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Vielen Dank für ihre e-mail

Vielen Dank für ihre e-mail

Titel: Vielen Dank für ihre e-mail
Autoren: Christoph Moss
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immer noch deutlich schlechter waren als jene, die Menschen in nüchternem Normalzustand produzieren. Gleichwohl ging das Londoner Kiffer-Beispiel um die Welt.
    Offensichtlich sind viele Mitarbeiter den Anforderungen der modernen Kommunikationsgesellschaft nicht gewachsen. Telefon, Anklopfmodus, Internet, Anrufbeantworter, SMS, unerwarteter Besuch und E-Mails sorgen für einen permanenten Stresspegel im Büro.
    Der Psychologe Glenn Wilson geht davon aus, dass die dauerhafte Beschallung durch E-Mails und SMS die geistige Kraft des Menschen um zehn IQ-Punkte senkt. Der Verlust an Aufmerksamkeit ist damit vergleichbar einer schlaflosen Nacht. Die New Yorker Beratungsfirma Basex hat den Schaden allein für die amerikanische Volkswirtschaft auf 588 Milliarden Dollar jährlich beziffert. Es ist ein teurer Stress, hervorgerufen durch permanente Unterbrechung am Arbeitsplatz. Denn die meisten Mitarbeiter lesen eingehende Nachrichten sofort oder kurz nach Eingang – egal, ob sie gerade viel oder wenig zu tun haben.
    Der Unterbrechungsstress ist damit zu einem Thema für die Medizin geworden. Angelehnt an das bekannte Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom sprechen Wissenschaftler schon von einem Attention Deficit Trait , einer ernstzunehmenden Form von Zerstreutheit. Der moderne Zappelphilipp wird ständig von Informationen umnebelt und verliert irgendwann die Konzentration. Er verfällt in Hektik, will alles gleichzeitig schaffen und entwickelt Aggressionen, um am Ende zu scheitern.
    Der Bürostress hat inzwischen einer alten wissenschaftlichen Disziplin zu neuer Blüte verholfen: Die Interruption Science , zu Deutsch Unterbrechungswissenschaft, untersucht die Folgen permanenter Störung am Arbeitsplatz. So hat etwa die Forscherin Gloria Mark von der University of California den Büroalltag von Managern, Programmierern und Analysten sekundengenau dokumentiert.
    Alle elf Minuten werden die Mitarbeiter an ihrem Arbeitsplatz von einer E-Mail unterbrochen. Und erst nach 25 Minuten widmen sie sich wieder ihrer ursprünglichen Aufgabe. Dabei gibt es keine Routine, keine Gleichmäßigkeit. Niemand kann voraussagen, wann wie viele E-Mails eintreffen und welche Reaktionen sie auslösen werden.
    Wer permanent durch E-Mails unterbrochen wird, steckt in einer vergleichbaren Situation wie ein Dauerläufer, der ständig in seinem Rhythmus unterbrochen wird, weil sich sein Schuhband lockert. Oder wie ein Klavierspieler, der immer wieder aus seinem Stück gerissen wird.
    Der Mensch passt sich diesen Widrigkeiten an. Das Gehirn hat sich schon darauf eingestellt, vor allem kurzfristig zu funktionieren. Zum Speichern hat das intelligenteste Wesen auf dem Erdball den Computer entwickelt. Und der soll es nun richten.
    Längst arbeiten Computerfirmen daran, Programme zu entwickeln, die einen E-Mail-Nutzer wieder in Ruhe arbeiten lassen. Schreibt er gerade auf seiner Tastatur? Telefoniert er gerade? Ist er also aufnahmebereit für den Empfang einer E-Mail? Solche Informationen lassen sich natürlich elektronisch verwerten. Aber welche Maschine will entscheiden, ob eine Nachricht relevant ist für den Nutzer oder nicht?
    Einen ganz anderen Weg geht die Stiftung Produktive Schweiz mit einem Internetkalkulator für den intelligenten Umgang mit E-Mails. Der Nutzer muss sieben Fragen zu seinem persönlichen Umgang mit elektronischen Nachrichten beantworten. Dann bekommt er sehr schnell vorgerechnet, wie viel Arbeitszeit er durch unsachgemäßen Umgang mit E-Mail-Kommunikation verliert.
    Ein Beispiel: Unser Mitarbeiter Bernhard Huber verwendet am Tag 90 Minuten für das Schreiben von Mails. Er verfasst allerdings Nachrichten, die von den Empfängern nicht immer gut verstanden werden. Er schätzt, dass 60 Prozent der E-Mails, die er bekommt, geschäftlich relevant für ihn sind. Im Umgang mit dem E-Mail-System sieht er sich selbst als Profi. Pro Tag verschickt er jeweils 20 Nachrichten an externe und an interne Personen. Dabei arbeitet er regelmäßig mit 25 Menschen zusammen.
    Das Programm errechnet für Herrn Huber ein Produktivitätspotential von 268 Stunden pro Jahr. Das heißt also umgerechnet, dass er an jedem Tag 73 Minuten seiner Arbeitszeit sparen könnte. Dazu müsste er seine Anwenderkenntnisse verbessern und vor allem „bessere Methoden des E-Mail-Managements“ einsetzen, sagt die Stiftung. Damit dies gelingt, gibt die Organisation dem E-Mail-Nutzer einige wichtige Ratschläge mit auf den Weg. Er möge das E-Mail-Programm nicht als Pausenfüller
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