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Vielen Dank für ihre e-mail

Vielen Dank für ihre e-mail

Titel: Vielen Dank für ihre e-mail
Autoren: Christoph Moss
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Wörter können wir konstruktiv mit dem „verbinden“, was in der Nachricht steht. Der Text mit den vielen X ist also eigentlich unverständlicher Quatsch. Weil wir als Empfänger aber Vorwissen, Bildung, Interessen, Ziele und Strategien haben, kann unser Hirn den Sinn wiederherstellen.
    Es wäre allerdings ein Trugschluss nun zu glauben, dass der Verfasser einer E-Mail jeden nur erdenklichen Unsinn verbreiten kann, frei nach dem Motto: Der Empfänger wird es schon begreifen. Wie im echten Leben auch, ist es bei der E-Mail-Kommunikation entscheidend, dass sich der Sender einer Nachricht in die Gemütslage des Empfängers hineinversetzt.
    Es gibt immer einen, der sich plagen muss: Entweder ist es der Sender einer Nachricht oder der Empfänger. Wer erfolgreich kommunizieren will, sollte seinem Leser diese Plage also abnehmen und schon beim Verfassen viele Gedanken in eine verständliche Sprache investieren. Denn auch ein noch so optimistisches Gehirn stößt irgendwann einmal an eine Kapazitätsgrenze.
     
ERST ALKOTEST, DANN SENDEN
    Google meint es gut mit den Menschen. Um seine Kunden vor grobem Unfug zu bewahren, bietet der Suchmaschinenbetreiber einen geistigen Alkoholtest an, der größere Kommunikationspannen verhindern soll. Nur wer innerhalb von 43 Sekunden eine Handvoll sehr überschaubarer Rechenaufgaben lösen kann, darf dann noch seine E-Mail absenden. Diese arithmetischen Herausforderungen muss ein Nutzer annehmen:
    69 − 38
    11 × 2
    37 + 19
    2 × 5
    49 − 38
    Grund genug gibt es, Menschen vor unüberlegter E-Mail-Freigabe zu schützen. Die Liste der peinlichen Fehler ist lang. Vor allem, wer zu schnell auf den „An alle“ -Knopf drückt, spielt mit der eigenen Karriere. Stellen Sie sich vor, diese Mail macht aus Versehen die große Runde quer durchs Haus:
    „Die Koslowski sieht heute vielleicht wieder dämlich aus. Mann, Mann, Mann …“
    Noch schlimmer wird es, wenn der Absender ungewollt Anhänge verbreitet: Gehaltslisten, Zeugnisse, Personaldaten – das Reservoir der virtuellen Grausamkeiten ist schier unerschöpflich.
    Inhaltlich eng verwandt und damit nicht weniger peinlich ist das ungeschulte Auslösen des „Allen antworten“ -Alarmknopfes. Es müssen nicht immer sensible Daten sein, die auf diese Weise an alle Haushalte versendet werden. Es reicht schon, Kollegen mit unsinnigen Kleinigkeiten zu nerven, die niemanden interessieren: Sonderangebote aus dem Textilkaufhaus, Promi-Klatsch aus der Zeitung oder ein Kommentar zur aktuellen Speisekarte in der Kantine.
    Das Ausmaß an Peinlichkeit wird nicht geringer, wenn der Absender seine Nachrichten noch mit einem bunt eingefärbten Hintergrund versieht. Romantische Sonnenuntergänge im Meer oder Weihnachtsmänner in Rentierschlitten sind nicht der geeignete Rahmen für geschäftliche Post – weder im Umgang mit Kollegen und schon gar nicht bei der Kommunikation mit ästhetisch veranlagten Kunden.
    Das Spiel mit den bunten Farben will ohnehin gelernt sein, wenn es nicht zum Spiel mit dem Feuer werden soll. Es ist ein Leichtes, eine einmal vorbereitete Standardnachricht zu personalisieren. Der Absender muss nur den Namen austauschen, und schon hat der Empfänger das wohlige Gefühl, persönlich angesprochen zu werden: „Sehr geehrter Herr …“
    Peinlich ist nur, wenn der korrekt geschriebene Name eine andere Farbe trägt als der Rest der E-Mail. Das wirkt dann in etwa so professionell wie ein klassischer Brief, auf dem der Absender den Namen des Empfängers mit einem Pritt -Stift überklebt hat.
    Gerne werden in Mails auch hochsensible und daher wertvolle Adressverteiler mitverschickt. PR-Agenturen oder Pressestellen großer Unternehmen kann ein solches Schicksal schon einmal ereilen, wenn der Absender zu schnell auf den Senden -Knopf gedrückt hat. Das Problem: Ein solcher Verteiler wird für teures Geld gehandelt. Wer ihn ohne Not öffentlich macht, gibt sein wichtigstes Gut, nämlich seine Kontakte, leichtfertig aus der Hand.
    Und auch wer in seiner Nachricht schöne Grüße nach München schickt, ist per se kein unsympathischer Zeitgenosse. Dies setzt aber voraus, dass der Empfänger auch tatsächlich dort arbeitet – und nicht etwa in Bremerhaven oder Finsterwalde.
    Schick weg, hol zurück: Manchmal würde man am liebsten mit der Hand in den virtuellen Briefkasten greifen, um einen einmal abgeschickten Brief noch einmal zurückzuholen. Bei E-Mails kann so etwas in bestimmten Situationen gelingen, aber leider nicht immer. Wenn der
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