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Vielleicht Verliebt

Vielleicht Verliebt

Titel: Vielleicht Verliebt
Autoren: Ruth Loebner
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sein.«
    Joram nickt. »Weiß ich.«
    »Sodele!« Oma Eins kommt in den Garten und streicht sich erst die Schürze glatt, dann die Haare. »Da sind der Opa Eins und ich wohl in der Küche eingeschlafen.« Sie lächelt verlegen.
    »Wo denn?« Junis Gesicht macht sich bereit für die Sensation des Jahres.
    »Auf den Stühlen.«
    »Boah!«
    »Und das auf unsere alten Tage!« Opa Eins kichert, kniet sich knirschend zu den Zwillingen auf die Decke und rollert ihre halb zerrupfte Pizza in kleine Stücke. »Antonia, wann haben wir das letzte Mal auf Stühlen geschlafen?«
    Oma Eins winkt ab und lässt sich auf das Sofa plumpsen. »Daran willst du nicht erinnert werden!«
    Eva trägt das große Tablett voller Getränke nach draußen. »Habt ihr uns noch was übrig gelassen?«
    »Nö.« Tristan versteckt schnell einen Pizzakarton hinter dem Rücken.
    Eva stellt klirrend das Tablett ab. »Das ist nicht witzig.« Sie greift um seine Hüfte, tastet nach der Schachtel und knurrt dabei: »Du hast ein hungriges Weib, das den ganzen Tag geschuftet hat. Treib es nicht zu weit!«
    Tristan packt sie um die Taille und flüstert: »Angekommen!« Dann gibt er ihr einen innigen Kuss auf den Mund.
    Hach! Ob die zwei jetzt den Frauenchor hören? Das Feuerwerk sehen? Den Orkan brausen fühlen? Im Konfettiregen untergehen?
    Joram gähnt laut und demonstrativ. Das Liebes-Spektakel zerplatzt.
    Tristan löst seine Umarmung, und Eva schnappt sich schnell die Pizza.
    »Ich bring dich gleich nach Hause, Kumpel.« Tristan nimmt den Pizzaroller von Opa Eins entgegen und schneidet sich seine Tonno in Viertel. »Sobald wir aufgegessen haben, okay? Mama wartet bestimmt schon.«
    Elisa pflückt eine Sardelle von ihrer Pizzahälfte. Schade, dass Jorams Bett noch nicht aufgebaut ist, sonst könnte er heute schon hier schlafen. Eigentlich könnte er natürlich auch ohne Bett hier schlafen, zum Beispiel auf dem Gartensofa. Aber eigene Betten sind für Joram leider auch eine wichtige Sache. Seit Elisa ihn kennt, sind er und Tristan an ihren gemeinsamen Wochenenden abends immer in die alte Wohnung gefahren, um dort zu übernachten. Weil das Jorams Vater-Zuhause war. Wo er halt sein eigenes Bett hatte, Sachen im Regal, Klamotten im Schrank und – einen Vater.
    Ab nächstem Wochenende ist dann das hier Jorams Vater-Zuhause, dieses Haus, Elisas Familien-Zuhause. Und krass daran ist, dass das schon so lange kein Vater-Zuhause mehr war. Opa Eins wohnt zwar hier und ist der Vater von Papa Paul, aber weil Papa Paul tot ist, ist Opa Eins irgendwie kein aktiver Vater mehr.
    Und Tristan hat bis jetzt erstens nicht richtig hier gewohnt, und zweitens sind Elisa und Mai und Juni nicht seine echten Kinder. Was die Eltern-Kind-Sache bei Tristan angeht, ist sein Leben irgendwie in mehrere Phasen unterteilt. In Phase Eins hat er Joram bekommen. Und in Phase Zwei hat der kosmische Plan ihm Juni, Mai und Elisa zugespielt.
    Bei Elisa ist das mit den Phasen ziemlich ähnlich. In Phase Eins hatte sie Papa Paul und in Phase Zwei Tristan. Bei Mai und Juni ist die Sache komplizierter, denn die waren noch im Bauch, als Papa Paul gestorben ist. Den haben sie verpasst. Obwohl er natürlich eigentlich ihr Phase-Eins-Vater war.
    Jedenfalls sind Phase-Zwei-Kinder keine richtig echten Kinder. Wenn jetzt Tristan aber echt hier wohnt und seinen echten Sohn mitbringt, ist er ein echter Vater, und dadurch wird das Haus ein echtes Vater-Zuhause.
    In Elisas matschigem Körper kribbelkrabbelt es aufgeregt. Es ist wie mit dem verschollenen Umzugskarton: Ihr hat nie was gefehlt, weil sie sich an Papa Paul fast nicht erinnern kann, aber jetzt, wo sie wieder einen Vater ins Haus kriegt, fühlt es sich so an, als würde sie sich damit voll auskennen.

 
    V orsichtig tastet Elisa nach dem Klavierbänkchen, findet es, ohne sich zu stoßen, und setzt sich hin. Sie wartet sehnsüchtig auf Joram. Seit dem Frühstück hat sie die Augen verbunden und probiert aus, was man alles besser kann, wenn man nichts sieht. Zuerst hat sie getestet, ob man wirklich besser riechen kann, und es hat sich voll bestätigt. Als der Duft von Tomate und Salbei und geschmolzenem Schafskäse durch die untere Etage gewabert kam, wusste Elisa sofort, dass Tristan seinen oberleckeren Spezial-Tortellini-Auflauf fürs Abendessen vorbereitet.
    Dann hat Elisa aber auch rausgefunden, dass man mit verbundenen Augen besser hören kann. Vor allem hört man mehr Sachen. Zum Beispiel ein Ding, das runterfällt.
    Elisa saß im Wohnzimmer und
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