieder spielen, die er immer spielt, aber der Klang reicht immerhin aus, um seinen Duft riechen zu können und sogar seinen konzentrierten Mund mit den zusammengepressten Lippen vor sich zu sehen, den er beim Klavierspielen immer hat. Logischerweise nur mit ihren inneren Augen, die unverbunden sind.
    Na? Setzt jetzt der Frauenchor ein?
    Aber Elisa hört nur den Klavierton.
    Vielleicht reicht ein einziger Ton nicht. Sie fängt an, wild rumzuklimpern, und stellt sich vor, es wäre eins von Jorams supercoolen Jazz-Stücken, wo es Absicht ist, dass alles schief klingt. Jetzt lächelt der Mund und wird irgendwie heller … Und da! – hört Elisa tatsächlich Gesang:
    »Frösche sind die supertollsten Tiere von ahallen.«

    Es ist aber kein Frauenchor, sondern Juni, die ins Wohnzimmer gepatscht kommt.
    »Ich liebe Frösche und Hummeln auch,
    dudah,
    aber nie, nie, nie,
    dürfen die, die, die
    zusammen
    in ein
    Aquarium,
    dummdumm.«
    Elisa nimmt die Hände von den Tasten. Oha. Ist Junis Lied vielleicht ein Hinweis? Der kosmische Plan ist ja manchmal ein Lustiger. Man wartet auf einen Frauenchor, und dann singt die kleine Schwester irgendwas Weises. Ist Joram ein Frosch? Und Elisa eine Hummel? Und die Liebe das Aquarium, in das sie nie, nie, nie …?
    »Wann kommt denn mal endlich Joram?«, fragt Juni ganz nah an Elisas rechtem Ohr.
    Elisa seufzt. »Das frag ich mich auch.«
    »Der muss heute hier wohnen! Es ist doch Sonntag!«
    »Tristan ist ja auch schon unterwegs, um ihn zu holen.«
    »Du, Elisa?«
    »Ja?«
    »War der Joram gestern traurig?«
    »Glaub schon.«
    »Was hatte der denn?«
    »Weiß ich nicht. Noch nicht.«
    »Erzählst du uns jetzt eine Papa-Paul-Geschichte?«, fragt Mai ganz nah an ihrem linken Ohr.
    Elisa zieht sich den Knoten von ihrer Augenbinde noch mal fest und seufzt. »Von mir aus. Ich komm hier sowieso nicht weiter.«
    »Womit denn?«
    Elisa schüttelt den Kopf. »Ist geheim.«
    »Früher warst du nie so geheim«, beschwert sich Juni.
    Mai zerrt an Elisas Hand. »Das ist wegen Joram.«
    Haltstoppmoment!!! Hitzewallung! Hat Mai etwa was gemerkt? Wenn man es Elisa anmerken kann, dann muss sie doch verliebt sein! Was sollte man ihr sonst anmerken?
    »Elisa findet Brüder besser als Schwestern«, erklärt Mai sachlich. »Und dadrum ist für uns jetzt alles geheim.«
    Brüder???
    Brüder!!!
    Elisa merkt kaum, wie Mai und Juni sie in den Garten schleifen, sie stolpert einfach hinterher. Sie hat schon hunderttausend Scherze darüber gemacht, dass Joram und sie jetzt so was wie Bruder und Schwester sind,
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